# taz.de -- Staatliches Versagen in Simbabwe: Arenen der Proteste | |
> Das Fußballteam von Simbabwe soll sein Quali-Heimspiel für den Afrika-Cup | |
> in Südafrika austragen. Die eigenen Stadien sind zu marode – ein | |
> Politikum. | |
Bild: Öfter beim Afrika Cup dabei: das Team von Simbabwe mit Tafadza Raphael K… | |
Wie marode sind die großen Stadien in Simbabwe? Sind Spielstätten wie das | |
Barbourfields Stadium in Bulawayo, das National Sports Stadium in der | |
Hauptstadt Harare und das Mandava Stadium in Zvishavane ausreichend für die | |
heimische Liga, aber nicht für internationale Begegnungen? Darf die | |
simbabwische Fußballnationalmannschaft, die Warriors, dort spielen? | |
Der afrikanische Fußballverband CAF sagt Nein und empfiehlt für Ende März, | |
das Qualifikationsspiel für den [1][Afrika-Cup] gegen Algerien in | |
Johannesburg im benachbarten Südafrika auszutragen. Der simbabwische | |
Verband Zifa protestiert, aber die Caf weigert sich mittlerweile sogar, | |
neue Gutachter nach Simbabwe zu schicken, bloß weil die Zifa immer wieder | |
aktuelle Fotos neuester Renovierungsergebnisse an die Caf sendet. | |
Verantwortlich für die maroden Stadien ist nicht die Zifa, sondern der | |
Staat. Die Regierung steht derzeit massiv unter Druck. Sanktionen der USA | |
und der EU wirken, und nach Berichten von Human Rights Watch wurden bei | |
Protesten zuletzt 17 Menschen von Sicherheitskräften getötet, mindestens 17 | |
Mal sollen Polizisten Frauen vergewaltigt haben. | |
Der simbabwische Fußball hatte in den siebziger Jahren großen Anteil an der | |
Überwindung der Apartheid. Eine sogenannte gemischte Liga war im Land, das | |
damals noch Rhodesien hieß, durchgesetzt worden. „Fußballspiele erlebten | |
politischen Protest, besonders wenn weiße Mannschaften spielten“, schreibt | |
der Historiker Andrew Novak. Erfolgreich war etwa ein Protest im Jahr 1947, | |
als zwei Saisons lang die Fans zu Hause blieben, weil die staatlichen | |
Behörden die Hoheit über die Stadien übernehmen wollten. | |
## „Das alles ist peinlich“ | |
Einerseits, so Novak, bot die gemischte Liga die Chance, sich zu zeigen. | |
Andererseits sorgten gerade die privaten Klubs dafür, dass rassistische | |
Diskriminierung weiterging. Aber das Kalkül des Apartheidregimes, die | |
schwarze Bevölkerungsmehrheit mit Spielen abzulenken, ging nicht auf. Die | |
gründete ab 1973 einen eigenen Fußballverband, der half, das Regime | |
herauszufordern. 1980 wurde aus Rhodesien endlich Simbabwe. | |
Erfolgreich war der Fußball in Simbabwe zwar nicht, aber zur Teilnahme am | |
Afrika-Cup hat es des Öfteren gereicht. Und gerade dieser Anspruch, | |
selbstbewusst und gleichberechtigt in Afrika und den anderen Kontinenten | |
aufzutreten, steht auf der Kippe. Der Sportjournalist Steve Vickers, bei | |
der BBC Experte für simbabwischen Fußball, sagt: „Das alles ist peinlich | |
und kommt auch teuer für Simbabwe, aber der Grund ist die Untätigkeit der | |
Behörden.“ Die Regierung in Harare bewilligte zwar Gelder zur Renovierung | |
des Barbourfields Stadium, aber die Anforderungen der [2][Caf] sind groß. | |
„Beide Regime, sowohl das koloniale als auch das nach der Unabhängigkeit | |
entstandene, haben versucht, den Fußball für ihre Zwecke zu nutzen“, | |
schreibt der Politologe Praise Zenenga, aber beiden sei das nicht gelungen. | |
Vielmehr sei durch den Fußball „eine Arena für Wettbewerbe, Proteste sowie | |
soziale und politische Entscheidungsfreiheit“ entstanden. Nun steht der | |
simbabwische Fußball wieder mitten in den Auseinandersetzungen. Mag fremd | |
klingen, ist aber so: Wenn es gelänge, das Qualifikationsspiele am 29. März | |
gegen Algerien im Barbourfields Stadium auszutragen, wäre das ein Erfolg | |
für die Demokratie. | |
12 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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