# taz.de -- Bremer Handwerk vor Herausforderungen: Ein veraltetes Image | |
> Das Handwerk in Bremen leidet am Fachkräftemangel. Geflüchtete können | |
> Lücken füllen und erwünscht sind endlich mehr Frauen in den Betrieben. | |
Bild: Mehr Frauen in handwerkliche Berufe zu bringen, ist Aufgabe von Politik u… | |
Bremen taz | Um den Fachkräftemangel und weitere Herausforderungen im | |
Handwerk zu diskutieren, kamen nun Mitglieder des Bremer Senats mit | |
Vertreter*innen der Handwerkskammer zusammen. „Es gibt nicht zu wenig | |
Ausbildungsplätze in Bremen, sondern zu wenig Menschen, um diese zu | |
besetzen“, sagte Handwerkskammer-Präses Thomas Kurzke. | |
Auch im Koalitionsvertrag wird das Problem erkannt: „Gemeinsam mit der | |
Handwerkskammer werden wir prüfen, wie selten gewordene Berufe wieder an | |
Attraktivität gewinnen können. Ziel soll sein, junge Menschen für diese | |
Berufe zu gewinnen“, schreiben dort die Regierungsparteien. | |
Die seit 2010 laufende Imagekampagne des Deutschen Handwerks visiert | |
aktuell die Zielgruppe der Jugendlichen an: „Bremen braucht Handwerker, | |
nicht noch einen Chief Executive Officer“, heißt [1][eines der Motive] – | |
der Hashtag „#einfachmachen“ vereint die verschiedenen trendigen Sprüche. | |
„Wir versuchen, das Image des Handwerks aufzubessern“, sagte Kurzke. „Wir | |
müssen uns in der Gesellschaft ein anderes Ansehen erarbeiten und die | |
Berufe so darstellen, wie sie vielfach sind.“ Modern und innovativ nämlich, | |
nicht mehr nur aus Muskelarbeit bestehend, wie es klassische Verständnisse | |
des Handwerks vermuten lassen. Eine duale Ausbildung sei zudem ein guter | |
Grundstock für ein späteres Berufsleben. | |
Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, spielen Geflüchtete eine wichtige | |
Rolle: „Ohne die Geflüchteten in den Betrieben sähe die Lage noch ein | |
bisschen trauriger aus“, sagte Kurzke. „Die fangen schon einiges ab.“ Es | |
gelte allerdings, verstärkt Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachkenntnisse | |
anzubieten und zu begleiten. Betriebe bräuchten mehr Unterstützung bei der | |
Integration. „Die ersten Geflüchteten stehen nun vor ihren Prüfungen – ich | |
bin gespannt, wie diese ausgehen“, sagte Kurzke. | |
Ob die Imagekampagne des Handwerks auch Frauen anspricht, kann aufgrund der | |
nicht geschlechtergerechten Sprache zumindest angezweifelt werden. Der | |
Tenor der Versammelten war laut Kurzke aber: „Es müssen mehr Frauen ins | |
Handwerk.“ 2018 gab es laut Statistik des Wirtschaftsressorts 1.279 neue, | |
duale Ausbildungsverhältnisse bei der Handwerkskammer im Land Bremen – | |
lediglich 302 waren weiblich besetzt. Hier sei die Branche selbst gefragt, | |
so Kurzke. Allerdings hat er auch eine Bitte an die Politik: eine | |
entsprechend positive Darstellung der Jobs als Chance für Frauen und | |
Mädchen in der Berufsorientierung. | |
Die Zahlen zu Vertragslösungen im Handwerk lassen zudem vermuten, dass das | |
Berufsfeld ein besonderes Problem mit Abbrecher*innen hat: Lag die Quote | |
zwischen 2013 und 2016 insgesamt bei rund 25 Prozent, wurden im Handwerk | |
rund 40 Prozent der Ausbildungsverträge gelöst. „Die Zahlen werden momentan | |
aber besser“, sagte Kurzke. Zudem gebe es viele Betriebswechsel, die | |
ebenfalls in diese Statistik einflössen. „Woran das liegt, könne man auch | |
diskutieren, aber das Problem der Abbrüche ist nicht so hoch.“ | |
Auch der Klimawandel war Thema der Sitzung. „Es ist mir ein hohes Anliegen, | |
gemeinsam mit den Bremer Handwerksbetrieben nachhaltigen Wohnungsbau zu | |
befördern“, sagte Basu- und Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) in einer | |
gemeinsamen Stellungnahme. Im Handwerk gebe es viele Möglichkeiten, Impulse | |
für Nachhaltigkeit zu setzen: „Häuser, aber auch Gewerbe- und | |
Industriebauten nach Passivstandard, neuartige Baustoffe, begrünte Dächer | |
oder sogar Fassaden, Photovoltaikanlagen“, nennt Schaefer als Beispiele. | |
Für Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) sind zudem | |
Teilzeitausbildungen eine Chance, neue Zielgruppen für eine Ausbildung im | |
Handwerk zu erschließen. Die Familienfreundlichkeit eines Unternehmens | |
spiele eine immer wichtiger werdende Rolle. „Dazu gehört zum Beispiel die | |
Teilzeitausbildung, damit auch Azubis mit Kind ihre Lehre absolvieren | |
können.“ [2][Vogt hatte der taz bereits letzte Woche gesagt], welche | |
Probleme sie auf dem Ausbildungsmarkt sieht – nicht nur im Handwerk. | |
16 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hwk-bremen.de/uber-uns/imagekampagne-des-deutschen-handwerks | |
[2] /Probleme-auf-Bremer-Ausbildungsmarkt/!5651627 | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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