# taz.de -- Deutscher über sein Leben in Wuhan: Essenpakete am Eingangstor | |
> Timo Balz, Professor in Wuhan, will nicht wegen des Virus nach | |
> Deutschland zurückkehren. Mit den Einschränkungen im Alltag kommt er gut | |
> klar. | |
Bild: Nichts los auf den Straßen Wuhans | |
PEKING taz | Seit Wochen hat Timo Balz lediglich zu seiner Frau und seinen | |
zwei Kindern Kontakt. Nur alle paar Tage geht der gebürtige Schwabe zum | |
Eingangstor seiner Wohnsiedlung, um zwei per Smartphone bestellte | |
Essenspakete voll mit Eiern, Rüben und Paprika abzuholen. „Selbst den | |
Lieferkurier bekomme ich nicht mehr zu Gesicht“, sagt der 45-Jährige, der | |
als Professor für Fernkunde in Wuhan lebt. | |
Von dort aus hat das Auswärtige Amt am Wochenende erneut einen | |
[1][Evakuierungsflieger] für deutsche Staatsbürger organisiert. Die | |
Insassen der Maschine, die am Sonntagnachmittag in Berlin landete, müssen | |
nun zwei Wochen in Quarantäne. [2][Wuhan und die anliegende Provinz Hubei] | |
ist nach wie vor am stärksten vom Virus betroffen. | |
780 der über 800 Todesfälle wurden von dort gemeldet. Dabei galt der | |
Sonntag als besonders trauriger Tag: Nicht nur starben innerhalb von 24 | |
Stunden 89 Menschen – so viele wie noch nie an einem Tag. Auch ist die | |
Anzahl an Infizierten und Todesopfern erstmals über das der SARS-Epidemie | |
vor 17 Jahren gestiegen. | |
Dennoch hat sich Timo Balz entschieden, in seiner Wahlheimat zu bleiben – | |
auch, wenn seine Ehefrau, eine chinesische Staatsbürgerin, hätte mit | |
ausreisen können. Für ihn bedeutet China seit elf Jahren Zuhause. „Es ist | |
schon ein mulmiges Gefühl. Die Ansteckungsgefahr dort, wo wir wohnen, halte | |
ich jedoch für sehr gering“, sagt Balz. In seinem Kiez seien mittlerweile | |
zwar zwei Menschen an dem Lungenerreger verstorben, doch angesichts der | |
Anzahl der gesamten Infektionen ist dies eine eher geringe Zahl. | |
## Schulunterricht via Videochat | |
Tatsächlich, sagt Balz, habe sich die Lage entspannt: Die | |
Lebensmittelversorgung sei zuverlässig, wenn auch in der Auswahl eher | |
eingeschränkt. „Das Problem war, dass viele Angesteckte zuhause bleiben | |
mussten, weil sie in den Krankenhäusern zu Beginn keinen Platz mehr | |
bekommen hatten. Das hat sich gebessert“, sagt er. | |
Seine zwei Kinder haben nun seit über einer Woche die eigenen vier Wände | |
nicht mehr verlassen. Doch ab Montag soll der monotone Alltag wieder etwas | |
abwechslungsreicher werden: Dann beginnt nämlich die Schule – wenn auch nur | |
online über Videokonferenz am Computer. Wann Timo Balz' Semester an der Uni | |
wieder losgehen wird, ist noch völlig unklar. | |
Die Berichterstattung in den deutschen Medien verfolgt er natürlich auch. | |
Über so manche Meldungen und Kommentare wundert er sich allerdings: „Wenn | |
ich lese, dass die Leute glauben, der Virusausbruch bringt die | |
kommunistische Partei in Schwierigkeiten, dann halte ich das für sehr | |
gewagt“, sagt er. „Die Leute sind im Gegenteil eher froh, dass jetzt die | |
Hilfe in Form von Medizinern aus Peking kommt.“ Dass der Bürgermeister in | |
Wuhan demnächst gefeuert werde, sei hingegen kein Geheimnis. | |
9 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Rueckholaktion-wegen-Coronavirus/!5661581 | |
[2] /Coronavirus-breitet-sich-aus/!5658036 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Wuhan | |
Evakuierung | |
Quarantäne | |
Berichterstattung | |
Kommunistische Partei | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Coronavirus in Afrika: Die Gefahr droht nicht aus China | |
In Industrieländern ist Panik wegen des Coronoavirus nicht angesagt. | |
Berechtigte Sorge besteht aber dort, wo die Gesundheitsversorgung schlecht | |
ist. | |
Virusexperte über Corona-Gefahr: „Wir unterschätzen die Verbreitung“ | |
Die Zahl der Neu-Infizierten könnte bald rückläufig sein, sagt der | |
Epidemiologe Ian Lipkin. Er selbst befindet sich derzeit in Quarantäne. | |
Coronavirus in Afrika: Die Nervosität steigt | |
Bei afrikanischen Studierenden ist China äußerst beliebt. Viele glauben, | |
dass das Virus deshalb auch bald in Afrika auftritt. |