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# taz.de -- Die Wahrheit: Pfaffenalarm vor Weihnachten
> Nicht einmal in einem Konsumtempel verschonen einen irische Missionare.
> Dabei hat Irlands Kirche andere sorgen: Die Hostien werden knapp!
Bild: Hüterin der Moral: die katholische Kirche wacht über die Entbindungskli…
Schnell noch letzte Weihnachtseinkäufe tätigen. Das Skycourt Shopping
Centre in der Nähe des Flughafens Shannon ist übersichtlich. Plötzlich
werde ich von einem Mann in Schwarz angesprochen. Ob ich einen Moment Zeit
habe, um über Gott zu reden oder eine Beichte abzulegen? O Gott, ein
Pfaffe, und er ist nicht allein. Sechzehn katholische Priester und ein
Bischof sind unterwegs, um ahnungslose Shopper einzufangen.
Wo kommen die alle her? Eigentlich herrscht doch akuter Nachwuchsmangel –
also Mangel an jungen Leuten, die Pfarrer werden wollen. Nachwuchs haben
katholische Pfaffen offiziell ohnehin nicht, denn wegen des Zölibats
ergreifen immer weniger junge Männer diesen Beruf. An Kindern dürfen sie
sich ja auch nicht mehr vergreifen, da achtet die Hierarchie neuerdings
drauf.
Außerdem sind die Themen, mit denen die Pfarrer hausieren gehen, ziemlich
verschnarcht. Der ehemalige apostolische Nuntius in Irland, Erzbischof
Charlie Brown, hatte 2017 vor seiner Versetzung nach Albanien die
Katholiken davor gewarnt, über Abtreibung, gleichgeschlechtliche Ehe und
Verhütungsmittel zu reden, da sie sonst zu Karikaturen würden. Eigentlich
darf man ja keine Witze über Namen machen, aber im Ernst: Charlie Brown
warnt davor, zur Karikatur zu werden?
Kommunion wird in dem Konsumtempel allerdings nicht angeboten. Man hat
wegen des Brexits Angst vor einer Hostienknappheit. Der Leib Christi wird
nämlich aus Polen über England importiert. Der Hoflieferant der irischen
Kirche, die Firma Desmond Wisley, hat sicherheitshalber sechs Millionen
Hostien geordert, um für das Fest gewappnet zu sein.
Der Wein kommt zwar direkt aus Spanien, aber man weiß bei dem zu
erwartenden Brexit-Chaos ja nicht, was alles passieren kann. Mit den
bestellten tausend Kisten sollte man eine Weile über die Runden kommen,
denn die Schäfchen bekommen ja nur ein winziges Schlückchen. Die Hirten
hingegen haben größeren Durst, und an dem Trick ihres Chefs, Wasser in Wein
zu verwandeln, haben sie sich bisher die Zähne ausgebissen.
Es gibt übrigens Schlimmeres als das Skycourt Shopping Centre. Wer in
Dublins vornehmer Einkaufsmeile Grafton Street eingekauft hatte, musste mit
Bono, dem Sänger der irischen Pop-Combo U2, rechnen. Der war mit seinem
Gitarristen The Edge aufgekreuzt und hatte zwei Lieder vorgetragen – für
eine Obdachlosenorganisation. Es gibt inzwischen rund 10.000 Obdachlose in
Irland. Würde die Band ihre Steuern bezahlen, könnte vielen von denen
geholfen werden.
Dem Priester, der mir in Shannon aufgelauert hat, beichte ich, dass ich
eine U2-Scheibe gekauft habe, weil sich mein Nachbar die zu Weihnachten
gewünscht hat. Ich werde zu drei Vaterunsern und dem Kauf der
Frank-Zappa-Gesamtausgabe verknackt. Dann sei die Sache für den da oben
vergessen.
23 Dec 2019
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Irland
Katholische Kirche
Hostien
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