| # taz.de -- Foodwatch warnt vor Mangelernährung: Mehr Hartz IV wegen Corona | |
| > Die SPD müsse für höhere Hartz-IV-Sätze kämpfen, um Mangelernährung zu | |
| > verhindern, sagt Foodwatch. Viele Tafeln seien geschlossen, Preise | |
| > gestiegen. | |
| Bild: Derzeit häufig geschlossen: Lebensmittel werden 2018 in der Essener Tafe… | |
| Berlin taz | Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert von der SPD, | |
| sich für höhere Hartz-IV-Sätze starkzumachen, weil Nahrungsmittel infolge | |
| der [1][Coronakrise] teurer geworden sind. „Die Versorgung mit einer | |
| ausreichenden und ausgewogenen Ernährung ist aktuell für Millionen Menschen | |
| aufgrund der Coronakrise nicht gewährleistet“, schreibt der Verband an die | |
| [2][Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans] in einem | |
| offenen Brief, der der taz vorab vorliegt. | |
| Foodwatch verwies auf vier Gründe für eine drohende Mangelernährung: Für | |
| Kinder aus Familien mit geringem Einkommen entfalle derzeit ein kostenloses | |
| Mittagessen in Schule oder Kindergarten, da die Einrichtungen weitgehend | |
| dicht sind. Außerdem seien hunderte Tafeln geschlossen. „Die Lücken lassen | |
| sich für Betroffene nur mit erheblichen Mehrkosten füllen – ausgerechnet in | |
| einer Zeit, in der Jobverluste und Kurzarbeit viele Einkommen noch | |
| zusätzlich verringern“, erklärte die Organisation. | |
| Erschwerend komme hinzu, dass die Preise für frische Lebensmittel in den | |
| letzten Wochen so stark gestiegen seien wie seit zwei Jahren nicht mehr. | |
| „Aufgrund der fehlenden Saisonarbeiter bzw. Erntehelfer war Gemüse, | |
| bekanntlich die Grundlage einer ausgewogenen Ernährung, im April 2020 ganze | |
| 27,1 Prozent teurer als im gleichen Zeitraum des Vorjahres“, so Foodwatch. | |
| Insgesamt betrage der Preisanstieg für Frischwaren im Vergleich zum | |
| Vorjahresmonat 9,5 Prozent. Eine ausgewogene Ernährung mit reichlich | |
| frischem Obst und Gemüse sei aber gerade in Zeiten der Corona-Pandemie | |
| wichtig für die Stärkung des Immunsystems. | |
| ## Trotz Versprechen keine Hilfen | |
| „Einnahmequellen ‚auf der Straße‘ (durch Musik, Zeitungsverkauf und auch | |
| Bettelei) sind massiv eingeschränkt oder versiegt, die für Menschen ohne | |
| Leistungsanspruch gegenüber dem deutschen Staat (wie z.B. Menschen aus | |
| einigen osteuropäischen Ländern) die Existenzgrundlage darstellten.“ | |
| Foodwatch erinnerte daran, dass auch das Deutsche Kinderhilfswerk, die | |
| Tafeln, der Paritätische Gesamtverband schon in den vergangenen Wochen | |
| Soforthilfen gefordert hätten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und | |
| Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD) hätten daraufhin öffentlich | |
| Hilfen versprochen, Konkretes sei aber nicht passiert. | |
| Die bisher bekannt gewordene Überlegung aus dem Bundesarbeitsministerium, | |
| zumindest das weggefallene kostenlose Mittagessen in Schulen und Kitas | |
| durch Zuschüsse für die Belieferung mit Caterern zu kompensieren, sei | |
| lebensfern und löse das Problem nicht, betonte Foodwatch. So werde die SPD | |
| ihren Aussagen „Das Wichtigste ist der Schutz der Gesundheit“ und „Es geht | |
| um Solidarität, für einander da sein“ nicht gerecht. | |
| ## „Sofortprogramm gegen Ernährungsarmut“ | |
| „Wir fordern Sie daher auf, sich dafür einzusetzen, dass die | |
| Bundesregierung ein Sofortprogramm gegen Ernährungsarmut beschließt“, heißt | |
| es in dem Brief an Esken und Walter-Borjans. „Neben einer Aufstockung der | |
| Regelsätze ist hierzu aus unserer Sicht auch ein bundesweiter Koordinator | |
| für Ernährungssicherheit notwendig. Dieser müsste mit einem angemessenen | |
| Etat ausgestattet sein und dafür Sorge tragen, dass Akuthilfe gegen Hunger | |
| oder Mangelernährung koordiniert wird und dort ankommt, wo sie dringend | |
| benötigt wird.“ | |
| Esken antwortete in einer Stellungnahme für die taz: „Als eine der ersten | |
| Maßnahmen haben wir die Grundsicherung und andere Leistungen des | |
| Sozialstaats wie den Kinderzuschlag leichter zugänglich gemacht. Nun ist zu | |
| klären, ob vorübergehende Mehrbedarfe vonnöten sind und welche Maßnahmen | |
| wir mit dem Koalitionspartner CDU/CSU vereinbaren können, um vor allem | |
| Kinder in Notlagen in der aktuellen Lage besser zu unterstützen. Wenn wir | |
| unkompliziert und schnell helfen wollen, dann ist eine neue | |
| Behördenstruktur, wie sie foodwatch vorschlägt, eher nicht zielführend. | |
| Stattdessen müssen wir die bestehenden Strukturen stärken und den | |
| Sozialstaat so weiterentwickeln, dass er an der Seite der Menschen steht | |
| und sie in einer selbstbestimmten Lebensführung unterstützt, wie es das im | |
| Dezember beschlossene Sozialstaatskonzept der SPD darlegt.“ | |
| 30 Apr 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
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