# taz.de -- Erster Corona-Infizierter in Berlin: Hertha trotzt dem Virus | |
> Muss nach der ITB auch das Ligaspiel am Samstag im Olympiastadion | |
> abgesagt werden? Nein, sagt Hertha. Schulen wollen derweil mehr auf | |
> Hygiene achten. | |
Bild: Warnhinweis in der Notaufnahme der Charité | |
BERLIN taz | Immerhin, die Berliner Fußballwelt ist noch nicht vom | |
Corona-Fieber angesteckt worden. Eine Absage des Bundesliga-Heimspiels von | |
Hertha BSC gegen Bremen stehe derzeit nicht zur Debatte, sagte Sprecher des | |
Vereins auf Anfrage der taz am Montagmittag. „Der Durchführung des Spiels | |
steht aktuell nichts im Wege.“ Man behalte die Entwicklung aber im Auge und | |
sei in enger Abstimmung mit dem zuständigen Gesundheitsamt des Bezirks | |
Charlottenburg-Wilmersdorf, hieß es weiter. | |
Das Spiel im Olympiastadion am Samstag mit mehreren zehntausend | |
Zuschauerinnen und Zuschauern ist eine der ersten wirklich großen | |
Großveranstaltungen in Berlin, nachdem am Montagmorgen [1][der erste | |
Coronavirus-Infizierte] der Stadt bestätigt worden war. Der Mann wird auf | |
einer Isolierstation im Virchow-Klinikum der Charité behandelt, wie | |
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Montag erklärte. Der Fall sei | |
zufällig entdeckt worden, sagte Charité-Vorstand Ulrich Frei. Wie der Mann | |
sich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert habe, wisse man nicht. | |
Mit diesem Fall rückt die Bedrohung durch das Virus noch einen Ticken näher | |
an die Berlinerinnen und Berliner heran. Deswegen war vergangenen Freitag | |
auch die weltgrößte Reisemesse ITB mit mehr als 100.000 Besucherinnen und | |
Besuchern abgesagt worden. Sie sollte an diesem Mittwoch eröffnet werden. | |
Senatorin Kalayci nannte die ITB-Absage eine „Einzelfallentscheidung“. | |
„Selbstverständlich muss nicht grundsätzlich jede Veranstaltung abgesagt | |
werden“, erklärte die SPD-Politikerin. Jeder Veranstalter müsse aber anhand | |
der Kriterien des Krisenstabs der Bundesregierung selbst eine | |
Risikobewertung durchführen. Dabei müsse der Bevölkerungsschutz immer an | |
erster Stelle stehen. Weltweit fallen zahlreiche größere und kleinere | |
Ausstellungen und Messen der Sorge vor dem Coronavirus zum Opfer. | |
Am Montag wurde auch bekannt, dass ein Konzert des Royal Oman Symphony | |
Orchestra am Mittwoch im Admiralspalast Berlin ausfällt: Die Musikerinnen | |
und Musiker reisen wegen des Virus nicht nach Berlin, so der Veranstalter. | |
In Berlins Schulen reagiert man pragmatisch auf das Virus: „Wir sehen das | |
bisher ganz entspannt“, heißt es etwa seitens der Schulleitung der | |
Anna-Lindh-Grundschule im Wedding. Man habe in jeder Klasse einen Spender | |
mit Desinfektionsmittel aufgehängt und die Kinder angehalten, sich nach dem | |
Händewaschen noch zusätzlich zu desinfizieren. „Und wir haben die Kinder | |
und das Kollegium noch mal sensibilisiert, was Hygiene und Niesettikette | |
angeht.“ | |
Am Freitag hatte die Senatsbildungsverwaltung außerdem ein Schreiben an die | |
Schulleitungen verteilt, das neben einer Hygienehandreichung auch | |
empfiehlt, KollegInnen über 60 eine Impfung gegen Pneumokokken und | |
Keuchhusten nahezulegen. „Auch das haben wir weitergeben“, heißt es aus der | |
Anna-Lindh-Schule. | |
## Einige Kinder fehlen in der Schule | |
Ansonsten handhabe man alles wie immer. Kranke SchülerInnen müssten im | |
Sekretariat auf die Abholung durch die Eltern warten. Allerdings habe es | |
durchaus Panikreaktionen von rund zehn Eltern gegeben, die ihre Kinder | |
prophylaktisch vom Unterricht abgemeldet hätten. „Wir sind da aber kulant | |
und schauen uns das erstmal an.“ | |
In der Gewerkschaft GEW findet der Landesvorsitzende Tom Erdmann: „Das geht | |
gar nicht, die Schulpflicht gilt natürlich.“ Solange es keine offizielle | |
Gesundheitswarnung von der Bildungsverwaltung gebe, müssten die Kinder | |
natürlich zur Schule. | |
Dass manche Eltern skeptisch und verunsichert sind, kann Erdmann, selbst | |
Lehrer an einer Sekundarschule, allerdings nachvollziehen – insbesondere | |
mit Blick auf die oft desolate Ausstattung mit Seife und Handtüchern auf | |
den Schultoiletten. „Da kann die Bildungsverwaltung natürlich | |
Hygieneempfehlungen rausgeben, aber es wäre schön, wenn man die auch | |
umsetzen könnte.“ | |
## Supermärkte werden häufiger beliefert | |
Unterdessen decken sich offenbar immer mehr Menschen auch in Berlin [2][mit | |
Lebensmitteln auf Vorrat] ein. In Supermärkten sind teilweise haltbare | |
Zutaten wie Nudeln, Mehl oder Dosengemüse ausverkauft. „Wir haben | |
bundesweit eine verstärkte Nachfrage nach lang haltbaren Lebensmitteln, | |
Nährmitteln, Konserven, Drogerie“, berichtete eine Sprecherin der | |
Supermarktkette Rewe auf taz-Anfrage. Sie versicherte jedoch, dass es keine | |
Engpässe in der Warenversorgung gebe. Und diese sicher zu stellen habe man | |
die „Frequenz der Belieferung der Rewe- und Penny-Märkte erhöht“. Sie | |
betonte: „Wir sind gut auf die Situation eingestellt.“ | |
Etwas zurückhaltender bewertet Edeka, die rund 200 Läden in Berlin | |
unterhalten, die Lage. „Auf lokaler Ebene kann es vereinzelt zu einer | |
höheren Nachfrage in einzelnen Warengruppen kommen“, teilte eine Sprecherin | |
mit. Generell beobachte man im Zusammenhang mit der Ausbreitung des | |
Coronavirus' jedoch keine auffällige Häufung von Einkäufen im | |
Lebensmitteleinzelhandel. | |
Bisher überraschend wenig Informationsbedarf zum Coronavirus meldet die | |
AOK, wie ein Sprecher der taz sagte. „Verstärkte Nachfragen seitens unserer | |
Versicherten im Nordosten haben wir bisher nicht verzeichnen können.“ Er | |
führt das auch auf die umfangreiche Berichterstattung der AOK selbst sowie | |
der Medien insgesamt zurück. | |
Für die Berliner Firmen wird die Lage durch den jüngsten Fall schwieriger. | |
„Bislang waren vor allem die Unternehmen betroffen, die Handelsbeziehungen | |
mit China unterhalten“, berichtet Claudia Engfeld, Sprecherin der Berliner | |
Industrie- und Handelskammer. In einer Umfrage dazu vor zwei Wochen hätten | |
fast 40 Prozent der Unternehmen aus Großhandel und Industrie angeben, dass | |
sie bereits Auswirkungen spüren. | |
„Mittlerweile wird sich die Zahl der betroffenen Unternehmen noch einmal | |
erhöht haben“, so Engfeld. „Allein durch die Absage der ITB sind etwa mit | |
Hotellerie und Gastronomie Branchen betroffen, die bislang nicht im Fokus | |
standen.“ | |
Die IHK rät den Unternehmen, vorhandene Notfallpläne zu überarbeiten, um im | |
Falle eines Falles gerüstet zu sein. Dazu habe man Informationen für die | |
Unternehmen zusammen gestellt. Engfeld verwies jedoch darauf, dass die | |
potenzielle Betroffenheit und die Auswirkungen sehr unterschiedlich sein | |
dürften, und man keine allgemeine Ratschläge geben könne: „In Betrieben, in | |
denen Mitarbeiter ohne Weiteres mobil oder im Home Office arbeiten können, | |
stellen sich andere Fragen als im produzierenden Gewerbe, Einzelhandel oder | |
in der Gastronomie, wo die Möglichkeiten des Home Office naturgemäß | |
eingeschränkt sind.“ | |
2 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
Anna Klöpper | |
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