# taz.de -- Corona-Lockdown in den USA: Trump drückt sich weiter | |
> Behutsam will der US-Präsident gegen Corona vorgehen. Dabei lässt er den | |
> Gouverneuren freie Hand. Wenn’s schiefgeht, sind sie die Schuldigen. | |
Bild: Trump will die USA wieder öffnen – ohne Risiko für sich selbst | |
Vage und unbestimmt, zugleich vorzüglich für künftige Schuldzuweisungen an | |
andere geeignet: Der mit Spannung erwartete [1][Fahrplan von US-Präsident | |
Donald Trump] zur Lockerung der Corona-Einschränkungen ist kein Konzept, | |
sondern ein weiterer Meilenstein in einer Kommunikationsstrategie, die sich | |
in den letzten Jahren als erfolgreich erwiesen hat. Gut möglich, dass die | |
Rechnung aufgeht. | |
Auf wachsende Verständnislosigkeit und ohnmächtigen Zorn stößt das bei | |
US-Demokraten, bei liberalen Medien und vielerorts in Europa. Wie kann es | |
sein, dass Donald Trump mit dreisten Lügen durchkommt, dass sein | |
penetrantes Eigenlob von seiner Anhängerschaft bejubelt wird und dass es | |
ihm gelingt, jegliche Verantwortung von sich abzuwälzen? Hinter solchen | |
Fragen steht der Wunsch, den US-Präsidenten zu „entlarven“. | |
Wenn das endlich gelingt, so die Hoffnung, dann wird der Spuk ein Ende | |
haben. Es ist jedoch fraglich, ob es darum überhaupt geht. Wählerinnen und | |
Wähler von Trump werden oft für naiv und leicht manipulierbar gehalten. Das | |
ist intellektueller Hochmut. In Interviews geben nämlich viele zu erkennen, | |
dass sie den US-Präsidenten durchaus durchschauen. | |
Aber sie haben sich so lange vom politischen Establishment belogen und | |
betrogen gefühlt – übrigens nicht immer zu Unrecht –, dass sie Genugtuung | |
empfinden, wenn jemand es „denen da oben“ mal zeigt und sich nicht an | |
Spielregeln hält. Zur Erinnerung: Im letzten Vorwahlkampf haben auch die | |
meisten Republikaner auf Trump herabgesehen und ihn verachtet. Von seinem | |
Sieg wurden sie kalt erwischt. | |
Der vermutlich größte Erfolg des US-Präsidenten besteht darin, dass es ihm | |
gelungen ist, ein Bild von „den“ Medien als gegnerischer Partei zu | |
zeichnen. Seit er das erreicht hat, können diese veröffentlichen, was sie | |
wollen – sie werden von einem großen Teil der Bevölkerung nicht mehr als | |
unabhängige Stimmen ernst genommen. | |
[2][Jonathan Karl], Chefreporter von ABC News in Washington und Autor des | |
neuen Buches „Front Row at the Trump Show“, kennt Donald Trump seit 1994 | |
und steht ihm äußerst kritisch gegenüber. Aber er hat in einem Gespräch mit | |
dem Guardian auch begründet, warum aus seiner Sicht manche Journalisten an | |
der Entwicklung nicht unschuldig sind. | |
Ein CNN-Reporter habe im Fernsehen dazu aufgerufen, gegen den Präsidenten | |
zu demonstrieren. Dazu Karl: „Wir sind keine Demonstranten. Wir sind nicht | |
der Widerstand. Wir müssen über einen Präsidenten fair und objektiv | |
berichten.“ Donald Trump macht einem das nicht leicht, zugegeben. Bei | |
Bedarf ignoriert er die Verfassung, erwägt öffentlich, den Kongress in die | |
Ferien zu schicken, und erklärt sich selbst für allmächtig. In your face – | |
da habt Ihr’s! Seine Pressekonferenzen gleichen Kundgebungen. | |
Seine Vorwürfe an China oder die [3][Weltgesundheitsorganisation (WHO)] | |
erwecken den Eindruck, das Coronavirus sei eine Kriegswaffe, die sich | |
entsprechend mit kriegerischen Mitteln bekämpfen lasse. Anhänger von Trump | |
demonstrieren in Michigan, wütend und aggressiv, für eine Aufhebung der | |
Corona-Einschränkungen. Die demokratische Gouverneurin des Bundesstaates, | |
Gretchen Whitmer, ist eine der schärfsten Kritikerinnen des US-Präsidenten. | |
## Proteste in Michigan | |
Möglicherweise wird sie von dem demokratischen Bewerber [4][Joe Biden] als | |
Vize benannt. Zufall, dass die Proteste nicht in Louisiana stattfanden, | |
einem Kernland von Trump? Kaum. Es ist erst wenige Tage her, dass der | |
US-Präsident – unter souveräner Missachtung der Verfassung – sich selbst | |
zum Befehlshaber über die Gouverneure der Bundesstaaten erklärt hat. Nun | |
„erlaubt“ er diesen, selbst über Lockerungen zu entscheiden. Als „Rückz… | |
oder als „Einknicken“ wird das in Kommentaren beurteilt. Quatsch. | |
Wenn’s funktioniert, ist es sein Erfolg. Wenn nicht, dann liegt es an | |
anderen. Ob es für Trump am Ende reichen wird, ob er die Wahl erneut | |
gewinnt: das kann niemand wissen. Aber blöd – nein, blöd ist sein Kurs | |
nicht. Leider. | |
18 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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