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# taz.de -- Kinder ohne Schulplatz: Der nötige Nachdruck kommt spät
> In Tempelhof-Schöneberg sind 90 Kinder ohne einen Schulplatz – einige
> schon seit den Herbstferien. Wie kann das sein? Ein Wochenkommentar.
Bild: In Tempelhof-Schöneberg sucht der Bezirk für 90 Kinder einen Schulplatz
Es ist schon ein wenig verwunderlich: Da warten 90 Kinder in
Tempelhof-Schöneberg auf einen Schulplatz, einige von ihnen seit den
Herbstferien. Aber erst als die Geschichte zu Wochenbeginn an die
Öffentlichkeit gelangt, geht plötzlich alles ganz schnell.
Selbstverständlich gelte die Schulpflicht, äußerten sich Schulstadtrat und
Bildungssenatorin unisono. Und dass man optimistisch sei, nun binnen
weniger Tage Klassenräume und Personal aufzutreiben.
Die Kinder, die da teils seit Wochen auf einen Schulplatz warten, sind
Kinder mit einem Fluchthintergrund. Sie sollen zunächst in kleineren
Lerngruppen – den Willkommensklassen – vor allem Deutsch lernen, bevor sie
in reguläre Klassen kommen. Weil es immer wieder Bewegung gebe in den
insgesamt acht Wohnheimen für Geflüchtete im Bezirk, sei auch die
Warteliste auf einen Schulplatz entsprechend dynamisch, heißt es aus dem
Schulamt. Dass man inzwischen bei fast 100 Kindern angelangt ist, die nicht
zur Schule gehen können, ist allerdings schon einigermaßen bemerkenswert.
Bleibt die Frage nach dem Warum. Haben die Schulen zu wenige Räume? Oder
haben sie gefühlt zu viele andere Baustellen, als dass sie sich auch noch
um die Einrichtung einer Lerngruppe kümmern möchten? Und vor allem: Warum
wird den Schulen die Frage nach dem „Warum“ seitens der zuständigen Stellen
erst so spät mit dem nötigen Nachdruck gestellt?
Flüchtlingsunterkünfte sind nicht unbedingt die besten Orte für Kinder, so
etwas wie Integration passiert jedenfalls woanders – zum Beispiel in der
Schule. Und zwar nicht nur in der Willkommensklasse beim Deutschlernen,
sondern vor allem auch auf dem Pausenhof, beim Mittagessen, auf dem
Schulweg.
Vielleicht hätte die Priorität also darauf liegen sollen, die Kinder
überhaupt erst mal in die Schulen zu bringen – und wenn eine Schule keine
Willkommensklasse gründen will, dann eben in eine bestehenden Klasse. Da
ist die Sprachförderung dann erst mal suboptimal? In der
Gemeinschaftsunterkunft hätte das Kind überhaupt keine gehabt.
Insgesamt 26 Schulen hätten derzeit Willkommensklassen eingerichtet, sagt
Schulstadtrat Oliver Schworck (SPD) – weniger als die Hälfte der 60
öffentlichen Schulen im Bezirk. Jede Schule, die keine Lerngruppe hat, mag
dafür aus ihrer Sicht berechtigte Gründe haben. Aber dass das Schulamt
lediglich feststellen kann, dass sich offenbar keine Schule imstande sieht,
die Kinder aufzunehmen, und erst dann ein wenig forscher gegenüber den
Schulleitungen auftritt, wenn auch der öffentliche Druck steigt, wirkt
schon ein wenig verschlafen. Anders gesagt: Man hat den Eindruck, dass hier
der nötige Nachdruck gefehlt hat.
11 Jan 2020
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Willkommensklasse
Flüchtlinge
Brennpunktschulen
Schwerpunkt Flucht
Katarina Niewiedzial
Quereinsteiger
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