# taz.de -- Zukunft der CDU: Kabale und Hiebe | |
> Wie geht es weiter in der CDU? Gewinnt Friedrich Merz? Und was passiert | |
> in Thüringen? Antworten auf die wichtigsten Fragen | |
Bild: Er will es noch einmal wissen: Friedrich Merz zu Besuch beim Forum Mittel… | |
Wer gewinnt den Machtkampf in der CDU? | |
Gute Chancen hat Armin Laschet. Er bleibt bisher in der Deckung, lässt aber | |
alle seine Ambitionen spüren. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen | |
hat bewiesen, dass er eine Wahl in einem großen Bundesland gewinnen kann. | |
In der auf Machterwerb und -erhalt fixierten CDU ist das ein großer | |
Vorteil. Auch wichtig: Auf einem Bundesparteitag wüsste er die Stimmen der | |
zahlreichen Delegierten aus NRW hinter sich. | |
Und der Hype um Friedrich Merz? | |
Der Sauerländer, der im Aufsichtsrat von BlackRock viel Geld verdiente und | |
zu Veranstaltungen im eigenen Kleinflugzeug einschwebt, ist die | |
[1][Sehnsuchtsfigur vieler Konservativer] – und die der Springer-Zeitungen. | |
Merz ist ein guter Redner, sehr von sich überzeugt, marktliberal und | |
wirtschaftsnah. Er unterlag im Dezember 2018 nur knapp Annegret | |
Kramp-Karrenbauer im Kampf um den CDU-Vorsitz. Merz ließ diese Woche | |
streuen, er trete „so oder so“ an. Fazit: Mit ihm ist zu rechnen. | |
Gesundheitsminister Jens Spahn, der ebenfalls nach Höherem strebt und nach | |
eigener Aussage bereit ist, „Verantwortung zu übernehmen“, hat eher die | |
Rolle des ambitionierten Außenseiters. Er landete 2018 abgeschlagen auf dem | |
dritten Platz hinter Kramp-Karrenbauer und Merz. | |
Gibt es einen Geheimtipp? | |
Markus Söder. Der CSU-Chef nimmt sich bisher aus dem Spiel. Aber er lässt | |
keinen Zweifel daran, dass die CSU – und damit er – über die | |
Kanzlerkandidatur mitbestimmt. Machtbewusst genug, um selbst nach dem Amt | |
zu greifen, wäre er. Söder, der die CDU-Delegierten beim Parteitag im | |
vergangenen November mit einer starken Rede von den Stühlen riss, | |
präsentiert sich im Moment als moderner, ökoaffiner Konservativer. Er | |
könnte sich je nach Lauf der Dinge noch umentscheiden. Denn: A Hund is er | |
scho. | |
Bis wann klärt die CDU das alles? | |
Eigentlich wollte Kramp-Karrenbauer die Entscheidung über Vorsitz und | |
Kandidatur auf dem regulären CDU-Parteitag im Dezember fällen. Man konnte | |
aber in den vergangenen Tagen beobachten, wie die Macht der scheidenden | |
Vorsitzenden erodierte. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannte | |
ihren Zeitplan „abwegig“, viele wichtige Leute sahen das ähnlich, etwa der | |
Hesse Volker Bouffier oder Fraktionschef Ralph Brinkhaus. | |
Eine Variante wäre deshalb ein Sonderparteitag vor der Sommerpause, den | |
sich zum Beispiel Sachsen-Anhalts CDU-Landeschef Holger Stahlknecht | |
wünscht. Aber es gab auch Stimmen, die zur Gelassenheit mahnten. | |
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble etwa warnte, die CDU dürfe sich nicht | |
von Medien treiben lassen. Entschieden ist deshalb noch nichts. | |
Gibt es eine Roadshow der Bewerber? | |
Als es 2018 um die Merkel-Nachfolge im CDU-Vorsitz ging, tourten die drei | |
BewerberInnen wochenlang durch die Republik und stellten sich auf | |
Regionalkonferenzen der Basis vor. Ein solcher Prozess – oder auch eine | |
Mitgliederbefragung – läge im Interesse von Friedrich Merz. Die Logik: Je | |
mehr Basis, desto mehr Merz. | |
Wichtige Unions-Leute sind allerdings dagegen. CDU-Gremien lassen sich bei | |
wichtigen Entscheidungen ungern reinquatschen. Außerdem gibt es die | |
Befürchtung, dass ein wochenlanger Wettbewerb die Geschlossenheit der Union | |
torpedieren könnte. Die Entscheidung liegt am Ende in jedem Fall bei einem | |
Parteitag. | |
Welche Rolle spielt Merkel? | |
Merkel macht keine Anstalten, vorzeitig abzutreten. Warum auch? Sie ist die | |
gewählte Kanzlerin, die beliebteste Politikerin der Union, und sie hat | |
versprochen, bis 2021 zu regieren. In der zweiten Jahreshälfte übernimmt | |
Deutschland zudem die Ratspräsidentschaft in der EU – eine schöne | |
Zusatzaufgabe für die Bundeskanzlerin. | |
Am Montag betonte sie, dass sie zusammen mit Kramp-Karrenbauer den | |
Auswahlprozess begleiten wolle. Das klingt, als müsse Kramp-Karrenbauers | |
Nachfolger damit klarkommen, Vorsitzender und Kandidat unter Merkel zu | |
sein. Einfach ist das nicht. Kramp-Karrenbauer drang auch deshalb mit ihren | |
Botschaften nicht durch, weil Parteivorsitz und Kanzlerschaft nicht in | |
einer Hand lagen. | |
Was heißt das für die Große Koalition? | |
Sie macht wahrscheinlich weiter, immer weiter. CDU und CSU scheinen die | |
Koalition bis 2021 fortführen zu wollen. Ähnlich sieht man das in der SPD. | |
Carsten Schneider, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, | |
betonte am Mittwoch mit Blick auf Merkel: „Sie hat von uns die | |
Unterstützung bis zum Ende der Legislaturperiode. Und ich finde, sie macht | |
das auch gut.“ | |
Allerdings könnte es zwischen einem neuen CDU-Vorsitzenden und Merkel Ärger | |
geben. Merz hat mit ihr alte Rechnungen offen, weil sie ihn 2002 aus dem | |
Amt des Fraktionschefs drängte. | |
Wie geht es in Thüringen weiter? | |
Der Linke Bodo Ramelow will bei einer [2][erneuten Ministerpräsidentenwahl] | |
antreten. „Bedingung von allem muss sein, es darf auf Stimmen der AfD nicht | |
ankommen“, sagte er. Eine handlungsfähige Regierung könnte dann für | |
geordnete Neuwahlen sorgen. | |
Die Linkspartei will, dass mindestens vier Abgeordnete von CDU oder FDP | |
Ramelow im ersten Wahlgang wählen. Die FDP hat das bereits abgelehnt. Die | |
CDU bietet an, sich im dritten Wahlgang zu enthalten und Ramelow so | |
indirekt ins Amt zu helfen. Es bestünde allerdings die Gefahr, dass die AfD | |
Ramelow im ersten Wahlgang mitwählen könnte. Dann könnte er die Wahl nicht | |
annehmen. | |
Mike Mohring will sich nach dem Wahldebakel von der Fraktionsspitze der | |
Thüringer CDU zurückziehen. Am Freitag teilte er mit, dass er auch das Amt | |
des Landeschefs abgibt. | |
Der DGB und das Bündnis #unteilbar rufen für Samstag zu einer | |
[3][Demonstration in Erfurt] auf. Unter dem Motto „#Nichtmituns: Kein Pakt | |
mit Faschist*innen – niemals und nirgendwo!“ soll Druck auf die | |
demokratischen Parteien gemacht werden, so schnell wie möglich stabile | |
Verhältnisse zu schaffen. | |
15 Feb 2020 | |
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[1] /CDU-Kandidatur-von-Friedrich-Merz/!5660044 | |
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[3] https://www.unteilbar.org/nichtmituns/ | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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