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# taz.de -- Aktivismus gegen Abtreibungen: Ganz rechts
> Mit Mahnwachen machen rechte Gruppen vor einer Gynäkologiepraxis in
> München und einer Beratungsstelle in Passau mobil. Auch ein AfD-Mann
> mischt mit.
Bild: Abtreibungsgegner:innen beim „Marsch für das Leben“ 2019 in Berlin
München taz | Die beiden Frauen gehen an einem kleinen Platz vor der Praxis
von Friedrich Stapf in München-Freiham hin und her. Sie tragen Plakate, auf
denen steht: „Entscheide dich für das Leben“ oder „Jedes Leben ist
wertvoll“. Um die 30 Jahre sind sie alt, heißen mit Vornamen Steffi und
Zorica und wollen sich nicht fotografieren lassen. „Wir beten“, sagen sie.
„Der liebe Gott wird die Abtreibungsklinik schließen.“ Dann halten sie
Rosenkränze in die Luft und murmeln religiöse Sprüche.
Friedrich Stapf ist ein in Bayern bekannter Gynäkologe, der viele
[1][Schwangerschaftsabbrüche] durchführt. Von morgens bis abends stehen nun
durchgehend meist zwei Leute vor seiner Praxis. „40 Tage für das Leben“
heißt die Aktion der radikalen AbtreibungsgegnerInnen. Sie dauert von
Aschermittwoch bis Karfreitag. Frauen in Notlagen, die einen Abbruch
vornehmen lassen, müssen an ihnen vorbeilaufen und die Vorwürfe per Plakat
und Gebet ertragen. Stapf hat extra 15 Tiefgaragenparkplätze angemietet,
damit man von dort aus auch direkt seine Praxis erreicht.
In München gehen die „Mahnwachen“ wesentlich von der erzkonservativen
kroatischen Kirchengemeinde aus. Ähnliche Szenen spielen sich derzeit auch
in Passau ab. Ziel dort ist die Pro-Familia-Beratungsstelle. Diese bietet
unter anderem die Schwangerschaftskonfliktberatung an, welche laut Gesetz
für einen Abbruch nötig ist.
An der Passauer Leopoldstraße steht regelmäßig ein Mann namens Andreas
Eimannsberger, wie Pro-Familia-Geschäftsführer Thoralf Fricke berichtet.
Der Demonstrant präsentiert Plakate mit der Aufschrift: „Frauenrecht auch
für Ungeborene“.
## Aktivist fantasiert von Höcke als nächstem Kaiser
Eimannsberger ist aber nicht nur in der „Lebensschützer“-Szene bei der
Organisation „Pro Life“ aktiv, [2][sondern auch in der rechtsextremen]: Auf
der Liste der [3][AfD] kandidiert er bei der bayerischen Kommunalwahl am
15. März für den Passauer Kreistag. Auf der Facebook-Seite des
Kreisverbands wirbt er mit seinem Konterfei, Listenplatz 8. „Je nach
AfD-Ergebnis könnte er reinkommen“, glaubt Fricke.
Der antifaschistische „Infoticker Passau“, der über rechte Aktivitäten in
der Region recherchiert, fragte denn auch schon im Oktober 2019 über eine
gleiche Aktion von Eimannsberger bei Pro Familia: „Harmloser christlicher
Fundamentalist oder Bindeglied in die gewaltbereite extrem rechte Szene?“
Der Mann kommentierte laut „Infoticker“ ein Video des AfD-Faschisten Björn
Höcke mit: „Dieser Mann wird unser Kaiser werden, des neuen Deutschen
Reiches.“ Auch verfolge Eimannsberger im Internet verschwörungstheoretische
Veröffentlichungen. Der „Infoticker“ sieht eine Verbindung zwischen
„Lebensschutzbewegung, AfD und verschwörungstheoretischem Reichsbürgertum�…
Über die Pro-Familia-Arbeit in Passau sagt Fricke: „Zu unseren Beratungen
kommen Frauen in schwierigen Situationen, Menschen mit
Migrationshintergrund, junge Leute mit LGBT-Orientierung, die auf der Suche
sind.“ Es könne nicht sein, dass KlientInnen durch die Anwesenheit des
Mannes am Eingang bedrängt werden. Er nennt das „Belagerung“.
## Massive Gegenwehr der Zivilgesellschaft
In Passau ist auch sonst eine Menge los in der rechten und
christlich-fundamentalistischen Szene. Bei einer früheren
„Mahnwache“-Aktion im Herbst vergangenen Jahres hatte Fricke auch
Mitglieder der rechtskonservativen Studentenverbindung „Oeno Danubia“
gesichtet. Als dies öffentlich verbreitet wurde, solidarisierte sich nicht
nur die christdemokratische Studentengruppe RCDS Passau und schrieb von
einer „völligen Entmenschlichung des politischen Gegners durch linke
Gruppierungen“.
Auch Mitglieder der Studentenverbindung „Markomannia Wien zu Deggendorf“
unterstützten auf Facebook die Danubia-Leute. Der bayerische
Verfassungsschutz verortet Markomannia in der rechtsextremistischen Szene
und beobachtet die Gruppe.
Im vergangenen Herbst ließ die Universität Passau sowohl eine
Hochschulgruppe von „Pro Life“ zu als auch die „Campus Alternative“ (CA…
welcher große Nähe zur AfD nachgesagt wird. Doch vor allem gegen die CA
wurde der Widerstand so groß, dass sich die Gruppe vor einem Monat wieder
auflöste. „Die haben nicht mit einer solch massiven Gegenwehr der
Zivilgesellschaft gerechnet“, sagt Fricke von Pro Familia.
„Pro Life“ allerdings ist an der Uni weiterhin gelistet. Auf Facebook sind
fröhlich dreinblickende junge Frauen zu sehen mit Plakatsprüchen wie: „I
stand for life“. Pro-Familia-Geschäftsführer Fricke geht davon aus, dass
auch sie sich in den Wochen bis Ostern vor der Beratungsstelle postieren.
Konkret verlangt er von der Stadt Passau Regelungen, wie sie in Frankfurt
und Pforzheim gelten: Dort dürfen Gegner nicht in Sicht- und Hörweite von
Pro Familia demonstrieren. So soll Frauen eine vertrauliche Beratung
gewährleistet werden.
9 Mar 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Patrick Guyton
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