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# taz.de -- Skiflug-WM 2016: Prevc fliegt zum Titel
> Der Slowene Peter Prevc holt bei der diesjährigen Weltmeisterschaft Gold.
> Sein Vorgänger Severin Freud schafft es nur auf Platz sechs.
Bild: Abgehoben: Peter Prevc beim Sprung in Bad Mitterndorf.
Peter Prevc – wer sonst. Der Slowene hat alle wichtigen Skispringen des
Jahres 2016 gewonnen. Inklusive Gesamtwertung der Vierschanzentournee. Am
Samstag krönte der Slowene diese eindrucksvolle Serie mit dem WM-Titel beim
Skifliegen am Kulm. Er ist damit Nachfolger von Severin Freund, der
Sechster wurde.
Wie souverän der 23-Jährige diesen Titel holte, war Wahnsinn. Zweimal
verbesserte er den Schanzenrekord, den Severin Freund 2015 mit 237,5 Metern
aufgestellt hatte. Zuerst segelte der Überflieger aus Kranj auf 243 Meter,
dann packte er noch einen Meter drauf. „Wenn unten mehr Aufwind herrscht
und dadurch die Geschwindigkeit nicht so hoch ist, kann man noch größere
Weiten stehen.“ Ein Ende seiner Weitenjagd ist nicht absehbar.
Deshalb gab’s auch keine Diskussionen, dass der Titel wegen einer nahenden
Schneefront schon nach drei Durchgängen vergeben wurde. „Mit Prevc haben
wir den richtigen Sieger gesehen“, lautete das Urteil von Bundestrainer
Werner Schuster. „Drei Sprünge reichen aus, dass sich das alles nivelliert
und dass die Richtigen vorne sind“, sagte Konkurrent Freund.
Vorne war auch Kenneth Gangnes. Der Norweger hatte die Führung erst im
Schlussdurchgang abgeben müssen. „Ich habe Gold nicht verloren“, sagte der
Springer aus Gjovik, der schon vor acht Jahren sein Weltcup-Debüt gab. Der
26-Jährige ist eine der Überraschungen der Saison. In Kuusamo hatte er
seinen ersten Weltcup-Sieg geholt, er liegt auf Platz drei der
Gesamtwertung. Seine Karriere verlief bislang nicht ohne Rückschläge.
„Kenneth hat sich zweimal das Kreuzband am gleichen Knie gerissen“, so
Trainer Alexander Stöckl. Jetzt ist er zwei Jahre verletzungsfrei. „Es war
ein harter Weg zurück“, sagte Gangnes, „ich freue mich über diese
Medaille.“
Überhaupt beeindruckte das norwegische Team – in Mannschaftsstärke. Fünf
Athleten waren beim letzten Skispringen in Willingen in die Top Ten
gekommen. Bei der Skiflug-WM belegten Johann Andre Forfang trotz Sturz als
Vierter und Anders Fannemel auf Rang sieben Spitzenplätze.
## System umgekrempelt
Alexander Stöckl gab sich überrascht: „Dass es so gut läuft“, sagt er,
„damit konnte man ja nicht rechnen.“ Schließlich haben vor einem Jahr
Anders Jacobsen und Anders Bardahl ihre Karrieren beendet. Vorher hatten
sie mit Rune Velta und Fannemel den Team-Titel bei der WM in Falun
gewonnen. Insgeheim hatten sich die Verantwortlichen deshalb auf eine
Durststrecke eingestellt. „Dass die jungen Athleten so starten und aufs
Podium springen, das ist schon speziell“, sagt Stöckl.
Diese Entwicklung ist aber auch Lohn für Stöckls Arbeit. 2011 war der
Österreicher von den Norwegern engagiert worden. Er hat deren System
ordentlich umgekrempelt. In vielen kleinen Zentren arbeiteten die Trainer
völlig autonom mit ihren Athleten, eine klare Linie fehlte jedoch.
„Norwegen ist ein großes Land, es war nicht einfach, alle Trainer an einen
Tisch zu bekommen. Es gab Grüppchenbildung, Machtspiele“, erzählt Stöckl.
Bei vielen Besuchen an den Stützpunkten erläuterte er seine Philosophie.
Und die trug Früchte. „Es sind in der Nachwuchsarbeit Dinge umgesetzt
worden, die von mir vorgeschlagen wurden“, sagt der 42 Jahre Trainer voller
Stolz.
## Ehrgeiz angestachelt
Mittlerweile wird speziell mit den Weltcupspringern nicht mehr so viel in
den regionalen Stützpunkten, sondern mehr zentral gearbeitet. Drei
zusätzlich eingestellte Trainer sorgen dafür, dass junge Talente schneller
an das Niveau der Nationalmannschaft herangeführt werden. Zur Entwicklung
haben indirekt auch Bardahl und Jacobsen durch ihre Rücktritte beigetragen.
„Wenn ein Großteil der Plätze durch arrivierte Athleten besetzt ist, die
immer konstante Leistungen bringen, dann dämpft das die Motivation zu einem
gewissen Grad“, erklärt der Coach, der vor seinem Engagement in Norwegen am
Skigymnasium Stams gearbeitet hat.
Durch ein offenes System hat er den Ehrgeiz der jungen Athleten
angestachelt. Auch von denen, die vorher noch nicht in der
Nationalmannschaft waren. Wie Johann Andre Forfang. Oder Joachim Hauer.
Auch wenn er beim Skifliegen nicht dabei war, hat er sich im Team
profiliert.
Peter Prevc hat dies längst getan. An der Spitze.
17 Jan 2016
## AUTOREN
Klaus-Eckhard Jost
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Sotschi 2014
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