| # taz.de -- Ausgangssperren – rechtlich gesehen: Bekämpfung der Seuchengefahr | |
| > Freiburg handhabt es milder als Bayern: Ein juristischer Überblick | |
| > darüber, was am Zuhausebleibenzwang legitim ist und was nicht. | |
| Bild: Nie gesehen: Leere Fahrradstraße in Freiburg | |
| Freiburg taz | Der Begriff „Ausgangssperre“ ist im deutschen Recht nicht | |
| definiert. Der Begriff beschreibt, dass Menschen grundsätzlich zu Hause | |
| bleiben müssen. Es kann aber auch Ausnahmen geben. Welche Ausnahmen im | |
| konkreten Fallgelten, ergibt sich dann aus der jeweiligen behördlichen | |
| Anordnung der Ausgangssperre. | |
| Die derzeit angeordneten (und diskutierten) Ausgangssperren werden auf das | |
| Infektionsschutzgesetz gestützt, ein Gesetz das bundesweit gilt. Auch dort | |
| werden Ausgangssperren nicht erwähnt. Allerdings können die Bundesländer | |
| oder die Gesundheitsbehörden vor Ort die „notwendigen Schutzmaßnahmen“ | |
| treffen. Auf diese Generalklausel können nach bisher überwiegender Ansicht | |
| auch allgemeine Ausgangsbeschränkungen gestützt werden. | |
| Ausgangssperren und ähnliches greifen tief in Grundrechte ein, zum Beispiel | |
| in das Recht, sich in Deutschland frei zu bewegen. Allerdingssind Eingriffe | |
| in Grundrechte durchaus möglich, wenn es dafür legitime Zwecke gibt. So | |
| sieht das Grundgesetz in Artikel 11, der das Grundrecht der Freizügigkeit | |
| garantiert, ausdrücklich die Möglichkeit vor, „zur Bekämpfung der | |
| Seuchengefahr“ die Rechte Einzelner einzuschränken. | |
| Wie immer muss staatliches Handeln aber das Prinzip der Verhältnismäßigkeit | |
| beachten. Das heißt: auch eine Ausgangssperre muss geeignet, erforderlich | |
| und angemessen sein. | |
| ## Wuffi darf noch mal raus | |
| Zunächst gab es in Deutschland nur drei Ausgangssperren, alle in Bayern | |
| (Mitterteich, Fischern und Teile der Stadt Hohenberg an der Eger). Diese | |
| wurden per Allgemeinverfügung von den jeweils zuständigen Landratsämtern in | |
| Tirschenreuth und Wunsiedel beschlossen. Sie werden auch ausdrücklich als | |
| „Ausgangssperre“ benannt. Ausnahmsweise erlaubt sind dort zum Beispiel | |
| Einkäufe, Arztbesuche, Geldabheben, Tanken und die Versorgung von | |
| Haustieren. | |
| Die ab Samstag (21.3.) geltende Allgemeinverfügung der Stadt [1][Freiburg | |
| verzichtet auf den Begriff der „Ausgangssperre“], sondern spricht von einem | |
| „Betretungsverbot für öffentliche Orte“, wozu Straßen, Gehwege, Plätze … | |
| öffentliche Grünflächen gehören. Auf den Begriff kommt es aber nicht an, | |
| entscheidend ist, dass die Einschränkungen in der Sache deutlich milder | |
| sind als in Bayern. So können Einzelpersonen, Zweiergruppen und Personen, | |
| die zusammenwohnen, sich weiterhin an öffentlichen Orten aufhalten. Sie | |
| müssen nur 1,5 Meter Abstand zu anderen wahren und sie dürfen den | |
| öffentlichen Nahverkehr nicht benutzen. Dass es in Freiburgweitere | |
| Ausnahmen gibt, etwa für Arztbesuche und Einkäufe, spielt da nur eine | |
| Rolle, wenn man mit Bus oder Straßenbahn zum Arzt oder zum Einkaufen fahren | |
| will. | |
| Die Verfügung in Freiburg genügt sicher eher den Anforderungen der | |
| Verhältnismäßigkeit als die Regelungen in Bayern. So könnte es zu weit | |
| gehen, dass es in Mitterteich bereits verboten ist, alleine zu joggen, oder | |
| dass Geschwister nicht gemeinsam im Park spielen dürfen. Hier wird es in | |
| den kommenden Tagen sicher erste Gerichtsurteile geben. | |
| Inzwischen hat auch die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) | |
| eine Allgemeinverfügung erlassen, die für ganz Bayern gilt. Sie verwendet | |
| den Begriff [2][„vorläufige Ausgangsbeschränkung“]. Wie immer kommt es ab… | |
| nicht auf den Begriff an, sondern auf die konkrete Anordnung. Die | |
| bayerische Regelung liegt in der Strenge zwischen Mitterteich und Freiburg. | |
| Zwar dürfen sich Einzelpersonen und Familien nicht generell im Freien | |
| aufhalten, allerdings ist auch „Sport und Bewegung an der frischen Luft“ | |
| erlaubt. Man darf also joggen, radfahren und spazierengehen. Das alles ist | |
| aber nur erlaubt, wenn man allein oder mit dem „eigenen Hausstand“ | |
| unterwegs ist. Jede „sonstige Gruppenbildung“ bei der Bewegung im Freien | |
| ist verboten. Wer sich nicht an die Ausgangsbeschränkung hält, muss in | |
| Bayern mit Bußgeldern bis zu 25.000 Euro rechnen. Die Rechtsgrundlage passt | |
| allerdings nicht genau, sodass es bei der Drohung bleiben dürfte. | |
| 20 Mar 2020 | |
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| Christian Rath | |
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