# taz.de -- Energiewende beschleunigen: Ökonom will regionale Strombörsen | |
> Ein regionales Strompreismodell soll etwa für süddeutsche Bundesländer | |
> den Anreiz stärken, den Netzausbau voranzubringen. Doch es gibt ein | |
> Problem. | |
Bild: Der Netzausbau ist einer der umstrittenen Punkte der Energiewende | |
Kiel dpa | Der Ökonom Gabriel Felbermayr hat ein regionales | |
Strompreismodell zur Beschleunigung der [1][Energiewende] ins Spiel | |
gebracht. „Bislang gibt es für süddeutsche Bundesländer schlicht keinen | |
ökonomischen Anreiz, den Netzausbau voranzubringen“, sagte der Präsident | |
des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel der Deutschen | |
Presse-Agentur. | |
Die Etablierung regionaler Strombörsen könne spürbar niedrigere Preise für | |
Windstrom bewirken und ihn damit wettbewerbsfähiger machen. Derzeit mache | |
es ökonomisch für den Süden Deutschlands wenig Sinn, Ökostrom aus den | |
windstarken norddeutschen Küstenländern zu importieren, sagte Felbermayr. | |
Der deutschlandweite Grundpreis für Strom wird an der [2][Leipziger | |
Strombörse] festgelegt. Hinzu kommen die Lieferkosten (Netzentgelte). | |
„Wir haben im Norden Windstrom im Überfluss, und er ist dennoch nicht | |
billiger“, sagte Felbermayr. Dank der Netzentgelte sei der Ökostrom aus | |
Norddeutschland sogar besonders teuer. „Schleswig-Holstein ist ein | |
Überschuss-Land mit besonders hohem Strompreis. Das ist grotesk.“ Damit | |
sich der Überschuss auch in niedrigeren Preisen niederschlage, könnte die | |
Politik den Strompreis regionalisieren mit Hilfe einer norddeutschen | |
Strombörse. | |
Nach Ansicht von Felbermayr haben die Nordländer „etwas Nachholbedarf, die | |
eigenen Interessen“ auf diesem Gebiet umzusetzen. „Es ist durchaus eine | |
Option, hier ein bisschen muskulöser aufzutreten und zu sagen: Der Norden | |
lässt sich das nicht mehr bieten“, sagte Felbermayr. | |
## Verfassungsrechtliche Hürden | |
Er räumte ein, dass einem regionalen Strompreis verfassungsrechtliche | |
Hürden im Weg stünden, da sonst der Grundsatz gleichwertiger | |
Lebensverhältnisse missachtet werde. Im Zweifelsfall müsse es die | |
Landesregierung auch auf eine Verfassungsklage ankommen lassen. Allein die | |
Drohung, einen regionalen Strompreis zu etablieren, könne aber „eine | |
gewisse Dynamik auslösen und zu einer guten Verhandlungsposition führen“. | |
Felbermayr mahnte angesichts des absehbar steigenden Strombedarfs in | |
Deutschland durch E-Mobilität und Digitalisierung einen rascheren Aufbau | |
der erneuerbaren Energien an. „Wir brauchen überall Strom, und ein hoher | |
Strompreis wird in Deutschland immer mehr zu einem Bremser für | |
Wettbewerbsfähigkeit.“ Dabei stelle sich die Frage, wie viel mehr Windstrom | |
an Land in Deutschland noch möglich sei. „Viele Gegenden in Deutschland | |
sind ja schon mit Windrädern vollgestellt, und die Akzeptanz der | |
Bevölkerung für weitere Anlagen sinkt.“ | |
Der Ökonom hält es für sinnvoller, stärker als bisher auf Stromimporte zu | |
setzen und verweist auf ein dänisches Offshore-Projekt, das mit | |
Investitionen von etwa 30 Milliarden Euro auf See Windstrom für zehn | |
Millionen Haushalte erzeugen soll. „3.000 Euro pro Haushalt sind keine | |
gigantische Summe, aber Deutschland hat diese Offshore-Flächen nicht.“ | |
Deshalb müsse das Land neben Erdgas, Erdöl und Steinkohle auch stärker | |
sauberen Strom importieren – beispielsweise Windstrom aus der Nordsee. | |
Der Umstieg von fossilen auf regenerative Energieträgern kann nach Ansicht | |
von Felbermayr nur gelingen, wenn der Preisanstieg für Strom und Wärme | |
halbwegs moderat gehalten werden kann. „Zu versuchen, die Energiewende nur | |
mit nationaler Kraftanstrengung zu stemmen, kann am Ende | |
volkswirtschaftlich sehr teuer werden.“ | |
27 Dec 2019 | |
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