# taz.de -- Kritik an Corona-Maßnahmen: Panikverströmende Mystik | |
> Manche Journalisten klagen über den Lockdown. Der Journalismus hat zwar | |
> die Pflicht zu hinterfragen, aber bitte nur auf Tatsachenbasis. | |
Bild: Schreibt von einer bald kippenden Stimmung: Herausgeber der Berliner Zeit… | |
Wer in diesen Tagen besonders fehlt, ist die große [1][Silke Burmester]. | |
„Beruhigt Euch!“ hat sie schon 2012 der mild-hysterisierten Gesellschaft | |
freudig entgegengerufen, als die mal wieder dabei war, sich wohlig im | |
dräuenden „Alles wird immer schlimmer“ zu suhlen. | |
Und es ist wieder so weit. Lockdown-Woche neun – und jetzt müssen wir auch | |
noch Maske tragen. Also manchmal. Länderspezifisch höchst unterschiedlich. | |
Aber in Bus und Bahn schon. Klarer Fall von Untergang des Abendlandes. | |
Es ist immerhin tröstlich, dass es mal wieder [2][überwiegend nur wir | |
Männer sind, die nörgeln]. Uns wird es offenbar im Homeoffice allmählich so | |
langweilig, dass wir uns den Verfall aller Dinge herbeischreiben oder | |
-podcasten. | |
Also: Es geht zu Ende, und sage keiner, er*sie sei nicht gewarnt worden. | |
„Die Stimmung wird kippen“, heißt ein Kommentar von | |
Berliner-Zeitung-Herausgeber [3][Michael Maier]. „Die Politik hat jedes Maß | |
verloren. Ihre Verordnungen greifen tief in unser Leben ein. Vieles wird | |
zerstört. Die Masken sind erst der Anfang. Es wird keine schöne, neue | |
Welt“, geht es weiter. | |
## Kalkulierte Ignoranz | |
Maier ist ja vermutlich auch so was wie der heimliche Chefredakteur der | |
Berliner Zeitung. Und er gefiel sich schon bei anderen Projekten als großer | |
Rauner. „In der Stadt merkt man nichts von Corona. Doch es ist eine | |
trügerische Stille. Die Stimmung kann jederzeit kippen – und sie wird | |
kippen“, schreibt Maier und dass es „noch sehr ruhig ist auf den Straßen | |
Berlins“. | |
Amumumu, würde das [4][Känguru] dazu sagen. Man hört förmlich dieses Flehen | |
nach der Revolution, nach den Mutigen, die es Mutti und ihren | |
Expert*innen im Kanzleramt endlich mal zeigen. Jakob Augstein und Jan | |
Fleischhauer sind mit ihrem Podcast „The Curve“ powered by Focus nicht viel | |
besser. Da werden auch bedeutungsschwanger Fragen gestellt, auf die niemand | |
eine Antwort hat. [5][„Kalkulierte Ignoranz“], hat Übermedien das | |
zutreffend genannt. | |
Es ist ja jedem unbenommen, Maßnahmen jetzt in der Pandemie explizit | |
scheiße zu finden. Zum demokratischen Miteinander gehört aber auch, sich | |
trotzdem dran zu halten, wenn sie denn auf ordnungsgemäßem Wege zustande | |
gekommen sind. Erst recht, wenn sie sogar was nützen. | |
## Latente Hysterie im Alltag | |
Journalist*innen haben die verdammte Pflicht, dieses politische Handeln und | |
natürlich auch die Rolle der Expert*innen und ihre Ansagen immer wieder | |
zu hinterfragen. Aber bitte auf Tatsachenbasis. Nicht durch raunendes | |
Argwöhnen und so eine milde panikverströmende Mystik, da seien neue | |
Stahlgewitter für die Menschheit im Anmarsch. Das konnte Ernst Jünger | |
sowieso schöner. | |
Gegen solch latente Hysterie im Alltag hilft, sich an das zu erinnern, | |
worum es eigentlich geht: Liebe, Nahrung, Miteinander. Ist nicht von mir, | |
ist von Silke Burmester. Komm zurück, wir brauchen dich! | |
29 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /!a175/ | |
[2] /Castorf-Interview-im-Spiegel/!5678746 | |
[3] /Aufarbeitung-im-Berliner-Verlag/!5640909 | |
[4] /Gruene-wollen-Antworten/!5583782 | |
[5] https://uebermedien.de/48445/wer-nur-fragt-bleibt-dumm-augstein-fleischhaue… | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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