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# taz.de -- Antirassismus-Kampagnen im Fußball: Mit dem T-Shirt in die Knie?
> Klubs wie Bayern München und Borussia Dortmund positionieren sich mit
> PR-Fotos gegen Rassismus. Wie es konkret besser geht, zeigt der FSV
> Mainz.
Bild: Gute Botschaft? Oder nur gut gemeint? Bayern-München-Trainer Hansi Flick
Man könnte es für Meldungen aus einer gemeinsamen Rubrik halten. Die
Überschrift könnte lauten: „Fußballer gegen Rassismus“. Dort erführe man
dies: Der Bundesligist FSV Mainz 05 hat die Kündigung eines Mitglieds, das
empört war, dass „sein“ Verein zu viele schwarze Kicker unter Vertrag habe,
[1][öffentlich begrüßt].
Und, zweite Meldung, Vereine wie Bayern München und Borussia Dortmund haben
sich mit T-Shirt-Aktionen, Statements und PR-Fotos, auf denen zu sehen ist,
wie die Mannschaft kniet, gegen Rassismus positioniert.
Gut. Doch ist das wirklich eine gemeinsame Rubrik?
Dass der FSV Mainz von über 12.000 Mitgliedern eines verliert, mag
ökonomisch verschmerzbar sein. Und dass die großen Klubs gegen Rassismus
und für Weltläufigkeit demonstrieren, liegt ja auch in ihrem Charakter als
Sportunternehmen mit internationalem Anspruch und Angestellten aus aller
Welt begründet. Wenn man das liest, könnte man glauben: Zumindest im
Fußball sind alle gegen Rassismus, jeder auf seine Weise.
Schön wär’s. Aber diese eine Überschrift über alle Aktionen in diesen Tag…
ist leider falsch. Der Unterschied zwischen den verschiedenen Meldungen,
die oben referiert wurden, lautet: Der FSV Mainz teilt mit, dass es bei ihm
ein Rassismusproblem gibt, konkret: in der Mitgliederschaft, und dass der
Klub dagegen vorgehen wird. Die Botschaft, die von immer wieder aufgelegten
Kampagnen der Klubs ausgeht, lautet hingegen: Wir Fußballer stehen
geschlossen gegen jede Form der Diskriminierung.
## Der selbstkritische Blick nach innen
Das eine ist also das ehrliche Eingeständnis eines Problems, das andere die
Behauptung, man selbst sei doch gut und wolle das nun zeigen. Noch anders
formuliert: Das eine ist der selbstkritische Blick nach innen, das andere
der sich von jedem Zweifel frei wähnende Blick nach außen.
Aktueller Ausgangspunkt in der Bundesliga waren die symbolischen Aktionen
weniger, zudem ausländischer und schwarzer Profis, die sich mit den
Protesten nach dem Mord an George Floyd solidarisierten. Was [2][Jadon
Sancho], Weston McKennie und Kollegen machten, animierte allerdings
zunächst einmal den DFB, zu prüfen, ob er so etwas bestrafen müsse. Dass er
das dann doch nicht tat, ist schön, aber als Erkennungszeichen von
unbedingtem Antirassismus geht das nicht durch.
Die Profis riskierten also etwas (nicht viel, das sei zugegeben, eine
etwaige Strafe lässt sich wegstecken), aber wenn sich nun Spieler und
Trainer von Bayern München mit T-Shirts, auf denen „Rot gegen Rassismus
#blacklivesmatter“ steht, präsentieren und wenn nun Borussia Dortmund –
nachdem andere Klubs wie der FC Liverpool es vorgemacht hatten – für ein
Foto seine Spieler niederknien lässt, dann weist das die Merkmale von
PR-Kampagnen auf.
Es ist eben ein enormer Unterschied, ob ein Footballprofi wie Colin
Kaepernick seine Karriere und Existenz riskiert, wenn er sich während der
Hymne niederkniet. Oder ob deutsche Klubs wie Hertha BSC 2017 und Borussia
Dortmund 2020 diese Geste fotogen wiederholen.
Es ist ja gar nicht zu verlangen, dass heute aktive Sportler ein ähnliches
Risiko wie Kaepernick eingehen. Aber wenigstens der selbstkritische Blick,
ob man nicht selbst, als privilegierter Klub in einer weiß geprägten
Kultur, irgendetwas mit Rassismus zu tun haben könnte, wäre hilfreich.
11 Jun 2020
## LINKS
[1] https://www.mainz05.de/news/mainz-05-kein-platz-fuer-rassismus/
[2] /Statement-gegen-Rassismus-im-Fussball/!5686200&s/
## AUTOREN
Martin Krauss
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