# taz.de -- Die Wahrheit: Wilde Wasser sind teuer | |
> Braucht Dublin eine extrem kostspielige Anlage für Kanufahrer? | |
> Wassersportfreunde in der Stadtregierung sind jedenfalls begeistert. | |
Dublins Stadträte haben ihrem Geschäftsführer ein schönes | |
Weihnachtsgeschenk gemacht. Owen Keegan paddelt gerne, er hat bereits | |
25-mal an dem Rennen auf der Liffey zwischen Dublin und Kildare | |
teilgenommen. Nun hat die Stadtverwaltung beschlossen, dem 62-Jährigen eine | |
Wildwasser-Kanu-Anlage im Dubliner Hafen bauen zu lassen. Die supermoderne | |
Einrichtung wird 23 Millionen Euro kosten. | |
Ursprünglich waren die Baukosten mit 12 Millionen veranschlagt. | |
Normalerweise passt man die Kosten erst nach Baubeginn an, um die | |
Steuerzahler nicht zu erschrecken. In diesem Fall schert man sich nicht um | |
die öffentliche Meinung und hat den Preis noch vor dem ersten Spatenstich | |
fast verdoppelt. Man darf gespannt sein, was das feuchte Vergnügen am Ende | |
tatsächlich kosten wird – vielleicht 57 Millionen? | |
So viel zahlt Irland jede Woche an Zinsen für die Rettung der maroden | |
Banken, die ihren Managern zu Weihnachten wieder astronomische Boni zahlen, | |
damit sie sich eine Jahreskarte für die Wildwasseranlage leisten können. | |
Die Dubliner lechzen geradezu nach einer solchen Einrichtung, behauptet der | |
irische Kanu-Verband, dem Keegan angehört. Die Anlage habe aber nichts mit | |
seinem Paddelenthusiasmus zu tun, behauptet er. | |
Es gibt freilich auch Spielverderber, die sich fragen, warum Dublin eine | |
solche Anlage braucht. Angesichts des irischen Klimas könne man sich doch | |
auch kostenlos vom Regen durchweichen lassen und müsse nicht 50 Euro pro | |
Person Eintritt zahlen. | |
Das Areal am Hafen wäre ein perfekter Bauplatz für Wohnungen, finden | |
Obdachlosenverbände. Keegan findet das nicht. Die Obdachlosen, von denen es | |
offiziell 10.000 in Irland gibt, lieben Dublin doch auch so, behauptet | |
Keegan, weil die Serviceleistungen wegen ihrer „hohen Qualität eine | |
attraktive Option“ seien. Könnte ihn bitte jemand mit Handschellen an | |
Dublins O’Connell Bridge anketten? Nur für eine Nacht? | |
Die geplante Wildwasseranlage wird genau gegenüber dem Irischen | |
Emigrationsmuseum liegen. Das passt. Die meisten Auswanderer haben die | |
Insel verlassen, weil es hier keine Wildwasserstrecken gibt, sonst wären | |
sie bestimmt geblieben. Die Iren haben deshalb bei internationalen | |
Kanu-Wettkämpfen noch nie etwas gewonnen. Der Verband hat übrigens 3.800 | |
Mitglieder. Das sind 0,001 Prozent der Bevölkerung. | |
Brendan Kenny, Keegans Stellvertreter in Stadtrat, soll sich für Schneepolo | |
interessieren. Pferde gibt es ja genug in Irland. Aber Schnee? Das ist | |
natürlich eine Herausforderung. Einfacher hat es Kennys Assistent Dick | |
Brady, der gerne Octopush spielt. Das ist Unterwasserhockey, wofür man eine | |
große Lungenkapazität benötigt. Vielleicht kann er seinen Sport ja in der | |
neuen Wildwasseranlage praktizieren, während sein Chef Keegan im Kanu | |
darüber hinweg rauscht. Für die Sicherheit wäre auch gesorgt: Die Feuerwehr | |
will dort üben, wie man Ertrinkende rettet. | |
6 Jan 2020 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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