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# taz.de -- Demos, Pandemieschutz, Merkel: Appetit auf ein neues Problem
> Kann man vom Wohnzimmer aus die Welt retten? Ja, einfach die Hits der
> Viruskrise covern! Und möglichst nicht in Sachsen demonstrieren.
Bild: Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Klimaproteste jetzt also im Netz?
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Trump rastet gegen WHO aus.
Und was wird besser in dieser?
Früher haben Despoten unbillige Ärzte ermorden lassen.
Mittwoch erklärte Angela Merkel, warum die Beschränkungen zur Eindämmung
der Pandemie nur behutsam gelockert werden. Wie froh sind Sie, eine
Naturwissenschaftlerin als Kanzlerin zu haben?
„Deutschland positiv auf [1][Merkel] getestet“. CDU/CSU bei 39 Prozent laut
Forsa. Die Union hat das Serum nicht rechtzeitig fertig bekommen: Friedrich
Merz nun der Impfpimpf, ein lascher Laschet in Düsseldorf, und für Freunde
der autoritären Ansprache hat sich Markus Söder empfohlen. Merkel ist
notorisch vorgeworfen worden, sie „führe nicht“, und präzis betrachtet
re-agiert sie auch nun mehr als sie agiert.
Was man als Hinweis lesen kann, dass behutsames „auf Sicht fahren“ der
zeitgemäßere Führungsstil ist. Naturwissenschaftler machen die tollsten
Entdeckungen aus Versehen, darin hinkt der Vergleich bei Merkel.
Zutreffender: Sie wechselt blitzschnell die Versuchsanordnung, beim
Atomausstieg, in der Migrationspolitik. Und am Anfang war die
Allersozialdemokratischste mal eine Staatsverächterin
ostdeutsch-dissidenten Aroms. Noch kein deutscher Kanzler ist freiwillig
abgetreten, und keiner bekam zum Abschied viel Applaus. Merkel ist nah am
zwei zu null.
Demos von Fridays for Future fielen zuletzt flach. Das soll sich am Freitag
ändern, der Protest wird ins Netz verschoben. Vom Wohnzimmer aus die Erde
retten, kann das klappen?
Hätte es eines Beweises bedurft, dass die Politik höhere Werte als Geld und
Macht verfolgen kann – dann danke, Corona. „Lieber heute hart handeln als
morgen sterben“ kann FfF umstandslos covern und auf Pappplakaten durch
vereinsamte Innenstädte tragen. Ist immer richtig! Die Klimabewegung sollte
nun vermeiden, in eine Falle zu laufen: „Opa röchelt auf der Intensiv und
ihr macht hier einen auf wichtig“.
Es wird heikel genug werden, nötige Finanzmittel für Klimapolitik vor den
nun klaffenden Haushaltslöchern zu verteidigen. Unter den
Kontaktbegrenzungen ist die Welt ein bisschen digitaler geworden – also so,
wie die jüngere Klimabewegung schon eh ist. Also ja, die Leute haben auch
langsam Appetit auf ein neues Problem. Warum nicht das alte?
Demonstrationen dürfen nicht generell mit Verweis auf die
Corona-Beschränkungen verboten werden, hat das Bundesverfassungsgericht
entschieden. Ist das selbstverständlich oder gewagt?
Gemessen am Gesetzentwurf aus Sachsen, Demonstranten in die Psychatrie zu
sperren, hat das was von Rückkunft aus dem Mittelalter. Selbst die
Notstandsgesetze hatten einen Vorteil gegenüber Spahns
Pandemieermächtigung: Gegen die Notstandsgesetze durfte man demonstrieren.
Nordrhein-Westfalen öffnet die Schulen ab Montag schrittweise. Auf einer
Skala von Christian Drosten bis Hendrick Streeck – wie sehr vertrauen Sie
dieser Maßnahme?
Laschets Regierung eiert zwischen autoritärem Geknüppel wie „Ärztinnen und
Pflegekräfte zwangsverpflichten“ und wurschtigem „Shoppingspaß für alle�…
Man ahnt eine milde Umfragokratie dahinter – extended Osterferien war
schön, langsam nervt´s, macht hinne. Da es für laxes Regime wie harte Hand
Beispiele in jeder Geschmacksrichtung zu geben scheint – mal Schweden, mal
Bayern, mal Italien, mal Großbritannien – versuchskarnickeln wir hier halt
mal eine Runde, bis die Werte wieder abrauchen. Innenminister Reul
bekannte, die Baumärkte habe er einfach offen gelassen, weil´s da
Tierfutter gibt und außerdem die Leute zuhause was zum basteln bräuchten.
Besuchen auch sie das besttapezierte Bundesland!
Galeria Karstadt Kaufhof hat Klage gegen die Sonderregeln zur Ladenöffnung
in NRW eingereicht. Die gestatten die Öffnung von Möbelhäusern, darunter
Ikea, sowie von Babyfachmärkten. Wird die Pandemie zur juristischen Posse?
Nein, erst wenn heute Schlaumeier von ihren Riesenläden genau 800
Quadratmeter mit Flatterband einhegen und sehr unschuldig gucken, wird´s
lustig. Kaufkardings ist mürbe genug unter der online-Konkurrenz und
scheint auch diese Gelegenheit, sich zu digitalisieren, konsequent nicht
nutzen zu wollen.
Und was machen die Borussen?
Lief im Rewe („bitte nur soviele Kunden wie Einkaufswagen“) vor die
Displays „Hanuta auf dem Weg zur EM 2020“ und „Nationalspieler –
Sonderedition von Kinderschokolade“. Der BVB sollte jetzt auch die
Meistertrikots in den Handel bringen.
Fragen: Matej Snethlage, Ambros Waibel
19 Apr 2020
## LINKS
[1] /Die-Gruenen-und-Corona/!5676765
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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