# taz.de -- Skisprungwunder Österreich: Der Geist von Stams | |
> Die Skisprung-Teams der Topnationen werden fast alle von einem | |
> österreichischen Trainer betreut. Warum sind die Coaches so begehrt? | |
Bild: Die Trainer von Deutschland (Werner Schuster, orange Mütze), Polen (Stef… | |
Garmisch-Partenkirchen taz | Das Podium beim Neujahrsspringen in Garmisch | |
war bunt gemischt. Auf der obersten Stufe stand ein Norweger, auf Platz | |
zwei ein Pole, Dritter wurde ein Österreicher. Ein Springer aus dem | |
deutschen Team setzte die Reihe als Vierter fort. | |
Doch hinter den Kulissen ist’s vorbei mit der Vielfalt. Denn alle vorderen | |
Springer werden von Trainern aus Österreich trainiert. Austrias | |
Skisprungtrainer sind seit Jahren in aller Welt begehrt. Heinz Kuttin ist | |
nach einem Ausflug nach Polen wieder in der Heimat gelandet, Werner | |
Schuster ist nach einem einjährigen Intermezzo bei den Schweizern seit 2008 | |
der Cheftrainer in Deutschland, Alexander Stöckl gibt seit vier Jahren in | |
Norwegen die Richtung vor, und Stefan Horngacher trat im Sommer in Polen | |
seine erste Stelle als Chef an. Dazu kommen noch Richard Schallert bei den | |
Tschechen und Andreas Mitter in Finnland. | |
Bei der Ursachenforschung fällt immer wieder der Name Stams. In dem kleinen | |
Ort im österreichischen Inntal befindet sich seit 1967 das Skigymnasium, in | |
dem die schulische wie sportliche Ausbildung koordiniert werden. Mehr als | |
100 Goldmedaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften haben | |
Absolventen dieser Kaderschmiede errungen. Und jeden Winter werden es mehr. | |
Auch viele erfolgreiche Trainerkarrieren haben dort ihren Anfang genommen. | |
Stöckl sagt: „Im Skigymnasium Stams, wo alle Trainer schon mal gearbeitet | |
haben, wo sie schon als Schüler waren, sind die Grundlagen gelegt worden.“ | |
Die Grundlagen basieren auf einem einheitlichen Ausbildungssystem. In ihren | |
ersten Jahren kümmern sich dann die jungen Trainer um die Talente, führen | |
sie behutsam an die Weltspitze heran. So hatte Werner Schuster während | |
seiner Zeit in Stams mit Gregor Schlierenzauer, dem elffachen Weltmeister | |
und zweimaligen Tourneesieger, gearbeitet. | |
## Man kennt und schätzt sich | |
„Es ist genial, wie weit wir es gebracht haben, dass wir alle unseren Platz | |
gefunden haben“, sagt Bundestrainer Schuster. Diese gemeinsame Herkunft | |
verbindet. „Wir haben oben auf dem Turm unseren Spaß, flachsen herum“, sagt | |
Stefan Horngacher und ergänzt: „Jeder gratuliert dem anderen. Aber jeder | |
weiß auch, dass er am nächsten Tag wieder angreifen muss. Das ist | |
eigentlich ganz cool.“ | |
Trotz aller Konkurrenz ist das Verhältnis der Coaches untereinander von | |
hoher Wertschätzung geprägt. „Alex ist ein fairer Sportsmann“, beschreibt | |
Schuster seinen Kollegen, „er war als Springer ein akribischer Arbeiter, | |
und das ist er auch als Trainer.“ | |
Zum Wissenstransfer aus Österreich hinaus in die Springerwelt hat Stefan | |
Horngacher seine eigene Sichtweise. „Es ist mein Knowhow“, sagt der | |
Trainer, der mit der ehemaligen deutschen Physiotherapeutin Nicole Hoffmann | |
verheiratet ist und in Titisee-Neustadt wohnt. Zumal er schon in mehreren | |
Ländern gearbeitet hat. Vor mehr als zehn Jahren war der heute 47-Jährige | |
schon einmal in Polen. Er betreute den Nachwuchs, Kuttin war sein Chef. | |
Danach war er von 2006 an zunächst Stützpunkttrainer im Schwarzwald und | |
später Schusters Assistent. | |
Profitieren konnte er nur bedingt von seinen früheren Kenntnissen. „Ich | |
weiß natürlich, wie es in Polen läuft, wie die Zusammenhänge sind“, sagt | |
er. Voraussetzung für die Karriere als Trainer war nicht zwangsweise, dass | |
sie auch als Sportler erfolgreich waren. Während Kuttin und Horngacher | |
immerhin zum Team gehörten, das 1991 im Fleimstal Gold im Teamwettbewerb | |
gewonnen hat, kamen Schuster, Stöckl und Mitter nie über die zweite Reihe | |
hinaus. Oder wie es Schuster ausdrückt: „Wir waren passabel, aber keine | |
Heroen.“ | |
Das mit den Helden ist immer so eine Sache. Heinz Kuttin kann sich auch | |
noch an andere Zeiten erinnern. Auch in Österreich. „Ich kann mich noch an | |
eine Phase erinnern, da waren die finnischen Trainer sehr gefragt.“ Die | |
hießen Mika Kojonkoski und Kari Ylianttila. Doch Österreichs Cheftrainer | |
sieht noch keinen Umschwung. „Wir hätten noch ein paar Trainer, die nur | |
darauf warten, ins Ausland zu gehen.“ Etwa Florian Liegl. Der | |
Nachwuchstrainer hat im vergangenen Sommer Andreas Kofler wieder zu alter | |
Stärke geformt. Und würde gerne mit seinen Landsmännern auf dem Sprungturm | |
stehen. | |
2 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Eckhard Jost | |
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