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# taz.de -- 150 Jahre Deutsche Bank: Als die Macht zerbrach
> Das größte Kreditinstitut Deutschlands feiert 150-jährigen Geburtstag.
> Wie aus der allmächtigen Zentrale der „Deutschland AG“ ein Scheinriese
> wurde.
Bild: Frankfurt am Main: Das Logo der Deutschen Bank spiegelt sich in einer Hau…
BERLIN taz | Einst hielt die Deutsche Bank bei führenden deutschen
Konzernen wie selbstverständlich eine machtvolle Sperrminorität. Auf den
Hauptversammlungen von Daimler, Siemens oder Thyssen vertrat sie 25 Prozent
plus x der Stimmen – nichts ging gegen ihren Willen. Sie entschied über die
Besetzung von Aufsichtsräten und Vorständen und berief Hunderte Topmanager
in ihre eigenen Beiräte. Sie – Frauen waren kaum darunter – galten fortan
als „Männer der Deutschen Bank“. Zusammen mit den eigenen
Kapitalbeteiligungen an großen Unternehmen dominierte die Deutsche Bank bis
zur Jahrtausendwende die „Deutschland AG“. Doch seit der Finanzkrise gilt
die Großbank vielen Beobachtern nur noch als Scheinriese. Dabei hatte das
Kreditinstitut schon mehrere tiefe Krisen überlebt.
Vor 150 Jahren, am 10. März 1870, wird das Gründungsstatut durch
„Allerhöchsten Erlass Sr. Majestät des Königs von Preußen“ genehmigt.
Hinter der Gründung stehen führende deutsche Privatbankiers. Allein sind
diese zu klein, um den aufstrebenden Industriekapitalismus zu finanzieren.
Neuartige Aktiengesellschaften sollen das notwendige Kapital beschaffen.
Zweck der Deutsche Bank AG ist die Förderung „der Handelsbeziehungen
zwischen Deutschland, den übrigen europäischen Ländern und überseeischen
Märkten“.
Lange bleibt dies ein globales Erfolgsmodell. Doch die Weltwirtschaftskrise
Anfang der dreißiger Jahre übersteht die Deutsche Bank nur dank staatlicher
Hilfen. Im Jahr 1936 reprivatisiert die Reichsregierung von Adolf Hitler
das Institut wieder. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Bank im Osten
geschlossen und im Westen in zehn Teilinstitute aufgeteilt. Eine Studie der
amerikanischen Militärverwaltung (Omgus) zeigt die große Bedeutung der Bank
für die Kriegsfinanzierung und ihre Teilnahme an „Arisierungen“. Erst 1957
entsteht die Deutsche Bank wieder neu und steigt im Wirtschaftswunderland
zur Nummer eins auf.
Die Großbank ist Linken und Liberalen immer wieder ein Ärgernis. Nach der
Bundestagswahl 1998 entflechten SPD und Grüne sie. Kanzler Gerhard Schröder
und sein Vize Josef Fischer berufen einen profilierten Bankkritiker, Hans
Martin Bury, zum Staatsminister. Eine Steuerreform soll im Oktober 2000 die
Oligarchie hinwegfegen, neue Wachstumsimpulse geben und die Macht der Bank
zerschlagen. Die Reform erlaubt den Verkauf aller Kapitalbeteiligungen –
steuerfrei. Was durchaus den Interessen der Deutschen Bank entspricht: Sie
erlöst Milliarden, die sie weltweit profitabler anzulegen hofft. Bury wird
später zu Lehman Brothers wechseln.
## Investment goes international
Schon in den neunziger Jahren lockern sich die engen Bande der Deutschland
AG. „Shareholder Value“ und die Ausrichtung der Unternehmen an Aktienkursen
sowie die [1][Globalisierung] internationalisieren die wiedervereinigte
deutsche Wirtschaft. Neue, ausländische Kapitalinteressen, Investmentfonds
wie Blackrock und angelsächsische Investmentbanken wie Lehman Brothers
dringen auf den deutschen Kapitalmarkt vor. Gleichzeitig zieht es deutsche
Konzerne verstärkt in die Welt hinaus, jahrzehntelang gepflegte
Rundumbeziehungen innerhalb der Deutschland AG gelten als überholt.
Der Absturz im Zuge der Finanzkrise 2007/2008 hängt mit dem massiven Aufbau
des Investmentbankings zusammen. „Hoch riskante Anlageinstrumente wurden
ohne Kundenauftrag für den Eigenhandel produziert“, sagt der Bremer
Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel der taz. Aus vielen E-Mails der
Deutschen Bank an der Wall Street wird die gezielte Produktion von
Schrottpapieren nachvollziehbar.
Greg Lippmann, der damalige Star der Spekulationssparte der Bank, sprach
von „Mist“ und „Scheiße“, die den „Säuen“ angedreht werden müsse…
sieht Hickel letztlich in der Vorgabe einer extremen Kapitalrendite von
über 25 Prozent. „Der Absturz in die Verlustzone war dadurch
vorprogrammiert.“
## „Kriminelles Verhalten“
Andere [2][hausgemachte Probleme] kommen hinzu. Die jüngere Geschichte der
Bank sei von großen Skandalen gezeichnet, kritisiert Gerhard Schick,
Gründer der Bürgerbewegung Finanzwende. „Durch ihre Spekulationen bis hin
zu kriminellem Verhalten hat sie der Gesellschaft immer wieder immensen
Schaden zugefügt.“ Geldwäsche, [3][Cum-Ex-Steuerbetrug] oder strafbare
Deals mit Umweltzertifikaten sind nur einige Stichworte.
Für die Finanzmarktexperten der TU Chemnitz bleibt die Bank „ein großes
Rätsel“. Professor Friedrich Thießen weist gegenüber der taz auf die
Personalpolitik hin: „Irgendwann verlor die Bank die Fähigkeit,
Spitzenkräfte im eigenen Haus großzuziehen.“
Seit den neunziger Jahren wirbt die Deutsche Bank Spitzenkräfte gegen
Spitzenhonorare von anderen Banken ab. Damit verärgert sie Konkurrenten und
schadet sich selbst. Es komme eine andere Motivation ins Haus, sagt
Thießen: „Nicht mehr der Stolz, Deutschbanker zu sein, sondern das
Geldmotiv.“ Wenn eine genügend große Anzahl Führungskräfte Söldnercharak…
habe, erklärt Thießen, sei eine Bank „tot“. Niemand tue mehr wirklich etw…
für die Zukunft.
10 Mar 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
## TAGS
Deutsche Bank
Schwerpunkt Finanzkrise
Cum-Ex-Geschäfte
Peter Grottian
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
Peter Tschentscher
Cum-Ex-Geschäfte
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