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# taz.de -- Journalist über Drohungen von Rechten: „Es ist eine Zermürbungs…
> Als Sprecher des „Braunschweiger Bündnisses gegen Rechts“ wird David
> Janzen von Rechten bedroht. Nun bekam er einen Schweinekopf zugeschickt.
Bild: Auch ein Kreuz mit dem eigenen Foto und Kerzen fand David Janzen vor sein…
taz: Herr Janzen, als Sprecher des [1][„Braunschweiger Bündnisses gegen
Rechts“] werden Sie seit Langem aus der rechten Szene bedroht. [2][Gerade
hat man Ihnen ein Paket mit einem vergammelten Schweinekopf geschickt] …
David Janzen: Als ich heute morgen die Polizei gerufen habe, musste ich
zunächst mit dem Kripobeamten darüber diskutieren, ob der mir zugeschickte
Schweinekopf nun überhaupt eine Bedrohung oder Straftat darstellt, bevor er
dann doch die Spurensicherung losgeschickt hat.
Wie sind diese Übergriffe zu bewerten?
Zum einen ist die Zahl rechter Straf- und Gewalttaten in Braunschweig seit
Jahren im Vergleich zu anderen Städten in Niedersachsen hoch, zum anderen
fokussiert es sich auf mich. Die mutmaßlichen Täter sind ein kleiner und
eigentlich bekannter Kreis. Politisch haben diese Kräfte keinen Erfolg. Im
Unterschied zu manchen Städten im Osten ist es in Braunschweig gelungen,
ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem Menschen, die rechtem
Gedankengut anhängen, in der Minderheit sind, in einer
Verteidigungsposition.
Und dann wird es persönlich?
In meinem Fall ist es eine Zermürbungstaktik. Sie folgt der Vorstellung,
der Sprecher des Bündnisses ist das Bündnis. Auch in der Presse heißt es ja
manchmal: das Bündnis von Janzen. Die Idee mag sein: Wenn sie mich dazu
bringen, mich zurückzuziehen, dann bricht das ganze Bündnis zusammen. Im
Augenblick mache ich eigentlich nur die Pressearbeit, mehr schaffe ich
beruflich und privat gar nicht, das Bündnis ruht aber auf vielen Schultern.
Aber es ist halt einfach, auch mit wenigen Leuten, jemand zu bedrohen. Es
ist ein genereller Trend, dass rechte Gewalttaten zunehmen. Das hat auch
mit dem Erfolg der AfD zu tun, von dem radikale Rechte nicht so
profitieren, ihr Frust entlädt sich dann in Gewalt.
Wie reagieren Polizei und Ermittlungsbehörden auf die Bedrohungen Ihrer
Person?
Seit letztem Sommer sind die [3][Bedrohungen sehr massiv], die Polizei ist
nicht untätig. Aber es hört ja nicht auf, ich kann die neuen Aufkleber von
„Adrenalin 381“ mit „Lügenpresse“ oder „Stoppt die Antifa“ gar nic…
zählen. Laut Polizei liegt keine Straftat, also Sachbeschädigung, vor, weil
sich die Aufkleber ja entfernen lassen. Auch der Ketchup an der Tür, der
Essig im Postkasten ließen sich abwaschen. Ein Problem ist natürlich, wenn
die Polizei gleich als Mitteilung an die Presse schickt: Es war keine
Straftat. Das ist eine regelrechte Ermunterung weiterzumachen. Die
Staatsanwaltschaft hat jetzt Anklage gegen eine Person erhoben,
erstaunlicherweise auch wegen der Aufkleber. Trotzdem kann diese Person
weiter am Haus vorbeigehen, weiterkleben.
Aber es ist doch ein Unterschied: Aufkleber oder eine Morddrohung wie
„Gestern Walter morgen Janzen“.
Nach dem Mord an dem hessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke
erschien letzten Sommer ein Video auf Instagram und Twitter, ein paar Tage
später stand auf der Tür „Wir töten Dich Janzen“ mit dem Aufkleber von
„Adrenalin“. Danach war rund um die Uhr Polizeischutz vor dem Haus,
irgendwann aber auch nicht mehr. Es gab keinerlei Information, wie ich mich
jetzt verhalten solle. Der Polizeipräsident hat angerufen, der
Innenminister, weil es öffentlichen Druck gab. Für mich bleibt die
persönliche Bedrohung, im direkten Wohnumfeld.
Sie haben Familie, Kinder.
Neulich war ich mit dem Kinderwagen auf der Straße, ein Neonazi hat mich
begrüßt und gesagt, er begleite mich jetzt mal nach Hause. Ich könne mir
aber nicht sicher sein, ob er mir nicht irgendwann was zwischen die Rippen
rammt. Der Polizei habe ich das mitgeteilt, sie wollte eine
Gefährderansprache machen, die Gegenseite hat alles abgestritten und mich
wegen Verleumdung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren
eingestellt, es läge keine Androhung eines Verbrechens vor, ein Messer
zwischen den Rippen wäre nicht zwangsläufig tödlich, sondern eine
Körperverletzung. Auch das Verfahren wegen des Videos wurde eingestellt,
weil es bei dem justizbekannten Täter unerheblich wäre. Juristisch lernt
man immer dazu.
Warum machen Sie trotzdem weiter?
Ich bin seit meinem 16ten Lebensjahr in Antifa-Bewegungen. Es gab da ein
Schlüsselerlebnis: Ich war mit Freunden unterwegs. Rechte Skinheads fühlten
sich durch einen von uns beleidigt, sie haben ihn gegriffen und richtig
zusammengeschlagen. Wir mussten zusehen, ein anderer Nazi-Skin bedrohte uns
mit dem Messer. Ich dachte damals, so etwas darf nie mehr passieren, so
hilflos zu sein! Das Schlimmste war aber, dass die Polizei das Ganze
heruntergespielt hat, die Eltern Angst hatten, Strafanzeige zu erstatten.
Fühlen Sie sich angesichts dieser Bedrohungssituation allein gelassen?
Will man das wirklich wissen? Was mich in Braunschweig fasziniert, ist die
Solidarität in der Bevölkerung. Mir haben wildfremde Leute ihr Ferienhaus
angeboten, wenn ich abtauchen möchte, und anderweitig den Rücken gestärkt.
Wenn man in so einer Lage nicht allein ist, hilft das schon sehr.
15 May 2020
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## AUTOREN
Florian Beifuss
## TAGS
Schwerpunkt Antifa
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Rechte Szene
Braunschweig
Kolumne Der rechte Rand
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Rechtsextremismus
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Braunschweig
Schwerpunkt Mordfall Walter Lübcke
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