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# taz.de -- Kunstedition für Amnesty International: Der Kampf um freie Sicht
> Die Edition „Art 19 – Box One“ von Amnesty International ist ein Best-o…
> KünstlerInnen von Kiki Smith bis Gerhard Richter haben dazu beigetragen.
Bild: Detail aus Yoko Ono, „A Piece of Sky“, 2019. Giclée-print / Serigraph
Die Edition, derzeit noch im MeCollectors Room in der Auguststraße in
Berlin zu sehen, ist bezwingend. Der Einfallsreichtum ihrer Beiträge
überrascht, in ästhetisch-medientechnischer wie
gesellschaftspolitisch-kritischer Hinsicht. Die amerikanische
[1][Bildhauerin Kiki Smith] etwa hat, ganz entgegen ihrer sonstigen
Vorliebe für Frauenfiguren, einen nackten, stark behaarten, sitzenden Mann
gezeichnet, dem sie in mühsamer Handarbeit ausgeschnittene Papierblüten
übergestreut hat.
Ein grandioses, paradoxes Sujet, denn in der Kunst sitzen sonst nur Frauen
nackt inmitten von Blumen. Und dann ist es ein abgestandenes Motiv zum
Davonlaufen. Aber der Mann, der diese Position einnimmt, wirkt rührend und
komisch; wie ein Fragezeichen sitzt er da und scheint zu sagen: Überleg
doch mal, was ich dir mitteilen könnte.
[2][Auch Yoko Ono] argumentiert mit „A Piece of Sky“ paradox. Das Puzzle,
das sie entworfen hat, ist schon als monochrom weiße Fläche fertig
zusammengesetzt. Nur an einer Stelle fehlt ein letztes Puzzleteil. Die
Leerstelle gibt den Blick auf einen blauen, nur mit ein paar weißen
Wölkchen durchsetzten Himmel frei. Diesen Himmel wiederzugewinnen, das
dürften sich derzeit viele Australier wünschen.
Und tatsächlich ist der Wunsch nach freier Sicht und der Kampf für freie
Sichtweisen der Grund, warum es die in der Auguststraße ausgestellte
Edition überhaupt gibt.
Die Idee dazu stammt vom Berliner Unternehmer und langjährigen Unterstützer
von Amnesty International, Jochen Wilms. Als er 2012 mit Bill Shipsey – dem
Begründer von Art for Amnesty – das Song-Projekt „Toast to Freedom“
entwickelte, lernte er, dass schon Pablo Picasso Kunstwerke für Amnesty
gestiftet hatte. Ließe sich ein solcher Geist künstlerischer Großzügigkeit
nicht wiederbeleben? Mit Gerhard Richter statt Picasso?
Ließ er. Aber es dauerte. Jetzt, mit dem Start in die 20er Jahre des 21.
Jahrhunderts, liegt die Auflage mit zehn großen Grafiken vor. Sie nennt
sich [3][„Art 19 – Box One“] mit Bezug auf den Artikel 19 der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte, wo es heißt: „Jeder hat das Recht auf
Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die
Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art
und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu
empfangen und zu verbreiten.“
Dass gut Ding Weile haben wollte, lag auch an Mike Karstens, mit dem das
Projekt stand und fiel. Der Galerist und legendäre Kunstdrucker aus Münster
wusste, auf welche Arbeit er sich einließ, wollte er doch die Vorschläge
von Künstlern und Künstlerinnen wie Ayşe Erkmen, Shilpa Gupta, Ilya und
Emilia Kabakov, William Kentridge, Shirin Neshat, Gerhard Richter, Chiharu
Shiota, Rosemarie Trockel und eben Kiki Smith und Yoko Ono adäquat
umsetzen.
## Begeisterung über die Ausführung
Dass sie jetzt sämtlich begeistert sind von seiner Ausführung, wundert
keinen Moment, steht man erst vor den Arbeiten. Schaut man dann noch in die
Vitrinen, wo verschiedene Schritte des Arbeitsprozesses offengelegt sind,
wird einem klar, wie schwierig die Aufgabe oft war.
Obwohl die Edition Art 19, vielleicht wegen des hohen Frauenanteils, nicht
wirkt wie ein Best-of, ist sie das selbstverständlich. Sie muss es auch
sein, denn die Auflage, die es hundert Mal gibt, will zugunsten von Amnesty
verkauft werden. Zum stolzen Preis von 50.000 Euro wendet sie sich denn
auch nicht an Gelegenheitssammler.
8 Jan 2020
## LINKS
[1] /Skulpturen-von-Kiki-Smith-in-Muenchen/!5482816
[2] /Retrospektive-zu-Yoko-Ono/!5377672
[3] https://www.art-19.com/
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
## TAGS
Amnesty International
zeitgenössische Kunst
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Ägypten
Julian Assange
Turner-Prize
Russland
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