# taz.de -- Aufklärung über das Virus: Welche Sprache spricht Corona? | |
> Informationen zum Coronavirus sind leicht zu bekommen, wenn man Deutsch | |
> kann. Für Menschen, die kaum Deutsch sprechen, ist das Ganze nicht so | |
> einfach. | |
Bild: Bringt das was? Handdesinfektion auf einer Messe | |
BERLIN taz | Informationen zum [1][Coronavirus] gibt es mittlerweile | |
allerorten: in der U-Bahn, im Fernsehen, in Zeitungen, am Arbeitsplatz. | |
Doch so gut wie alles ist auf Deutsch. Sogar in der neuen Anlaufstelle für | |
Betroffene im Weddinger Virchow-Klinikum finden sich keine Hinweise in | |
anderen Sprachen. | |
Klar ist aber, dass Corona alle Sprachen spricht und gerade im Hotspot | |
Berlin versucht werden sollte, in so vielen Sprachen wie möglich zu | |
antworten. Wie geht Berlin mit nichtdeutschsprachigen Menschen und | |
Communitys um? Und andersherum: Wie erleben diese ihre Situation? | |
Die erste Anlaufstelle bei Fragen ist für viele die vom Krisenstab der | |
Senatsverwaltung für Gesundheit eingerichtete Notfallhotline. | |
Journalist*innen von Amal, Berlin!, einer Nachrichtenplattform, die auf | |
Arabisch, Darsi und Farsi aus Berlin berichtet, haben herausgefunden, dass | |
die Hotline lediglich auf Deutsch beraten kann. In Fällen, die eine | |
Beratung auf Arabisch oder Persisch benötigten, solle man sich an einen | |
Hausarzt wenden, der diese Sprachen spreche, habe ein Sprecher des | |
Krisenstabs erklärt, berichtet Cornelia Gerlach von Amal! Berlin der taz. | |
Die Senatsverwaltung für Gesundheit verweist auf taz-Nachfrage auf die | |
Webseite des Bundesgesundheitsministeriums. Dort und auf der Webseite des | |
Robert-Koch-Instituts (RKI) ließen sich Informationen über Hygiene- und | |
Vorsorgehinweise in verschiedenen Sprachen finden, so eine Sprecherin. Die | |
Frage, ob etwa Migrantenvereine oder Moscheegemeinden auf diese Angebote | |
hingewiesen werden, beantwortete die Senatsverwaltung für Gesundheit nicht. | |
Auf der Suche nach Informationen müssten die Websites außerdem auf Deutsch | |
oder Englisch durchforstet werden, ein Angebot in anderen Sprachen gibt es | |
nicht. | |
Etwas konkreter geht es in Geflüchtetenunterkünften in Berlin zu. In diesen | |
Einrichtungen, in denen momentan noch rund 20.600 Geflüchtete leben, seien | |
Hinweise des Bundesamts für gesundheitliche Aufklärung in Sprachen wie | |
Arabisch, Türkisch und Englisch übersetzt und an schwarzen Brettern und | |
sanitären Einrichtungen von Geflüchtetenunterkünften angebracht worden, | |
erklärt Sascha Langenbach vom Berliner Landesamt für | |
Flüchtlingsangelegenheiten. | |
Neben den Hinweistafeln würden außerdem Piktogramme mit Hygienehinweisen | |
aufgehängt, für Personen, die nicht lesen und schreiben können. Zusätzlich | |
dazu seien auch die Betreiber der Wohnheime entsprechend den | |
Vorsorgeregelungen des RKI und den Handlungsempfehlungen der | |
Landesverwaltung informiert worden, so Langenbach. | |
Das wären die offiziellen Erklärungen. Doch wie gehen die von dieser | |
Ausgangslage Betroffenen selber damit um? | |
„Zwei Veranstaltungen im März haben wir schon abgesagt“, erzählt Hamid | |
Nowzari vom Verein iranischer Flüchtlinge in Neukölln. Auch das in zwei | |
Wochen stattfindende iranische Neujahrsfest Nouruz werde vom Coronavirus | |
beeinflusst. „Viele haben Treffen mit der Familie abgesagt“, auch weil | |
Flüge in den und aus dem Iran zum Teil gestrichen seien, so Nowzari. Die | |
Menschen würden selber Maßnahmen ergreifen und auf einen hygienischen | |
Umgang achten, offizielle Informationen auf Persisch gebe es nicht. | |
Stattdessen sei Selbsthilfe die Devise: Über die Verteiler des Vereins | |
würden die Infos von der Deutschen Welle oder BBC weitergeleitet. | |
Ein ähnliches Bild zeichnet Juanita Villamor von der Neuköllner | |
Begegnungsstätte (NBS). Der Verein ist Träger einer der größten | |
Moscheegemeinden Berlins und veranstaltet neben Sprachkursen auch | |
Gottesdienste, an denen beim Freitagsgebet bis zu 1.500 Glaubende | |
teilnehmen. | |
## Suchen und übersetzen | |
„Die Infos müssen wir bisher selber suchen und übersetzen“, berichtet | |
Villamor. Die Menschen seien dabei unterschiedlich besorgt, von komplett | |
uninteressiert bis sorgenvoll. Von offizieller Seite habe sich aber niemand | |
um sie gekümmert. Trotzdem werde alles, „was in unserer Macht steht“, | |
getan, um Informationen mit der „großen Hilfe in der Community“ | |
selbstständig zu verbreiten. | |
Geplant sei die Aufstellung von Desinfektionssäulen und auch beim | |
Freitagsgebet gebe es extra Hinweise zum Umgang mit dem Coronavirus. So | |
solle darauf geachtet werden, dass auch bei der Enge, die während des | |
Gebets herrschen könne, die Menschen sich zum Husten oder Niesen | |
wegdrehten. | |
Insgesamt, sagt Koray Yilmaz-Günay vom Migrationsrat Berlin, seien die | |
Umstände für nicht-deutschsprachige Personen, um im Gesundheitssystem | |
Informationen zu bekommen, „defizitär in vielen Bereichen“. Die | |
Schwierigkeiten, die Migrant*Innen gerade erlebten, wenn es um die | |
Beschaffung von Informationen zu Corona gehe, würden sie sonst auch in | |
Bezug auf Krebs- und HIV-Prävention erleben. „Die Lage wird oft erst | |
erkannt, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist“, so Yilmaz-Günay. | |
9 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Roberto Sanchino Martinez | |
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