# taz.de -- SPD-Fraktionschef über Geldversorgung: „Banken müssen auf Kunde… | |
> Hamburgs SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf findet, dass Banken und | |
> Immobilienfirmen der Gesellschaft was schuldig sind und Solidarität üben | |
> sollen. | |
Bild: Erst vom Staat gerettet, dann vollends privatisiert: die heutige Hamburg … | |
taz: Herr Kienscherf, inwiefern stehen Banken und Immobilienunternehmen | |
angesichts der [1][Coronakrise] der Gesellschaft gegenüber in der Pflicht? | |
Dirk Kienscherf: In dieser besonderen Situation geht es darum, dass die | |
Banken, die in der [2][Finanzkrise] die Solidarität der Gesellschaft | |
erfahren haben, sich jetzt ebenfalls solidarisch verhalten und das | |
bedeutet, die Unternehmen mit Geld zu versorgen. Es kommt darauf an, dass | |
das mit Augenmaß geschieht. Die Banken sollen den Unternehmen helfen, die | |
Formalien zu erfüllen und sie sollen die Firmen bei der Zusammenarbeit mit | |
den staatlichen [3][Förderbanken] begleiten. Die Banken müssen auf ihre | |
Kunden zugehen. | |
Was erwarten Sie konkret? | |
Zum Beispiel dass die Banken bei Unternehmen, die ihre Dispokredite | |
überziehen müssen, großzügiger sind; dass sie ihre Beratungsfunktion | |
stärker wahrnehmen. Es ist wichtig, dass sie gerade auch kleine Unternehmen | |
an die Hand nehmen und diesen mit Krediten und Stundungen durch die Krise | |
helfen. Das bedeutet auch, dass sie die entsprechenden Beratungskapazitäten | |
zur Verfügung stellen. | |
Das tut den Banken aber nicht weh, schließlich ist es ja ihr Kerngeschäft. | |
Es soll den Banken ja gar nicht weh tun. Sie sollen ihre Beratungsangebote | |
erweitern. Dazu gibt es auf europäischer und Bundesebene Vorschläge, die | |
Vorschriften, die nach der Finanzkrise 2008 eingeführt wurden, für Banken | |
zeitweise wieder zu lockern. | |
Das ist ein Punkt, an dem die Finanzwirtschaft in einer gemeinsamen | |
Erklärung mit dem Senat am Montag Erwartungen an die Politik formuliert | |
hat. | |
Die Finanzwirtschaft hat gesagt, dass sie ihre Verantwortung wahrnehmen | |
will. Das ist zu begrüßen. Die Banken sollen zugewandter auf ihre Kunden | |
zugehen, schneller Entscheidungen treffen und Förderkredite zügig | |
durchleiten. Wenn bestimmte Regularien auf europäischer Ebene gelockert | |
würden, wäre das ähnlich wie beim ALG II, wo die Jobcenter jetzt | |
Verlängerungen in einem vereinfachten Antragsverfahren erteilen. Die Banken | |
müssen sich natürlich sicher sein, dass so ein Vorgehen von der Politik | |
gedeckt wird. | |
Müssten die Banken nicht auch einen finanziellen Beitrag leisten? | |
Sie sollten ihre Spielräume ausnutzen, indem sie nicht alles zu 100 Prozent | |
absichern, sondern an der einen oder anderen Stelle auch mal ins Risiko | |
gehen. Ich sage nicht, dass die Banken Milliarden zusätzlich abschreiben | |
sollten. Aber sie müssen bei der Kreditvergabe etwas großzügiger werden. | |
Und wie könnte die Solidarität seitens der Immobilienunternehmen aussehen? | |
Die haben sehr vom boomenden Immobilienmarkt profitiert. Für kleine | |
Gewerbetreibende oder den Einzelhandel ist die Miete ein großer | |
Kostenblock. Wenn diese in Not geraten, sollte die Immobilienwirtschaft auf | |
sie zugehen, um die Lage gemeinsam zu meistern. Das heißt, Mietzahlungen zu | |
stunden, so dass man nicht gleich nach zwei nicht bezahlten Mieten seinen | |
Vertrag verliert. Die Krise darf nicht dazu ausgenutzt werden, | |
Gewerbetreibenden zu kündigen und nach der Krise zu einem höheren Preis neu | |
zu vermieten. Da erwarte ich einen Beitrag der Immobilienwirtschaft. | |
Die Immobilienwirtschaft ihrerseits hat von der Politik verlangt, sie möge | |
dafür sorgen, dass die Mieter zahlungsfähig bleiben. | |
Der Staat stellt Milliarden bereit. Aber auch die Immobilienwirtschaft muss | |
in Notlagen einen finanziellen Beitrag leisten. Es geht nicht darum, dass | |
ein Vermieter, der angesichts seiner Instandsetzungs-Erfordernisse ohnehin | |
kaum zurande kommt, auf Mieten verzichten soll. Aber wir haben auch | |
leistungsfähige Vermieter, die im Notfall Regelungen treffen könnten, die | |
dazu führen, dass Betriebe ihren Arbeitsstandort nicht verlieren. Wir | |
müssen in dieser schwierigen Zeit alle gemeinsam daran arbeiten, Notlagen | |
zu mindern. | |
25 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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