| # taz.de -- Friedrich Merz' Putschversuch: Erneuerer, der ins Gestern will | |
| > Für jeden Wähler, den die Merz-CDU rechts dazugewönne, verlöre sie links | |
| > mehrere. Die Partei wäre dann schlicht nicht mehr anschlussfähig. | |
| Bild: Tatkräftig? Mag sein, aber nicht nach vorne | |
| Die Chuzpe eines Friedrich Merz würde man ja gern mal haben. Der | |
| Sauerländer [1][lästert öffentlich] über die „mangelnde Führung“ der | |
| Kanzlerin und das Erscheinungsbild ihrer Regierung, das „einfach | |
| grottenschlecht“ sei. Ein Mann, der es vor einem Jahr nicht geschafft hat, | |
| eine Mehrheit der CDU-Delegierten von sich zu überzeugen, erhebt sich also | |
| über eine Frau, die vier Bundestagswahlen gewann und 18 Jahre lang das | |
| Parteiamt ausübte, an dem er kläglich scheiterte. | |
| Friedrich Merz ist so etwas wie der Prototyp des alten weißen Mannes. Er | |
| weiß immer, wo es langgeht, auch wenn seine eigenen Erfolge überschaubar | |
| sind. Er hat ein Problem mit mächtigen Frauen und viele Ideen, die | |
| befremdlich überholt daherkommen. Merz liebt den Diesel, hält [2][eine | |
| Grundrente] für Sozialgedöns, obwohl sie Menschen, die ihr Leben lang | |
| gearbeitet haben, die Altersarmut ersparen würde. Merz verunglimpft den | |
| Mietendeckel, auf den Hunderttausende Berliner MieterInnen hoffen, als | |
| DDR-Politik. Merz steht, kurz gesagt, für einen ungehemmten | |
| Marktliberalismus, der aus der Zeit gefallen wirkt. | |
| Die CDU wäre inhaltlich schlecht beraten, auf einen Kanzlerkandidaten oder | |
| Parteichef Merz zu setzen. Er wäre der Traumgegner der | |
| Habeck/Baerbock-Grünen. Von der AfD holte er kaum WählerInnen zur CDU | |
| zurück, weil diese die Radikalisierung ihrer Partei nicht nur dulden, | |
| sondern goutieren. Dafür ließe er in der Mitte viel Platz für die | |
| [3][selbstbewussten Ökoliberalen]. Für jeden Wähler, den die Merz-CDU | |
| rechts dazugewönne, verlöre sie links mehrere. Ein Erneuerer, der ins | |
| Gestern führen will, taugt nichts. | |
| Auch die Reihen seiner Verbündeten sprechen Bände. Die Werteunion, die für | |
| Merz und gegen Merkel trommelt, ist eine ultrakonservative Splittergruppe | |
| in der CDU, die immer mal wieder in AfD-Sprech abrutscht. Und Tilman Kuban, | |
| der Chef der Jungen Union, verteidigt tapfer das Recht der Deutschen, ein | |
| Stück Fleisch auf den Grill zu hauen und nach Mallorca zu fliegen. Obwohl | |
| keiner solche Gewohnheiten verbieten möchte. Dafür schiebt Kuban, wenn er | |
| über Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) spricht, ein | |
| verschwitztes „Den Namen gibt’s wirklich“ hinterher. Hö, hö, Altherrenw… | |
| gehen immer, wa? | |
| Eine Merz-CDU, die sich so präsentiert, wäre für das 21. Jahrhundert | |
| schlicht nicht anschlussfähig. Sie wäre für Frauen ebenso wenig attraktiv | |
| wie für MigrantInnen, sendete also an Gruppen vorbei, um die sich | |
| Parteistrategen seit Jahren bemühen. Ja, Angela Merkels Zeit ist absehbar | |
| vorbei. Ja, Annegret Kramp-Karrenbauer wirkt mit ihrem Amt überfordert. | |
| Aber das bedeutet nicht, dass Merz der Richtige wäre, um die CDU in die | |
| Zukunft zu führen. | |
| 30 Oct 2019 | |
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| Ulrich Schulte | |
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