# taz.de -- Kolumne Berliner Galerien: Die Ästhetik von Katastrophen | |
> Kolumnist Kito Nedo betrachtet Anti-Denkmäler, fiktive Wahlplakate und | |
> eine ausrangierte Diasammlung. | |
Bild: Einladung zu Klaus Webers Ausstellung „Nonuments“ | |
Philosophisch und charmant ist die Kunst von Klaus Weber. Im | |
[1][Volksbühnenpavillon ] sind seine „Nonuments“ zu sehen – spielerische | |
Anti-Denkmäler in Modellform, die vom feinen anarchistischen Humor des | |
Berliner Künstlers zeugen. | |
In dieser schönen, von Elodie Evers kuratierten Schau, [2][die mit einer | |
Performance des Künstlers eröffnet wurde], ist unter anderem ein echter, | |
sich ständig wandelnder Bierflaschen-Schneemann mit Zigarettenstummel zu | |
sehen, ein brennendes Versicherungshauptquartier und ein umgekippter | |
Linienbus, der gegen einen Hydranten gefahren ist. Alles wechselt seinen | |
Aggregatszustand. Jede Katastrophe hat ihre ästhetische Seite (bis 16.2., | |
Glaspavillon an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Tag u. Nacht). | |
Politik holt Kunst ein | |
Tagespolitisch wirkt die Gruppenschau mit dem Titel „Die Zukunft der SPD“ | |
in der Schöneberger [3][Zwinger Galerie]. Dabei ist es schon länger her, | |
dass das Kuratorenduo Hans-Jürgen Hafner und Gunter Reski über dreißig | |
Künstler*innen (u. a. Nadja Abt, Henning Bohl, Lutz Braun, Natascha Sadr | |
Haghighian, Korpys/Löffler, Claudia Kugler, Michaela Meise, Stefan Panhans, | |
Manfred Pernice, Heidi Specker, Wawrzyniec Tokarski, Suse Weber, Alex | |
Wissel, Ina Wudtke und Steffen Zillig) nach Arbeiten zum Thema gefragt | |
hatte. | |
Viele Beiträge ähneln fiktiven Wahlplakaten und lassen an eine | |
Wanderausstellung denken. Auch sehr gelungen: die installative SPD-Bar von | |
Claus Föttinger, der während des vergangenen Parteitags live vom Fernseher | |
zeichnete. Ein Jünglingsbild von Norbert Bisky trägt die Züge des | |
Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert. | |
Und Michaela Meise schreibt auf ihrem Wahlplakatsentwurf in Batik-Optik: | |
„Hey Barista, Yoga-Lehrer, Putzhilfe, Babysitterin! Das Prekariat wählt | |
SPD. Menschen ohne Arbeitsverträge brauchen Krankenversicherung, | |
Grundrente, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bei Krankheit ihrer | |
Kinder.“ Das ist wohltuend unironisch und zukunftsweisend (bis 22. 2., | |
Di.–Sa. 12–18 Uhr, Mansteinstr. 5). | |
Verblichene Bilder | |
Das projizierte Bild spielt eine besondere Rolle in der Kunstwissenschaft, | |
die eine ihrer Methoden im vergleichenden Sehen hat. In seiner 63-teiligen | |
Foto-Serie mit dem Titel „Archiv“ holt Martin Zellerhoff eine ausrangierte | |
kunsthistorische Diasammlung mit einer konzeptuell-fotografischen Geste | |
wieder in die Kunst zurück. | |
Auf den Abzugsbögen sind bis zu 24 dieser Dias zu sehen, teilweise | |
verdunkelt, rotstichig und verblichen. Im [4][Verein zur Förderung von | |
Kunst und Kultur am Rosa-Luxemburg-Platz] trifft altmeisterliche Kunst in | |
wunderbar seltsamen Kombinationen auf den Gegenwartskanon (bis 24. 1., | |
Mi.–Fr. 14–18 Uhr, Linienstr. 40). | |
8 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.volksbuehne.berlin/de/programm/9335/klaus-weber-nonuments/9336 | |
[2] https://youtu.be/SqGX49NWy-w | |
[3] http://www.zwinger-galerie.de/ | |
[4] http://www.rosa-luxemburg-platz.net/ | |
## AUTOREN | |
Kito Nedo | |
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