| # taz.de -- Ekelplastik im Küchenkosmos: Zartgiftige Amidanteile | |
| > Die Verwendung von Plastik zur Essenszubereitung ist keine Klassenfrage. | |
| > Sie ist schlicht abscheulich – lasst euch doch vom Komodowaran beißen! | |
| Bild: Plastikpartikel sind die Handystrahlung fürs Essen – wohl bekomm's | |
| Dass ich Plätzchen verabscheue, stand [1][in der ersten Folge dieser | |
| Kolumne] und davon distanziere ich mich in aller – Achtung! – Form. Ich | |
| wollte Verwirrung stiften unter der reichen Anhänger*innenschaft | |
| dieser Zeitung, will das jetzt aber nicht mehr. Man stopfe mir das Maul mit | |
| delikaten Tannenbäumchen, bis ich auf eine Sportmatte kippe. | |
| Vorher jedoch muss ich noch etwas loswerden, das mir länger schon unterm | |
| Haaransatz juckt. Als Enkel eines Mönchs und Tochter einer Küchenmaschine | |
| kenne ich mich aus mit dem Unflätigen, Unrätigen, dem Moder, der | |
| Gaumenpein, kurz, dem, was in der Lage ist, Mägen, Gehirne und Taufbecken | |
| zu veröden. Und diese Kenntnis möge mir auch die nächsten hundert Jahre als | |
| Quelle unentwegter Expertisen im Bereich des gastronomisch Schrecklichen | |
| dienen, also auch für diese Kolumne. | |
| Einer der schofelsten Küchensachverhalte ist die Verwendung von Plastik zur | |
| Essenszubereitung. Wasserkocher aus Plastik, Nudelsiebe aus Plastik, | |
| Rührlöffel aus Plastik, Backofenschoner aus Plastik werden munter mit | |
| heißestem Gebräu in Kontakt gebracht, paradoxerweise umso sorgloser, je | |
| reicher der Haushalt. | |
| Unter den Mittellosen weiß man wenigstens, dass es Schmodder ist, den man | |
| reinschaufeln muss. Unsere lieben Geldträger aber gebärden sich, wohl aus | |
| einem lebensphilosophischen Armutstourismus heraus, als würden sie am | |
| liebsten Müll speisen. Da kredenzt ihr schon Alaskahuhn mit Olivensahne und | |
| fresst doch den Bodenbelag mit. | |
| Doch was heißt hier überhaupt „würden“? Als ob davon nichts ins Essen k�… | |
| Keine klitzekleinen Polymer-Kristalle. Keine | |
| [2][Miniwini-Urethansprengsel]. Keine zartgiftigen Amid-Anteile. | |
| Plastikpartikel sind die Handystrahlung fürs Essen. Das ist ja auch völlig | |
| okay, wir kriegen keine Rente, die Welt geht sowieso unter und Plastik ist | |
| einfach das perfekte Produkt dieser Zustände: zum Wegwerfen hergestellt, | |
| aber doch unkaputtbar; ein Fossil der Nachkriegsgesellschaft, aber doch | |
| immer noch unter uns. | |
| Gibt es trotzdem keine eleganteren Weisen, sich selbst zu vergiften? | |
| Spülmittel zum Beispiel, von Manufactum oder [3][aus dem taz-Shop]; | |
| Feuerzeugbenzin als Salatdressing; Schimmel aus dem Jahr 1856; oder halt | |
| einfach fix in den Zoo und sich vom nächstbesten Komodowaran ins Bein | |
| beißen lassen: Alles ist denkbar. | |
| Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Bis auf Nervenressourcen | |
| vielleicht. Zeit. Platz. Alter. Zustand des Immunsystems. Und so weiter – | |
| na ja, also doch ziemlich enge Grenzen. Aber so ist das nun mal. Findelt | |
| euch damit ab. (Ja, es heißt abfindeln und nicht abfinden. Findelt euch | |
| gefälligst damit ab!) | |
| 26 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Adrian Schulz | |
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