Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wenn der Flirt von früher sich meldet: Deep Talk per Sprachnachric…
> Ans Flirten ist grade kaum zu denken, Ellbogenchecks sind logistisch
> schwer genug. Und dann wollen auf einmal alle tiefsinnige Gespräche
> führen.
Bild: Umarmungen zur Begrüßung? Das war einmal, angesagt ist jetzt der Ellbog…
Keine Sorge, ich werde jetzt keine Flirtanleitung geben, wie man die
Coronazeit übersteht als sexuell aktiver Mensch ohne Partner (kurz SAMOP –
oder Single meinetwegen). Der Grund, warum ich das unterlasse, ist ganz
einfach: Ich weiß es nicht. Wäre ich imstande, Flirttipps zu geben, würde
ich nicht ständig neben Resten von Spinattiefkühlpizza aufwachen.
Ich will lieber über etwas sprechen, was mir seit ein paar Wochen auffällt
und mir jetzt durch ein paar Freunde bestätigt wurde: Aufregende Flirts
sind zu Therapiestunden verkommen.
Ich muss kurz ausholen. Diese Pandemie hat innerhalb kürzester Zeit unsere
Art zu kommunizieren stark verändert. Wir, statt uns zur Begrüßung die
Hand zu geben, versuchen uns an unangenehmen wie auch logistisch völlig
unmöglichen [1][Ellbogenchecks]. Über Umarmungen spricht kein Mensch mehr,
und ich hoffe inständig, dass man das Küssen nicht verlernt, denn sonst
sieht es schlecht aus für SAMOPs.
Auch im Job: Ich bin überzeugt, dass es Leute gibt, die „Bleibt gesund“
schon in ihre E-Mail-Signatur kopiert haben. Selbst Autowerbung spricht
jetzt von „Zusammenhalt“ und „Wir sind für euch da“. Da ist es natürl…
naheliegend, dass Flirts auch nicht mehr das sind, was sie mal waren.
## Coronaflirter plaudern über die Psycho-Ex
Ein Beispiel aus meinem Leben. Ein Typ, mit dem mich eine On-off-Geschichte
verbindet, hat mich neulich völlig aus dem Nichts angeschrieben und wollte
wissen, wie es mir „in dieser absurden Zeit“ eigentlich so ginge und ob wir
uns mal sehen wollten. Dann holte er aus und schickte mir lange
Sprachnachrichten darüber, wie es ihm ginge und wie nervig alles momentan
wäre und überhaupt und alles und wann es wieder vorbei wäre und so weiter.
Versteht mich nicht falsch. Ich finde es gut, dass Menschen sich mitteilen,
und dass er mir sein Herz ausschüttete, war okay. [2][Sprachnachrichten
länger als acht Minuten] verstoßen zwar gegen alle
Menschenrechtskonventionen, aber darum soll es nicht gehen. Ich war dennoch
aus zwei Gründen überrascht. Erstens: Wieso wollte er sich treffen, hatte
er nichts von Corona mitgekriegt? Zweitens: Wie kam er darauf, mich zu
kontaktieren, und wie viele hatte er wohl vorher angeschrieben?
Meine Freundin Jule, der ich die Geschichte kurz erzählte, bestätigte mein
Gefühl. Selbst bei ganz neuen Flirts mit unbekannten Menschen wird nun der
Small Talk übersprungen, und es geht direkt zur Sache. Aber nicht zur guten
Sache. Statt: „Und was machst du so in deiner Freizeit?“, kommen
Coronaflirter schnell auf ihre „Psycho-Ex“ zu sprechen und darauf, wieso
sie alles zerstört hat und ein oberflächlicher Mensch war. Und nach 18
Nachrichten, in denen sie ihr innerstes, intimstes Seelenleben zum Besten
geben, wird in einem sehr ungeschickten Schlenker gefragt: „Und wie geht’s
dir in dieser absurden Zeit?“ Nie zuvor hatte ich mir belanglosen Small
Talk zurückgewünscht.
26 Apr 2020
## LINKS
[1] /Contagion-von-Steven-Soderbergh/!5109523
[2] /Kommentar-Sprachnachrichten/!5548955
## AUTOREN
Anna Dushime
## TAGS
Kolumne Bei aller Liebe
Flirten
Liebe
Singles
Kolumne Hot und hysterisch
Kolumne Bei aller Liebe
Kolumne Bei aller Liebe
Kolumne Bei aller Liebe
Kolumne Bei aller Liebe
Kolumne Bei aller Liebe
## ARTIKEL ZUM THEMA
Konsensuale Anbahnung: Flirten wie Camila
Wie flirtet man respektvoll? Das fragen sich viele Menschen. Unsere
Kolumnistin stellt ihren angenehmsten Flirt vor.
Freundschaften im Videochat: Verschieden erwachsen geworden
Erwachsenwerden sieht bei jedem anders aus, das merke ich im Zoom-Gespräch
mit alten Freundinnen. Wo ist die Zeit nur hin?
Unzuverlässig und verpeilt: Bin ich ein „Fuckgirl“?
„Fuckbois“ sind Männer, die sich beim Dating unter anderem durch mangelnde
Kommunikationsfähigkeit auszeichnen. Unsere Kolumnistin sieht Parallelen.
Erinnerungen an Ruanda: Die Stärke der Mutter
Dem Völkermord vor 26 Jahren fielen viele Verwandte unserer Autorin zum
Opfer. Die Familie aber konnte er nicht zerstören.
Partner in Corona-Zeiten: Unkompliziert und witzig
Nichts ist wichtiger als ein geeigneter Quarantänepartner. Er sollte lustig
sein und nicht auf die Nerven gehen – wie Memes.
Gespräche mit Möchtegernintellektuellen: Lacrosse und des Teufels Advokat
Manche Männer geben vor, „Dinge von allen Seiten zu betrachten“. Dabei
wollen sie eigentlich, dass es immer um sie selbst geht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.