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# taz.de -- Lars Eidinger auf der Berlinale: Dicke, weiße Krokodilstränen
> Schauspieler Lars Eidinger beweint die „vergiftete Gesellschaft“. Mehr
> als falsche Betroffenheit ist das nicht.
Bild: Trop, tropf: Lars Eidinger, wie er nur über sich selbst redet
Vom Statement zum Meme: Diesen Weg geht eigentlich fast alles, was mit dem
Schauspieler Lars Eidinger zu tun hat. Sei es seine peinliche DJ-Persona
mit Stickern im Gesicht, als wäre noch 2013 auf Tumblr, seine Partyreihe
„Autistic Disco“ – ein Titel, den man vielleicht als Achtklässler_in lus…
oder edgy findet – oder seine [1][Alditüten-Replica-„It“-Bag für 500 Eu…
Kaum hat man sich von Lachkicks darüber erholt, legt Eidinger auf einer
Pressekonferenz [2][während der Berlinale noch mal nach]. Diesmal als Sad
Boy.
Mit feuchten Augen, einem zärtlichen Finger zwischen den Lippen und
schließlich auch einer heißen, die Wange herunterkullernden Träne spricht
er über unsere „vergiftete Gesellschaft“ und wie es sich anfühlt, „wenn…
versucht, also ganz platt, Liebe in die Welt zu tragen und kriegt dafür
Hass als Antwort“. Über eine Minute lang labert er irgendetwas Vages über
seine Kreativität, seinen Platz in der Gesellschaft sowie seinen „Kampf
dagegen“.
Was genau er eigentlich meint, bleibt ein Rätsel. Sollte das eine
Anspielung auf den rechten Terror in Hanau, die Anschläge auf Shishabars in
Stuttgart und Döbeln sein? Brennende Autos und Mülltonnen? Oder darauf,
dass Leute sich online über ihn lustig machen?
## Weiße Fragilität, falsche Betroffenheit
Was die Medien zum „emotionalen Statement gegen Hass und Missgunst in der
deutschen Gesellschaft“ hochjazzen, als hätte Eidinger dem NSU seinen Vater
gefickt, wird auf sozialen Medien zu Recht als Clownerei enttarnt. „Almans,
wenn man ihnen erklärt warum sie das N-Wort nicht mehr sagen dürfen“,
[3][textet etwa die Journalistin Yelda Türkmen] über das Video auf Twitter.
Statt klare politische Haltung liefert Eidinger weiße Fragilität,
Krokodilstränen, falsche Betroffenheit und bürgerlich anbiederndes
Geschwafel über Liebe versus Hass.
In einer Zeit, in der Schwarze, jüdische, muslimische, migrantische und
nichtweiße Deutsche um durch rechten Terror Ermordete trauern und um ihre
eigene Sicherheit fürchten, schleust Eidinger ein gesellschaftspolitisches
Thema als trojanisches Pferd ein, nur um über sich selbst zu labern.
Eine klassische Taktik von Weißen, wenn sie mal etwas Schlaues zu einer
Debatte über Antisemitismus oder Rassismus beitragen wollen, letztendlich
aber weder Analyse noch Kritik liefern, sondern ungefragt Worte über ihre
Feelings in den Raum furzen. Selbst ein „Danke für nichts“ wäre ein Danke
zu viel.
24 Feb 2020
## LINKS
[1] /Lars-Eidinger-und-Aldi/!5656127
[2] https://twitter.com/rbb24/status/1231239906317479936?s=20
[3] https://twitter.com/yeldatuerkmen/status/1231521339418251265?s=20
## AUTOREN
Hengameh Yaghoobifarah
## TAGS
Lars Eidinger
Schwerpunkt Berlinale
Schwerpunkt Rechter Terror
Kolumne Großraumdisco
Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
Film
Aldi
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