# taz.de -- UN-Waffenembargo gegen Libyen: Aktionismus im östlichen Mittelmeer | |
> Marineschiffe der EU-Staaten sollen helfen, das Waffenembargo gegen | |
> Libyen durchzusetzen. | |
Bild: Das Waffenembargo soll dazu beitragen, die Kämpfe in Libyen zu beenden | |
Die Einigung der EU-Außenminister vom Montag ist ein klassischer | |
Kompromiss: Die Europäische Union soll sich künftig wieder militärisch an | |
der Überwachung des UN-Waffenembargos gegen Libyen beteiligen – das hatte | |
sich unter anderem die Bundesregierung gewünscht, damit die Vereinbarungen | |
der Berliner Libyen-Konferenz vom Januar nicht endgültig verpuffen. | |
Die dafür nötigen Marineschiffe sollen aber nur im östlichen Mittelmeer | |
unterwegs sein und nicht im Bereich zwischen der libyschen Küste und | |
Italien – weil unter anderem die türkis-grüne österreichische Regierung | |
befürchtete, sie könnten ansonsten in die Verlegenheit geraten, | |
[1][ertrinkende Flüchtlinge] aus dem Wasser zu retten und in die EU zu | |
bringen. | |
Wenn man es schafft, den Zynismus auszublenden, der dieser Abwägung | |
zugrunde lag, ist die Einigung passabel. Die Europäer haben gezeigt, dass | |
sie handlungsfähig sind. Für die Beschlüsse der [2][Berliner Konferenz] | |
besteht doch wieder Hoffnung. Aber auch wenn die Mission tatsächlich so | |
kommt, wie jetzt angekündigt, bleibt eine Frage offen: Ob die europäischen | |
Schiffe mehr als Symbolik liefern können – ob sie die Zahl der | |
Waffenlieferungen an die libyschen Kriegsparteien also tatsächlich spürbar | |
senken können. | |
Zweifel daran weckt unter anderem die Verschiebung der Mission vom | |
zentralen ins östliche Mittelmeer. Die Vorläufermission „Sophia“ hatte | |
neben der Migrationskontrolle ebenfalls schon zum Ziel, das seit 2011 | |
bestehende Waffenembargo durchzusetzen. Im Mai 2017 war die Besatzung eines | |
Bundeswehr-Schiffes erstmals erfolgreich und fand Waffen auf einem | |
libyschen Boot – vor der Stadt Misrata, ziemlich genau in der Mitte der | |
[3][nordafrikanischen Mittelmeerküste] gelegen. Unklar ist vorerst, wie die | |
neue Mission Waffenlieferungen dorthin und in noch weiter westlich gelegene | |
Küstenstädte verhindern soll. | |
Zudem kommen Waffen derzeit nicht nur übers Meer, sondern auch auf dem | |
Landweg und per Flugzeug nach Libyen. Diese Lieferungen nur zu beobachten | |
und die Herkunftsländer anzuprangern, wird an der Situation nichts ändern. | |
Woher die Waffen kommen, ist bekannt. Öffentliche Appelle halten die | |
verantwortlichen Regierungen vom Bruch des Embargos nicht ab, Sanktionen | |
sind im UN-Sicherheitsrat wohl nicht durchsetzbar. | |
Was helfen könnte: Das Embargo auch auf dem Land und in der Luft | |
militärisch durchzusetzen, im Zweifel also Flugzeuge abzuschießen. Das | |
Eskalationspotenzial wäre in dem Fall aber immens. Dass sich die | |
EU-Außenminister in Brüssel stattdessen lieber auf das Klein-Klein der | |
Marineoperation konzentrierten: nur allzu verständlich. | |
18 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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