# taz.de -- Münchner Sicherheitskonferenz: Ein gutes Bier? Pompeo fragen! | |
> US-Außenminister Pompeo gibt sich als Experte bayerischer Trinkkultur zu | |
> erkennen. Chinesische Produkte mag er hingegen weniger. Und was will | |
> Macron? | |
Bild: US-Außenminister Mike Pompeo am Samstag auf der Münchner Sicherheitskon… | |
MÜNCHEN taz | Nein, es war nicht das strahlende mutmachende Ereignis, das | |
sich nicht wenige im Bayrischen Hof von Emmanuel Macron erwartet hatten. | |
Bei seinem ersten Auftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz reihte | |
sich der fränzosische Staatspräsident am Samstagvormittag in jenes | |
vielstimmige Lamento ein, [1][von dem das Großevent in der bayerischen | |
Landeshauptstadt geprägt ist]. | |
Noch vor 15 Jahren habe man gedacht, „unsere Werte“ seien universell und | |
würden die Welt für immer regieren, sagte Macron. Doch inzwischen sei eine | |
„gewisse Schwächung des Westens“ eingetreten. Eine „Krise der europäisc… | |
Demokratien“ konstatierte der 42-Jährige. „Wir sind dabei, ein Kontinent zu | |
werden, der nicht an seine Zukunft glaubt.“ Europa stehe „vor einer Stunde | |
der Wahrheit“. | |
Das gilt auch für das Verhältnis zu den Vereinigten Staaten. Die USA | |
verfolgten inzwischen eine Politik, die „einen gewissen Rückzug und ein | |
Überdenken ihrer Beziehung zu Europa“ beinhalte, so Macron. Als Konsequenz | |
müsse sich die EU zu einer „strategisch-politischen Macht“ entwickeln- | |
worunter er vor allem eine militärische Stärkung versteht. Es sei | |
notwendig, sich selber zu schützen, „um Handlungsspielraum zu haben“. Das | |
sei aber „kein Projekt gegen die Nato oder eine Alternative zur Nato“, | |
versicherte er. | |
Notwendig sei ein „Europa der Verteidigung“, sagte Macron. Dazu gehöre auch | |
ein eigener atomarer Schutz. „Wir brauchen einen strategischen Dialog mit | |
allen Partnern an, die das wünschen, auch im atomaren Bereich“. | |
Die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer reagierte | |
skeptisch. „Die Frage ist, was die konkreten Angebote sind“, sagte sie. | |
Denn fest stehe schließlich, dass Frankreich unter keinen Umständen seine | |
Nuklearkräfte unter europäische Kommandostrukturen stellen wolle. Deswegen | |
setze sie weiterhin auf den atomaren Schirm der USA. | |
Gleichwohl stimmte Kramp-Karrenbauer Macron zu, dass Europa mehr | |
strategischen Dialog führen und konkret etwas für seine Sicherheit tun | |
müsse. „Ich möchte, dass wir unseren eigenen Interessen folgen können und | |
unseren eigenen Kurs halten, wenn der Wind um uns rauer wird“, sagte die | |
Noch-CDU-Vorsitzende. Sie sehe „Europa und gerade mein Land in der Pflicht, | |
mehr Handlungsfähigkeit und mehr Willen zum Handeln zu entwickeln“. | |
Entsprechend sprach sie sich für höhere Militärausgaben aus. | |
## Ungewohnte Töne der US-Regierung | |
Bereits vor Macron hatte die US-Regierung ihre große Bühne. Im Gegensatz | |
zum Weltwirtschaftsforum Mitte Januar in Davos lässt US-Präsident Donald | |
Trump auch in diesem Jahr die Sicherheitskonferenz in München links liegen. | |
Im vergangenen Jahr hatte er seinen [2][Vize Mike Pence geschickt, der | |
einen bizarren, geradezu gespenstischen Auftritt hinlegte]. | |
Nicht nur seine unfreiwillig komische Heldenverehrung Trumps irritierte | |
damals das Auditorium. Vor allem wie ungeschminkt Pence die | |
Weltführerschaft für die USA reklamierte und bedingungslose Unterordnung | |
forderte, sorgte für Verstörung. Es war ein ultimativ formulierter | |
Führungsanspruch, der die europäischen Staaten zu Befehlsempfängern | |
degradierte. | |
In diesem Jahr ist Mike Pompeo der höchstrangige Repräsentant der | |
Trump-Administration. Bei seinem Auftritt am Samstag schlug der | |
US-Außenminister eine andere Tonlage an. Statt als Zuchtmeister | |
aufzutreten, gab er sich jovial: „Wenn Sie ein gutes Bier suchen, kann ich | |
Ihnen beim Finden helfen“, sagte er unter Anspielung auf seine früheren | |
SiKo-Besuche, die er stets in angenehmer Erinnerung behalten habe. | |
Es war schon auffälig, welche Mühe sich der 56-jährige Ex-CIA-Direktor gab, | |
einen besseren Eindruck als Pence zu hinterlassen. Statt unentwegt seinen | |
Präsidenten zu loben – Pompeo erwähnte Trump erstaunlicherweise nicht ein | |
einziges Mal –, betonte er den transatlantischen Zusammenhalt. „Ich bin | |
glücklich, Ihnen mitzuteilen, dass der Tod des transatlatischen Bündnisses | |
eine krasse Übertreibung ist“, sagte er. Er sei vielmehr überzeugt: „Der | |
Westen wird gewinnen – und wir werden das zusammen tun.“ Dabei gehe es | |
„nicht darum, dass Europa den USA folgt, wir wollen Partner sein“. | |
Entschieden wies Pompeo jene von den Organisator:innen der SiKo als | |
„Westlessness“ bezeichnete Zustandsbeschreibung zurück, nach der in einer | |
Welt, die immer weniger westlich geprägt werde, der Westen im Begriff sei, | |
immer weniger westlich zu sein. „Es hat immer Leute gegeben, die alles | |
schwarz gesehen haben“, sagte der US-Außenminister und beschwor die | |
vermeintlich gemeinsamen Ideale Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. | |
„Der freie Westen hat eine leuchtendere Zukunft als illiberale | |
Alternativen“, so Pompeo. Da sei er „voller Zuversicht“. | |
Ohne ihn namentlich zu erwähnen, wies Pompeo auch [3][den Vorwurf von | |
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier] zurück, der der US-Regierung in | |
seiner Eröffnungsrede am Freitag vorgehalten hatte, „der Idee einer | |
internationalen Gemeinschaft eine Absage“ zu erteilen. Das entspreche nicht | |
der Realität. Die USA verweigerten sich keineswegs der Zusammenarbeit. Als | |
Beleg verwies Pompeo auf eine Reihe außenpolitischer, vor allem jedoch | |
militärischer Initiativen Washingtons. Internationale Organisationen wie | |
die UN oder die WTO kamen in seiner Rede hingegen nicht vor. | |
## Feindbild China | |
Keinen Zweifel ließ Pompeo daran, dass die USA weiter auf eine Politik der | |
Stärke setzen: „Nennen Sie mir ein Beispiel aus der Geschichte, wo sich die | |
Schwachen und Kleinmütigen durchgesetzt haben?“ Auffälig dabei, dass sowohl | |
Pompeo als auch US-Verteidigungsminister Mark Esper, der nach ihm sprach, | |
vor allem China als neues Feindbild ins Visier nahmen. | |
China verfolge „mit allen Mitteln und zu jedem Preis“ seine internationalen | |
Ziele, sagte Esper. „Die chinesische Kommunistische Partei geht immer | |
schneller und weiter in die falsche Richtung – mehr Unterdrückung im | |
Inneren, rücksichtslosere Wirtschaftspraktiken, mehr Unbarmherzigkeit und, | |
am meisten beunruhigend für mich, eine aggressivere militärische Haltung.“ | |
Wie schon die demokratische Sprecherin des Repräsentenhauses Nancy Pelosi | |
am Freitag forderten auch Pompeo und Esper die europäischen Verbündeten | |
eindringlich auf, den chinesischen Technologiekonzern Huawei von den neuen | |
5G-Netzen auszuschließen. Firmen wie Huawei agierten als „Trojanische | |
Pferde“ des chinesischen Nachrichtendienstes, so Pompeo. | |
Chinas Außenminister Wang Yi reagierte empört und sprach von | |
„Schmierenkampagnen“ der USA. „Grundsätzlich kann ich sagen, dass alle | |
Vorwürfe gegen China Lügen sind“, erwiderte Wang in seiner Rede am | |
Samstagmittag. Nur wenn man die Kritik auf die USA selbst anwende, „dann | |
werden die Lügen vielleicht zu Tatsachen“. Er hoffe, dass die Supermacht | |
nicht das Vertrauen in der Welt und „ihren gesunden Menschenverstand“ | |
verliere. | |
Zuversichtlich zeigte sich Wang denn auch nur in Bezug auf den Kampf gegen | |
den Coronavirus. „Der Morgen naht und wir sehen das Licht“, formulierte der | |
66-jährige Karrierediplomat geradezu poesiealbumlyrisch. „Nach dem Sturm | |
kommt immer ein Regenbogen.“ | |
15 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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