Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bascha Mika verlässt die „Rundschau“: Die Kämpferin
> Sie hat Türen aufgemacht für Frauen in Spitzenpositionen. Jetzt verlässt
> Bascha Mika die „Frankfurter Rundschau“.
Bild: Bascha Mika hat Türen aufgestoßen, durch die andere gehen konnten
Wenn eine elf Jahre lang Chefredakteurin war und lange die einzige Frau an
der Spitze einer deutschen Zeitung; wenn sie dann ohne diese Zeitung – es
war die taz – auszukommen gelernt hat. Wenn sie, zwei Bücher und viele
Auftritte später, noch einmal sechs Jahre als [1][Chefredakteurin]
gearbeitet hat, diesmal bei der Frankfurter Rundschau; wenn eine all dies
geschafft hat und nicht die Ämter sie – dann kommt doch irgendwann der
letzte Tag, sie wacht auf, der Wecker piepst noch gar nicht, 5 Uhr und es
ist: Schluss.
So erzählt es Bascha Mika am Telefon, sie klingt aufgekratzt, nur einmal
holpert die Stimme. Um 13 Uhr hat sie der Redaktion der Frankfurter
Rundschau gesagt, dass sie aufhören wird, die meisten waren gar nicht
physisch anwesend, sondern wegen Corona aus dem Homeoffice übers Telefon
zugeschaltet. Mit 66 Jahren hat sie die Altersgrenze des Ippen-Verlags,
Haupteigentümer der Zeitung, schon überschritten. Sie wird weiter
schreiben, am Vormittag hat sie ein Interview mit einem Psychotherapeuten
verabredet, den sie zu Einsamkeit in Coronazeiten befragen will.
Bascha Mika kenne ich, seit ich Volontär bei der taz war, später wurde ich
ihr Nachnachfolger. Deshalb bin ich der Falsche, um ihre Leistungen bei der
Rundschau zu beurteilen, das machen andere. Aber weil ich das Gefühl hatte,
dass an diesem Dienstag etwas Besonderes zu Ende gegangen ist, wollte ich
doch etwas schreiben.
Sie ist 1998 in die Chefredaktion der taz eingestiegen, ab dem folgenden
Jahr stand sie allein ganz an der Spitze. Das war damals sehr ungewöhnlich.
Zeitungsdeutschland war in seinen Spitzenämtern abgesehen von Marion Gräfin
Dönhoff bei der Zeit im Grunde rein männlich.
## Mehr Kampf, als sie zugeben würde
Auch die taz war männerdominierter als sie sich gerne gab, man kann getrost
sagen: macho. Bascha Mika nervte schnell viele, sie veränderte das Blatt,
griff in die Struktur der Redaktion ein. Oberwichtige Kollegen ärgerte sie
in Konferenzen gern mit handwerklich penibler Kritik, die diese natürlich
empört als unpolitisch zurückwiesen; manche waren nachtragend. Aber sie war
nicht wegzukriegen. Sie ist stur.
Bascha hat mir einmal eine Geschichte erzählt, ich kann sie nicht
nachprüfen, aber sie beschreibt die Persönlichkeit dieser Frau: Nachts
radelt sie mal am Berliner Tiergarten entlang, ein Mann entreißt ihr ihre
Tasche und verschwindet im Park. Bascha folgt ihm schimpfend. Am Ende kommt
sie wieder aus dem Park. Mit Tasche.
Auch dass sie später, mit 60, noch einmal Chefredakteurin geworden ist, war
mehr Kampf, als sie zugeben würde. Denn nach der taz musste sie ohne
Chefredakteurinnen-Titel in der Öffentlichkeit bestehen, im Fernsehen, auf
Kongressen und mit ihren Büchern. „Die Mutprobe. Frauen und das höllische
Spiel mit dem Älterwerden“, hatte sie im Sommer 2013 gerade
fertigrecherchiert, als der Anruf kam, ob sie nach Frankfurt gehen würde.
Ein halbes Jahr später fing sie an, es war wieder auch ein politischer Akt.
„Für Frauen hört es mit den Spitzenpositionen ab 50 auf, bei Männern
nicht“, sagt sie. Sie teilte die Redaktionsspitze am Anfang mit Arnd
Festerling. Nach dem ersten Gespräch sei dieser mit zum Bahnhof gekommen.
Er am Gleis, sie schon im Zug: „Frau Mika, wenn sie zur Rundschau kommen,
mache ich jeden Scheiß in der Chefredaktion, der anfällt.“ Sie hat die
Rundschau wirklich gemocht. „Ich fühlte mich am richtigen Platz. Das war
ein großes Glück.“
Bascha Mika hat [2][Türen aufgestoßen], durch die andere gehen konnten. Wie
sehr sie Avantgarde war, kann man daran erkennen, dass am Dienstag eine
andere Zeitung, die Süddeutsche Zeitung, verkündete, dass sie erstmals eine
Chefredakteurin bekommt. Judith Wittwer vom Tages-Anzeiger aus Zürich wird
in München an die Spitze rücken, gemeinsam mit Wolfgang Krach, als
Nachfolgerin von Kurt Kister. „Das finde ich großartig“, sagt Bascha Mika.
Und sie? „Gehen wir als Journalisten jemals in Rente?“ Nein.
17 Mar 2020
## LINKS
[1] /Ueberwiegend-maennliche-Chefredaktionen/!5529551
[2] /Scheidende-Chefredakteure-2018/!5555697
## AUTOREN
Georg Löwisch
## TAGS
Frankfurter Rundschau
Süddeutsche Zeitung
Frauen in Führungspositionen
Feminismus
Deutsche Welle
Kalle Ruch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Journalistin Julia Karnick über Kolumnen: „Männerdominiert“
Julia Karnick hat 252 Kolumnen geschrieben. Jetzt hat sie die
Kolumnen-Landschaft deutscher Print-Medien ausgewertet. Ergebnis: Verdammt
viele Männer.
Kritik an der Deutschen Welle: Macht und Missbrauch
Mitarbeiter*innen der Deutschen Welle haben sich an die taz gewandt.
Sie sagen, das Arbeitsklima sei von Drohungen und Machtmissbrauch geprägt.
Wie Frauen die taz geprägt haben: Dame im Spiel
Als Verleger gab Kalle Ruch Frauen in führenden Positionen bei der taz
viele Freiräume. Doch wie beim Schach war jede verzichtbar – außer dem
König.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.