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# taz.de -- Klimawandel und Skispringen: Selbst gemalter Winter
> Der Klimawandel beschäftigt die Beteiligten der Vierschanzentournee. Die
> norwegische Mannschaft will das erste klimaneutrale Team sein.
Bild: Sprung ins Grüne: Stefan Kraft beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenk…
Die Bergiselschanze ist der Stolz der Österreicher. Majestätisch thront der
Bakken über Innsbruck. Er ist nicht nur eine schlichte Sportstätte, auf der
die Skispringer ihren Besten ermitteln. Dank der ungewöhnlichen Ideen der
Londoner Architektin Zaha Hadid ist er auch ein bauliches Meisterwerk.
Trotzdem geht der Schanze in diesen Tage etwas ab. Etwas nackt steht sie
da. Der Schnee ringsum als schmückendes Kleid fehlt.
Die Skispringen der Vierschanzentournee können trotzdem stattfinden. „Mit
3.000 Kubikmetern Schnee haben wir genügend Material“, ließ Florian Stern
vom Organisationskomitee in Oberstdorf vor dem Auftaktspringen mitteilen.
Das weiße Gold wurde im Allgäu zusammengekratzt – natürlicher Altschnee von
den umliegenden Parkplätzen wurde mit maschinell hergestelltem Schnee aus
dem Langlaufstadion Ried gemischt.
„In Innsbruck und Bischofshofen hat man teilweise länger beschneien können
als in Oberstdorf und könnte dort zur Not noch auf weitere Reserven
zurückgreifen“, so Tourneepräsident Johann Pichler. Entsprechend bot auch
die Olympiaschanze in Garmisch-Partenkirchen beim Neujahrsspringen ein
trostloses Bild. Die große Schanze war weiß belegt, auf den kleinen
Schanzen daneben lagen nur die Netze, die das Abrutschen des Schnees
verhindern sollen.
Mit etwas Fantasie betrachtet, könnte man sagen, dass die Natur den
Menschen mit dem tristen Grün-Braun und weißen Bändern die Zunge
herausstreckt. Der Klimawandel hat längst die Tournee erreicht.
## Probleme über den ganzen Winter
Die Auswirkungen der Erderwärmung beschäftigen nicht nur die Organisatoren
der einzelnen Veranstaltungen immer häufiger. Den Sportlern und Trainern
geht es ebenso. „Natürlich machen auch wir uns Gedanken über den
Klimawandel, er ist ja extrem präsent“, sagt Bundestrainer Stefan
Horngacher, „aber in unserer Situation können wir nichts ändern.“ Auch
Dreifachweltmeister Markus Eisenbichler hat erkannt, „dass das Klima ein
bisschen wärmer geworden ist“. Handeln tut not. „Wenn man nicht schnell
irgendetwas ändert, ist es fast nicht mehr aufzuhalten“, warnt Constantin
Schmid. Mit seinen 20 Jahren ist der Oberaudorfer nicht nur der Jüngste im
deutschen Weltcup, sondern auch der Fridays-for-Future-Generation
zugehörig.
Das norwegische Skisprungteam gleicht die unvermeidlichen Reisen durch
CO2-Zertifikate aus, der Fuhrpark soll auf Hybridmodelle umgerüstet und die
Ausrüstung wiederverwendet werden. „Wir sind ehrgeizig“, sagt Skispringer
Robert Johansson, „wir wollen die erste [1][klima-neutrale Mannschaft] der
Welt werden.“ Zumindest den deutschen Kollegen sind die Norweger damit
einen Schritt voraus.
Walter Hofer kennt die meteorologischen Nöte der Skisprungtour seit
Jahrzehnten. Der Renndirektor des internationalen Skiverbandes FIS hat
ebenfalls Veränderungen beobachtet: „Es ist nicht mehr ein Problem, das uns
am Anfang des Winters trifft oder am Ende, sondern es kann zu jedem
Zeitpunkt problematisch werden.“ Weil ihr Bedarf an Schnee im Gegensatz
[2][zu den alpinen Abfahrern] überschaubar ist, können sich die Skispringer
noch gegen warme Winter wappnen. Zunächst mit Kunstschnee. Trotzdem
beeinträchtigt dies das eigentlich besondere Flair. „Natürlich ist es viel
schöner mit Schnee, darum macht es einem schon Sorge, dass man irgendwann
gar nicht mehr auf Schnee springt“, sagt Schmid.
Um den Sprungbetrieb am Laufen zu halten, wurden mit Matten am
Aussprunghügel und durch eine gekühlte Keramik-Eisspur Alternativen
geschaffen. „Wir haben nicht diesen Druck der permanent kalten
Temperaturen“, erklärt Horst Hüttel, der Teammanager der deutschen
Weitenjäger. Zynisch sagt Norwegens Trainer Alexander Stöckl: „Wenn kein
Schnee mehr vorhanden ist, dann malen wir halt die Matten weiß an.“
4 Jan 2020
## LINKS
[1] /Die-CO2-Bilanz-des-Fussball/!5624347
[2] /Wintersport-und-Klimawandel/!5554906
## AUTOREN
Klaus-Eckhard Jost
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Norwegen
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