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# taz.de -- Drohmails an Berliner Linksparteichefin: Erkennbares Muster
> Katina Schubert hat mehrfach Morddrohungen erhalten. Die Mobile Beratung
> gegen Rechtsextremismus sieht Parallelen zu anderen Fällen.
Bild: Katina Schubert, Berliner Chefin der Linkspartei
BERLIN taz | Es ist nicht das erste Mal, dass die Landesvorsitzende der
Linkspartei, Katina Schubert, Morddrohungen erhalten hat. Man werde sie
„niederstechen“, weil sie sich „für dreckige Asylanten“ einsetze, hei�…
in der Mail, die Montagabend im Wahlkreisbüro der Politikerin eingegangen
ist. Schubert hat Strafanzeige erstattet. Zur taz sagte sie, sie lasse sich
nicht einschüchtern. „Aber nach den ganzen Anschlägen von rechts kann ich
das auch nicht einfach ignorieren“.
Der Staatsschutz ermittelt. „Natürlich prüfen wir auch, ob es einen
Zusammenhang mit anderen Verfahren im Zusammenhang mit Rechtsextremismus
gibt“, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz am Donnerstag zur taz. Nach wie
vor nicht aufgeklärt ist eine rechtsextremistische Anschlagserie in
Neukölln.
Und dann ist da noch die [1][bundesweite Serie von Morddrohungen], die
Politiker und zivilgesellschaftliche Akteure und Akteurinnen und
Staatsbedienstete im letzten Jahr in Form von E-Mails erreicht hat.
Unterschrieben waren diese zumeist mit „Staatsstreichorchester“,
„Wehrmacht“ oder „Nationalsozialistische Offensive“. Eine
Sonderermittlungsgruppe beim Staatsschutz sei eingerichtet worden, um die
Ermittlungen voranzutreiben, sagte Cablitz.
Die an Schubert gerichtete Mail ist mit „Wolfszeit 2.0“ überschrieben. Auch
die Hamburger Linken-Politikerin Christiane Schneider und der Grüne
Europaparlamentarier Erik Marquardt haben kürzlich Drohmails unter
Verwendung des Wolfssymbols erhalten. „Offensichtlich ist das eine rechte
Kampagne gegen Politiker, die sich in der Flüchtlingkampagne
positionieren“, vermutet Schubert. Es würde sie nicht wundern, wenn noch
mehr Menschen ähnliche Mails bekommen hätten.
Der Grüne Europaabgeordnete Marquardt ist wegen seiner kritischen Haltung
über den Umgang der EU mit Flüchtlingen ins Visier von Rechtsextremen
geraten. Seit er über die Zustände auf der griechischen Insel Lesbos
berichte, hätten die Bedrohungen zugenommen, schreibt Marquardt in seinem
Twitter-Account. Auch die Morddrohung hat Marquardt dort veröffentlicht.
„Wir finden dich, wir schlachten dich“. – „Verzieh dich mit deinen Helf…
aus Griechenland!“ Es sei „Wolfzeit“.
Auch Schneider hat die Bedrohung auf ihrer Facebook-Seite öffentlich
gemacht. Ab heute sei sie „offiziell zur Jagd freigegeben“, heißt es. Man
werde sie „abschlachten“. Auch diese Mail endet mit einem „Ist Wolfzeit�…
## Ähnlichkeit zu Mails vom „Staatsstreichorchester“
Der Begriff Wolfzeit sei im Zusammenhang mit Drohmails noch nicht
aufgetaucht, sagt Hamid Mohseni, Mitarbeiter der Mobilen Beratung gegen
Rechtsextremismus Berlin (MBR), am Donnerstag zur taz. Aber die Mails
passten in das Muster der Schreiben, die mit „Staatsstreichorchester“ und
ähnlichem unterschrieben gewesen seien. Zum Teil seien diese auch mit
Erpressungsforderungen wie 100 Millionen Euro in Kryptowährung verbunden
gewesen.
Laut Mohseni haben über 200 Menschen eine Morddrohung aus dem Spektrum des
„Staatsstreichorchesters“ bekommen: Die Kapitänin Carola Rackete, Aiman
Mazyek, Präsident des Zentralrats der Muslime, Josef Schuster, Präsident
des Zentralrats der Juden, und der hessische Ministerpräsident Volker
Bouffier (CDU). Auch die Grünen-Politiker Cem Özdemir und Claudia Roth
sowie die Berliner Generalstaatsanwältin Margarete Koppers gehörten zu den
Adressaten.
Im Oktober letzten Jahres traf es Mike Mohring, damals noch Thüringer
CDU-Spitzenkandidat. Im Januar 2020 erreichte den
SPD-Bundestagsabgeordneten Karamba Diaby aus Halle eine Morddrohung,
unterschrieben mit „Staatsstreichorchester“. In der Woche zuvor waren in
der Tür seines Bürgerbüros in Halle Einschusslöcher entdeckt worden.
MBR-Mitarbeiter Mohseni zufolge gehen die Ermittlungsbehörden davon aus,
dass die Schreiben von keinem Einzeltäter verfasst worden sind. Denn auch
nach Festnahme eines 30-Jährigen in Schleswig-Holstein im April 2019 seien
die Drohschreiben weitergegangen.
Die Polizei habe ihr nach der Anzeige sogleich ein Sicherheitsgespräch
angeboten, wie sie sich besser schützen könne, sagte Linkenchefin Schubert
zur taz. In ihrem Politikerinnenleben habe sie schon etliche Drohmails
bekommen. Aber diese hier – die Mails an Marquardt und Schneider
eingeschlossen – hätten eine neue Qualität.
## Details aus dem Privatleben
Was sie stutzig mache, sei, dass sich die Verfasser offensichtlich
gründlich mit ihrem Leben beschäftigt hätten, so Schubert. So werde in der
Mail Bezug genommen auf einen medizinischen Notfall, der zwölf Jahre
zurückliege. „Unser Rachefeldzug im Namen Deutschlands wird dich schlimmer
treffen als dein Schlaganfall“.
Dass sie einen Schlaganfall gehabt habe, wüssten nicht viele, sagt die
Linkenchefin. „Das war kein öffentliches Thema.“
Wenn man ein bisschen im Internet forscht, stößt man zwar schnell auf
diesen Umstand in Schuberts Leben. Nach Auffassung von MBR-Mitarbeiter
Mohseni haben sich die Verfasser der Drohmails trotzdem eine gewisse Mühe
gemacht. Die Intention sei, das Bedrohungsszenario so realistisch wie
möglich zu gestalten, „um die Angst zu vergrößern“. Auch bei der Serie d…
„Staatsstreichorchesters“ sei das so gewesen.
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten zum Nachteil von in Berlin
tätigen Politikern hat sich nach Angaben von Polizeisprecher Cablitz
erhöht. 2018 seien 203 Fälle angezeigt worden, im Vorjahr 239 Taten. Die
offizielle Kriminalstatistik wird der Öffentlichkeit am Montag präsentiert.
5 Mar 2020
## LINKS
[1] /Drohbriefe-gegen-Politiker/!5632016&s=Litschko+Mohring/
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Katina Schubert
Staatsschutz
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Schwerpunkt Rassismus
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