| # taz.de -- Personalausleihe in der Corona-Krise: Erzieher für die Ernte? | |
| > Hamburgs Sozialbehörde baut Personalpool auf, der in der Krise Engpässe | |
| > ausgleichen soll. Träger sollen Beschäftige für andere Bereiche | |
| > ausleihen. | |
| Bild: Auch Hilfe beim Einkäufen gehört zu den Aufgaben, die Fachkräfte erled… | |
| Hamburg taz | Nicht nur Schulen, auch soziale Einrichtungen aller Art haben | |
| seit dem Corona-Shutdown keinen Publikumsverkehr mehr. Die Sozialbehörde | |
| greift nun zu einem ungewöhnlichen Schritt. Gestützt auf das Ende März im | |
| Bund verabschiedete [1][„Sozialdienstleister-Einsatzgesetz“] (SodEG) | |
| beauftragte sie die Firma „Pluss Personalmanagement“ damit, [2][einen | |
| Personalpool zu bilden] – trägerübergreifend. Mitarbeiter von einem | |
| Bauspielplatz könnten in einer Notsituation also zum Beispiel in einem | |
| Pflegeheim eingesetzt werden. | |
| „An einigen Stellen wird gegenwärtig Personal wegen wegfallender Aufgaben | |
| nicht benötigt, während an anderen Stellen Aufgaben bestehen, die dringend | |
| wahrgenommen werden müssen“, schrieb Sozialstaatsrätin Petra Lotzkat an | |
| alle Sozialdienstleister. Das Angebot gelte für Jugendhilfe, Kitas, | |
| Wohnungslosenhilfe, Eingliederungshilfe und „sonstige soziale | |
| Einrichtungen“, unabhängig von der Finanzierungsform. | |
| Ein Blick auf die Seite des [3][Bundesarbeitsministeriums] (BMAS) ließ | |
| einige kleine Träger bange werden. Denn das als „Schutzschirm“ konzipierte | |
| SodEG lässt Spielraum für Kürzungen der finanziellen Zuschüsse. So steht im | |
| Gesetz, die bisherigen Zuschüsse könnten in der Krise bis zu 75 Prozent | |
| gezahlt werden. Die Länder könnten mehr zahlen, wenn sie dies für nötig | |
| hielten. Die Frage ist nun, ob die Höhe der Gelder daran geknüpft ist, ob | |
| Personal für andere Bereiche freigestellt wird. | |
| Denn es gibt Bedingungen: Die Antragsteller sollen erklären, dass sie | |
| Arbeitskräfte, Räume und Sachmittel zur Verfügung stellen, die zur | |
| Pandemie-Bewältigung geeignet seien, so das BMAS. Dies gelte besonders für | |
| den Pflegebereich. Die Krisenbewältigung könnte aber auch Hilfen bei | |
| Lebensmittelversorgung oder Ernte erfordern. Sprich: Im äußersten Fall | |
| müsste ein Erzieher zur Spargelernte. Wobei nach ersten Einschätzungen von | |
| Juristen so eine Ausleihe nur freiwillig und für gemeinnützige Jobs möglich | |
| ist. | |
| ## Einsatz in Wohngruppe statt Werkstatt | |
| Für den Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung haben | |
| Sozialbehörde und die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege | |
| (AGFW) nun einen „Mustervertrag“ vereinbart, wie Geschäftsführer Jens | |
| Stappenbeck berichtet. Der besage, dass die Träger eine | |
| 100-Prozent-Finanzierung und zudem durch Corona bedingte Mehrbedarfe | |
| bekommen, und im Gegenzug Personal, das freigestellt werden kann, etwa weil | |
| Werkstätten geschlossen seien, in andere Bereiche wie Wohngruppen abgebe. | |
| „Maßgabe ist, dass die arbeitsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. | |
| Das war allen wichtig“, sagt Stappenbeck. „Bislang wurde noch keiner quer | |
| vermittelt. Aber es gibt eine große Bereitschaft, das zu tun“. | |
| Noch offen ist nun, was das für die anderen Bereiche, wie etwa die | |
| Jugendhilfe, bedeutet. Sozialbehörden-Sprecher Martin Helfrich beantwortet | |
| die Fragen der taz dazu nur allgemein. Es handle sich um einen | |
| „Schutzschirm“ für die Träger, die Behörde setze darauf, dass „viele d… | |
| solidarische Instrument nutzen wollen“. | |
| Die Behörde rechne damit, dass jetzt freie Kapazitäten und Bedarfe | |
| eingingen. Ohne Einverständnis der Beschäftigten gebe es keine | |
| Datenweitergabe. Gefragt, ob es sich finanziell auswirke, ob ein Träger | |
| Kräfte melde oder nicht, heißt es, die SodEG-Leistungen seien an die | |
| grundsätzliche Bereitschaft geknüpft, frei werdende Ressourcen „zu | |
| Bewältigung der Krise einzusetzen“. | |
| ## Linke fordert Verzicht auf Kürzungen | |
| Die Linke fordert, dass die Ausleihe freiwillig sein soll und kein | |
| Existenzdruck auf Träger lasten solle. „Der Schutzschirm muss für alle | |
| Bereiche gleiche Rahmenbedingungen schaffen“, sagt Jugendpolitikerin Sabine | |
| Boeddinghaus. Die Träger seien dabei, konzeptionelle Arbeit in Zeiten von | |
| Corona und danach zu entwickeln. Da müsse Hamburg „auf Kürzungen | |
| verzichten. Es darf jetzt kein Trägersterben geben.“ | |
| Die Jugendhilfe sei jetzt schon unterfinanziert, ergänzt Parteikollegin | |
| Insa Tietjen. „Aus meiner Sicht erlaubt das Gesetz auch nicht, solche | |
| Fachkräfte an der Kasse einzusetzen.“ | |
| 20 Apr 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kinderbetreuung-in-der-Coronakrise/!5675571 | |
| [2] http://www.hamburg.de/sozialdienstleistereinsatz | |
| [3] https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/einsatz-und-absich… | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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