| # taz.de -- Tätigkeitsbericht vorgestellt: Daten schützen ist zäh | |
| > Den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten erreichen immer mehr | |
| > Beschwerden. Aber oft fehlen ihm die Mittel, um wirklich etwas | |
| > auszurichten. | |
| Bild: Datenschutztechnisch zumindest privat weniger heikel als oft gedacht: Fot… | |
| Hamburg taz | Die gute Nachricht nannte der [1][Hamburgische | |
| Datenschutzbeauftragte] Johannes Caspar zuerst: Die Zahl der Beschwerden | |
| wegen Verstößen gegen den Datenschutz ist 2019 gegenüber dem Vorjahr um ein | |
| Viertel auf 2.360 gestiegen. Für Caspar ist das ein Zeichen für ein „neues | |
| Bewusstsein von Bürgerinnen und Bürgern über ihre Datenschutzrechte“, so | |
| sagte er bei der Vorstellung seines Tätigkeitsberichts. | |
| Die schlechte Nachricht kam gleich hinterher: Mit den gegenwärtig 27 festen | |
| und sieben befristeten Stellen habe die Dienststelle eine „lange | |
| Lieferzeit“. Als Beispiel nannte Caspar, der nicht von ungefähr bald | |
| Gespräche über das Budget für den Haushalt 2021/22 führt, eine Wartezeit | |
| von „mehreren Monaten“ für Menschen, die sich aus Google-Ergebnislisten | |
| streichen lassen möchten. | |
| Aber auch aus einem weiteren Grund fiel die Bilanz des | |
| Datenschutzbeauftragten gemischt aus: Angesichts der „dramatischen | |
| Unterschiede“ im europäischen Vollzug des Datenschutzes verfestigten sich | |
| „nationale Biotope“ für große Digitalkonzerne, die darüber ihre | |
| Vormachtstellung gegenüber Konkurrenten, die datenschutzkonform handelten, | |
| ausbauen könnten. Die Möglichkeiten, dies von Hamburg aus zu beeinflussen, | |
| scheinen überschaubar. „Wir versuchen, uns politisch auszutauschen“, | |
| erklärt der Datenschutzbeauftragte, der eine gewisse Hoffnung in die | |
| Evaluation der Europäischen Datenschutzgrundverordnung im Mai setzt. | |
| Aber auch vor Ort sind die Bemühungen, den Datenschutz praktisch | |
| umzusetzen, zuweilen zäh. Als „paradigmatischen Fall“ stellte Caspar die | |
| schleppende Umstellung der Hamburgischen Feuerwehr auf eine | |
| datenschutzgerechte Notfallalarmierung vor. Bereits 2016 war bekannt | |
| geworden, dass die unverschlüsselten Notfallmeldungen mit Namen und | |
| Adressen der Betroffenen sowie dem Anlass des Einsatzes illegal abgehört | |
| wurden. Zwar wurden die Daten kurzfristig reduziert – dennoch sind noch | |
| immer sensible Daten darunter. | |
| ## Nur Verwarnungen, keine Bußgelder | |
| Die angekündigte Umstellung auf eine neue App ist bis heute nicht | |
| geschehen. Laut Caspar ist dies einer mangelnden Priorisierung geschuldet, | |
| auf die er lediglich mit Verwarnungen reagieren kann. Bußgelder kann er | |
| nach deutschem Recht nicht gegen eine andere Behörde verhängen. | |
| Auch an einer anderen Stelle braucht der Datenschutzbeauftragte, dem man | |
| nicht nachsagen kann, dass er starke Kontrahenten scheut, einen langen | |
| Atem. Im Oktober letzten Jahres hatte das Verwaltungsgericht Hamburg der | |
| Innenbehörde im Streit gegen den Datenschutzbeauftragten [2][Recht | |
| gegeben]. Der hatte angeordnet, dass die Polizei die im Rahmen der | |
| Ermittlungen zu den G20-Ausschreitungen gesammelten biometrischen Daten | |
| löschen sollte – die Innenbehörde wollte das nicht hinnehmen. | |
| Mit der Niederlage will sich Caspar nicht abfinden, seine Dienststelle hat | |
| nun einen Antrag auf Zulassung einer Berufung gegen das Urteil gestellt, | |
| unter anderem, weil das Urteil „eine Reihe grundsätzlicher Fragen“ | |
| aufwerfe, etwa die nach der gesetzlichen Legitimierung solcher Maßnahmen, | |
| aber auch die nach den Kompetenzen seines Amtes. | |
| Ein weiteres „dickes Brett“ sind laut Ulrich Kühn, der den Bereich Medien, | |
| soziale Netzwerke und E-Privacy leitet, die Tracking-Dienste auf Websites. | |
| Das Geschäft mit den Cookies habe sich über lange Jahre etabliert, nun gehe | |
| es den DatenschützerInnen darum, das einwilligungsbasierte Tracking zum | |
| Standard zu machen. Einige Banken und spiegel.de hätten sich bereits | |
| umgestellt. | |
| Kräfte sparen könnten die DatenschützerInnen theoretisch bei dem Thema | |
| Fotografieren in Schulen und Kitas – das ist nämlich für den privaten | |
| Gebrauch jenseits sozialer Netzwerke völlig legitim. Sollte sich das | |
| herumsprechen, hätten die MitarbeiterInnen noch mehr Zeit, sich dem | |
| neuesten Fall zu widmen: dem H&M-Kundenzentrum in Nürnberg, das wegen des | |
| Firmensitzes in Hamburg in Caspars Zuständigkeit fällt, und das | |
| MitarbeiterInnen ausspioniert hat. Ein Bußgeldverfahren läuft bereits. | |
| 18 Feb 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://datenschutz-hamburg.de/ | |
| [2] /Datenschuetzer-unterliegt-vor-Gericht/!5633111&s=johannes+caspar/ | |
| ## AUTOREN | |
| Friederike Gräff | |
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