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# taz.de -- Warum Merz sich nicht als Kanzler eignet: Der Verlierer
> Friedrich Merz ist einer, der Niederlagen nicht eingestehen kann und der
> vor Selbstüberschätzung strotzt. So jemanden braucht nicht mal die CDU.
Bild: Friedrich Merz – immer plötzlich da, wenn es stürmt
Oh weia, kommt jetzt doch noch Friedrich Merz? Diese bange Frage stellt
sich jedes Mal wieder, wenn es bei der CDU zu Turbulenzen kommt. [1][Am
Montag hat Parteichefin Kramp-Karrenbauer ihren Rücktritt angekündigt] –
und es ist kein Geheimnis, dass Merz sie gern beerben würde. Erst als
Parteichef, dann als Kanzlerkandidat.
Merz' Eitelkeit kennt keine Grenzen. Aus jeder Pore strömt seine
Gewissheit, dass er ein Geschenk für Deutschland wäre. Dies hat auch sein
Gutes: Merz taktiert nicht, Merz greift an. Er hält sich nicht in den
Kulissen auf, um hinterrücks den Dolch zu führen, sondern prescht sofort
nach vorn. Das Chaos in Thüringen war noch ganz frisch, da gab Merz schon
seinen Aufsichtsratsposten bei der umstrittenen Investmentfirma BlackRock
auf, weil er „die CDU noch stärker bei ihrer Erneuerung unterstützen“
wolle. Die Ansage ist klar: Hallo, hier komme ich!
Diese gradlinige Selbstüberschätzung mag erklären, warum Merz überhaupt als
„Macher“ gilt. Denn objektiv ist er ein Verlierer. Seine politische
Karriere war nämlich zu Ende, als er 2002 den Fraktionsvorsitz im Bundestag
abgeben musste – an Angela Merkel.
Normalerweise bekommen Verlierer keine zweite Chance. Aber Merz hatte ja
gegen eine Frau verloren – und Frauen gelten in der CDU nicht besonders
viel. Satisfaktionsfähig sind nur Männer. Deswegen zählt auch nicht, dass
Merz seine zweite Chance ebenfalls vertan hat: 2018 wurde er nicht
Parteichef, weil er einen katastrophalen Auftritt hingelegt hatte. Merz
sprach zu lang und zu fahrig. Kramp-Karrenbauer hielt zwar keine geniale,
aber eine ordentliche Rede, und dies reichte schon, um sich gegen Merz
durchzusetzen.
## Das falsche Profil
Aber da Frauen nicht zählen, will sich Merz erneut ins Kandidatengetümmel
werfen. Er wird erst aufgeben, wenn er gegen einen Mann verloren hat. Diese
Gelegenheit bekommt er nun, denn an Männern wird es nicht fehlen, die sich
für den Chef-Posten in der CDU bewerben. Zu den Kandidaten dürfte unter
anderem NRW-Ministerpräsident Laschet gehören.
Es ist unwahrscheinlich, dass Merz als Sieger hervorgehen würde. Denn er
bringt keinerlei politische Erfahrung mit. Diese Behauptung mag erstaunlich
wirken, schließlich saß Merz von 1994 bis 2009 im Bundestag. Aber er war
nur ganze zwei Jahre Oppositionsführer, und – viel entscheidender – er hat
nie regiert. Er war nie Minister, weder in einem Land noch im Bund. Er weiß
überhaupt nicht, wie die Exekutive funktioniert – will aber gleich Kanzler
werden. Das ist typisch Merz.
Allerdings ist Merz auch ein Zauderer. Er prescht gern nach vorn, aber dann
verlässt ihn doch der Mut. Der verpatzte Parteitag 2018 war dafür typisch:
Merz wirkte seltsam gelöst und erleichtert, als er Kramp-Karrenbauer
gratulieren durfte, dass sie nun die Parteichefin ist. Seine kurze
Ansprache ihr zu Ehren war weitaus besser als seine langschweifige
Bewerbungsrede.
Es kann also gut sein, dass Merz am Ende gar nicht kandidiert, sondern sich
nur möglichst lange darin sonnt, dass ihn die konservativen CDUler
hofieren.
Auch Merz dürfte wissen, dass es letztlich ganz egal ist, ob er als Kanzler
geeignet wäre oder nicht. [2][Er verkörpert schlicht das falsche Profil].
Merz wäre ein Wiedergänger von FDP-Chef Lindner: ein neoliberaler Macho,
aus dem Westen, der die Steuern senken will – und irgendwie konservativ
tut. Mit diesem Programm kommen die Liberalen derzeit auf fünf bis neun
Prozent im Bund. Dieses Schicksal wollen die meisten CDU-Mitglieder ganz
bestimmt nicht teilen.
10 Feb 2020
## LINKS
[1] /Rueckzug-der-CDU-Chefin/!5662645
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## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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Schwerpunkt Thüringen
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