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# taz.de -- Vierschanzentournee vor der Entscheidung: Großes Finale für vier …
> Trotz eines verpatzten Sprunges kann Karl Geiger noch auf den Gesamtsieg
> der Vierschanzentournee hoffen. Größter Rivale ist der Pole Dawid
> Kubacki.
Bild: Schwierige Windverhältnisse: Karl Geiger beim ersten Sprung in Innsbruck
Wenn Eheleute vor den Standesbeamten treten, dann versprechen sie sich
gegenseitig zu helfen – in guten wie in schlechten Zeiten. Auch bei
Sportlern zahlt es sich aus, wenn sie an Bewährtem festhalten. Vor allem
wenn es auf und ab geht.
Für Karl Geiger war die Vierschanzentournee gut gelaufen. Zweiter Platz bei
seinem Heimspringen in Oberstdorf, zweiter Platz beim Neujahrsspringen in
Garmisch-Partenkirchen. Der erste Sieg eines deutschen Skispringers bei der
traditionsreichen Veranstaltung nach 18 Jahren, als Sven Hannawald als
Erster alle vier Springen gewinnen konnte, schien in greifbarer Nähe.
Bei der Siegerehrung im Auslauf der Olympiaschanze hatte der 26-Jährige
schon einmal Kontakt mit dem goldenen Adler aufgenommen. Das Objekt der
Begierde stand neben dem Podest. Es war nur ein schüchterner Blick, den er
auf die Trophäe warf. „Der Adler sieht wirklich schön aus“, sagte er, „…
vorerst gilt: Nur gucken, nicht anfassen.“
Trotz seines Höhenflugs wirkte der Allgäuer stets sehr kontrolliert.
Überschäumende Emotionen sind nicht seine Art. „Das entspricht nicht seiner
Persönlichkeit“, charakterisiert ihn Stefan Horngacher, „Karl war noch nie
der impulsive Typ.“ Und nach einer kurzen Pause ergänzt der Bundestrainer:
„Wer sich zu sehr freut, verbraucht zu viel Energie.“ Wenn sich einer mit
Energie auskennt, dann Karl Geiger, der kurz vor der Tournee sein Studium
der Umwelt- und Energietechnik an der Hochschule Kempten mit dem Bachelor
abgeschlossen hat.
## Schadensbegrenzung in Innsbruck
Dieser Charakterzug hat ihm beim dritten Springen in Innsbruck geholfen.
Denn auf der Bergiselschanze, auf der er im Frühjahr noch Vize-Weltmeister
im Einzel und den Titel mit dem Team gewonnen hatte, erlebte er einen
schlechten Moment. Schon nach 117,5 Metern war er im ersten Durchgang
gelandet. „Der Sprung war nicht die feinste Klinge“, sagte Geiger. Hinzu
kamen schlechte Bedingungen.
Der Traum vom Tourneesieg schien geplatzt. Geiger verzog nur kurz sein
Gesicht. Danach konzentrierte er sich auf den zweiten Durchgang. Der ist
ihm mit 126 Metern gut gelungen. Der achte Platz war Schadensbegrenzung.
Zwar war er in der Gesamtwertung auf den dritten Platz zurückgefallen, doch
der Rückstand zum neuen Spitzenreiter Dawid Kubacki beträgt vor dem
abschließenden Springen in Bischofshofen etwa 7,30 Meter. Das ist durchaus
machbar.
Ohne groß aufzufallen hat nun Dawid Kubacki die Führung in der
Gesamtwertung übernommen. Der 29-jährige Pole war bei den ersten beiden
Springen jeweils Dritter hinter Geiger geworden und schaffte es in
Innsbruck als Zweiter wieder aufs Podest. „Ein Platz auf dem Podium fehlt
noch“, sagte er, „ich werde versuchen dies zu erledigen.“ Es gab in den 67
Austragungen acht Springer, die ohne einen Tagessieg am Ende die Tournee
gewonnen haben. Ob mit oder ohne Sieg – die Chance auf den Gesamtsieg
stehen nicht schlecht für den Springer aus der Nähe von Zakopane. Bei den
vergangenen 25 Austragungen war 22-mal der Gesamtsieger bereits nach dem
Springen von Innsbruck vorn.
[1][Bundestrainer Horngacher] verfolgt zwangsläufig sehr aufmerksam
sämtliche Springer. Nach Geigers Patzer in Innsbruck stellte er fest.
„Dawid hat noch keinen Fehler gemacht, eigentlich wäre er jetzt dran mit
einem Fehler.“ Horngacher, bis vor seinem Engagement beim Deutschen
Skiverband drei Jahre Cheftrainer des polnischen Teams, vergleicht seinen
ehemaligen Schüler und seinen aktuellen Vorspringer Geiger. „Beide sind von
der Statur her ähnlich große Springer, haben ähnliche Hebelverhältnisse“,
urteilte er. Nach kurzer Überlegung fügte er an: „Wobei ich den Karl höher
einschätze als den Dawid.“
Doch die 68. Austragung der Tournee beschränkt sich nicht nur auf einen
Zweikampf zwischen Geiger und Kubacki. Plötzlich mischt noch ein junger
Norweger die Szenerie auf. Marius Lindvik hat die letzten beiden Springen
gewonnen.
Nicht vergessen sollte man im großen Finale den Vorjahressieger [2][Ryoyu
Kobayashi]. Auch wenn der 23-Jährige nach Platz 14 in Innsbruck hinter
Geiger in der Gesamtwertung auf Platz vier zurückgefallen ist, beträgt auch
dessen Abstand auf Spitzenreiter Kubacki nur etwa siebeneinhalb Meter. Und
der kleine Japaner weiß, dass auf schlechte Zeiten schnell wieder gute
folgen können.
5 Jan 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Klaus-Eckhard Jost
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