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# taz.de -- Italiens nach Regionalwahlen: Trotz Triumph droht Instabilität
> In der Emilia-Romagna konnten sich die Sozialdemokraten behaupten. In Rom
> steckt die Bündnispartnerin 5-Sterne-Bewegung in einer tiefen Krise.
Bild: Gouverneur Stefano Bonaccini hat die Wahl gewonnen
Rom taz | Eins zu eins zwischen rechts und links gingen am Sonntag die
Regionalwahlen im süditalienischen Kalabrien und in der norditalienischen
Emilia-Romagna aus, doch trotz des Unentschieden gelang dem Lega-Chef
Matteo Salvini das Kunststück, am Ende als eindeutiger Verlierer
dazustehen.
Dabei durfte sich die Rechte in [1][Kalabrien], das bisher von einer
Mitte-Links-Koalition regiert wurde, über einen Triumph freuen. 55 Prozent
holte Jole Santelli, die zu Berlusconis Forza Italia gehört, während ihr
Gegenkandidat mit 30 Prozent weit abgeschlagen landete. Doch dieses
Resultat erschien am Sonntagabend völlig zweitrangig, weil vor allem
Salvini selbst den Urnengang in der Emilia-Romagna zur eigentlichen
Schicksalswahl hochstilisiert hatte.
Dort jedoch setzte sich das Mitte-Links-Lager mit deutlichem Vorsprung
durch. Ihr Spitzenkandidat, der bisherige Gouverneur Stefano Bonaccini,
erhielt 51,4 Prozent der Stimmen, seine Gegnerin Lucia Borgonzoni von der
Lega blieb bei 43,6 Prozent hängen. Das in den Tagen vor der Wahl von den
Meinungsumfragen vorhergesagte Kopf-an-Kopf-Rennen war schlicht
ausgefallen.
Doch verloren hat nicht Bonaccorsi, sondern Salvini. Er hatte den Wahlkampf
völlig an sich gerissen und war unermüdlich durch die Region getourt, mit
dem Ziel, per Erfolg in der linken Hochburg der Regierung unter Giuseppe
Conte in Rom und der sie tragenden Koalition aus Fünf Sternen und der
gemäßigt linken Partito Democratico den entscheidenden Schlag zu versetzen.
Schnelle Neuwahlen, so Salvinis Hoffnung, würden ihm dann binnen Monaten
auch die nationale Macht eintragen.
## Sardinen-Bewegung hatte entscheidenden Anteil
Auch auf der Linken galt das Votum mit gutem Grund als Schicksalswahl. Wenn
die rote Emilia-Romagna mit ihrer Hauptstadt Bologna jetzt auch noch fiele,
so die Furcht, werde es kein Halten mehr gegen den endgültigen Durchbruch
der rechten Lega-Populisten geben. So schnellte die Wahlbeteiligung am
Sonntag auf 68 Prozent hoch, während vor fünf Jahren nur 38 Prozent den Weg
zu den Wahllokalen gefunden hatten. Entscheidenden Anteil an der
Mobilisierung des linken Lagers hatten dabei die Sardinen, die mit ihren
Flashmobs gegen Salvini Tausende Menschen auf die Straße brachten und so
die Moral in den eigenen Reihen wieder aufrichteten.
Salvinis Frontalangriff auf die Regierung ist damit vorerst gescheitert,
doch der Exekutive droht wachsende innere Instabilität. Zwar konnte sich
die PD unter ihrem erst seit März 2019 amtierenden Chef Nicola Zingaretti
klar behaupten, der größere Koalitionspartner aber ist in einer tiefen
Krise. Noch im März 2018 hatte das Movimento5Stelle (M5S –
5-Sterne-Bewegung) national 32,7 Prozent geholt, in Kalabrien brach das M5S
jetzt aber auf 7 Prozent, in der Emilia-Romagna gar auf nur noch 3,5
Prozent ein.
Heftig umstritten ist in der Anti-Establishment-Bewegung, wie sie ihren
Niedergang, ja womöglich ihre Auflösung, verhindern soll. Zwei Lager stehen
sich gegenüber: das derjenigen, die das M5S in Zukunft als „progressive
Kraft“ an der Seite der PD aufstellen wollen, und das derjenigen, die
weiter „weder rechts noch links“ und damit ein unabhängiger dritter Pol in
der italienischen Parteienlandschaft bleiben wollen. Ein Kongress Mitte
März soll Klärung in der Frage bringen und eine neue Führung wählen,
nachdem der bisherige Frontmann, der Außenminister Luigi Di Maio, letzte
Woche [2][seinen Rücktritt] als „politischer Chef“ der 5-Sterne-Bewegung
erklärt hatte.
Ebenfalls im März wollen sich die Sardinen zu einem nationalen Kongress
treffen, um über ihr weiteres Vorgehen zu beraten. Die Graswurzelbewegung,
entstanden erst Mitte November in Bologna, hatte mit ihren Dutzenden
Kundgebungen in der Emilia-Romagna, aber auch quer durch Italien
Hunderttausende Menschen mobilisiert.
## Eine Partei wollen die Sardinen nicht gründen
Ihre vier Gründer aus Bologna schließen die Gründung einer Partei weiterhin
kategorisch aus. Doch Einfluss auf die Politik wollen sie, die sich als
Gegenkraft zu den Rechtspopulisten verstehen, auch in Zukunft ausüben,
nicht gegen, sondern neben den Parteien links von der Mitte. Die freuen
sich über die unerwartete Unterstützung aus der Zivilgesellschaft. Der
PD-Chef Zingaretti ließ ihnen ein „immenses Dankeschön“ zukommen, und
Regierungschef Conte lud die Sardinen zu einem Gespräch nach Rom ein.
27 Jan 2020
## LINKS
[1] /Regionalwahl-in-Kalabrien/!5653645
[2] /Ruecktritt-bei-5-Sterne-Bewegung/!5655991
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Italien
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