Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wahlkampf in Großbritannien: Eine Arena für Tories und Libdems
> Im wohlhabenden Wahlkreis Richmond Park konkurrieren die Konservativen
> mit den Liberaldemokraten. Die punkten mit ihrer Pro-EU-Haltung.
Bild: Sarah Olney, 42, liberaldemokratische Herausforderin im Wahlkreis Richmon…
Richmond Park taz | Auf der Terrasse eines kleinen Restaurants in Ham,
Richmond, sitzt eine etwa 50-jährige Dame, und füttert ihren Hund mit einem
für ihn bestellten Wurstbrot. Da bemerkt die Dame eine Frau am
Nachbartisch: Es ist Sarah Olney, 42, liberaldemokratische Herausforderin
des hier im Wahlkreis Richmond Park derzeit amtierenden Konservativen Zac
Goldsmith, 44. Die Hundebesitzerin fragt die Liberaldemokratin: „Stimmt es,
dass ich Jeremy Corbyn kriege, wenn ich Sie wähle?“ Das will die Dame mit
dem Hund auf einem Flugblatt Goldsmith’ gelesen haben – dass sie mit einer
Stimme für die Liberaldemokraten dem altlinken Labour-Chef ins Amt helfe.
Den könne sie nicht ausstehen, sagt sie.
Wohlhabendere Gegenden im Süden Englands wie Richmond sind im britischen
[1][Wahlkampf] zur Kampfarena zwischen den Konservativen und den
[2][Liberaldemokraten] herangewachsen. Viele dieser derzeit oft von
Abgeordneten der konservativen Tories gehaltenen Orte hatten sich 2016 für
den Verbleib in der EU ausgesprochen, in Richmond sogar mit einer Mehrheit
von 71,31 Prozent.
Die Liberaldemokraten treten mit einer klaren Pro-EU-Haltung an, nach dem
Willen der Partei soll der Brexit ganz abgesagt werden. Eine Mehrheit für
die Liberalen in Westminster ist außer Reichweite – doch könnten sie
wichtig werden, wenn es um die Unterstützung für eine Minderheitsregierung
geht.
Hier im Wahlkreis Richmond Park haben die Liberaldemokraten eine lange
Tradition: Bevor Goldsmith den Wahlkreis 2010 erstmals gewann, waren sie
hier seit 1997 ungeschlagen an der Macht. 2017 war die Buchhalterin Olney
dem Multimillionär Goldsmith um nur 45 Stimmen unterlegen.
Heute muss Olney aber erst mal Überzeugungsarbeit im Restaurant leisten.
Sie verneint die Frage zu Corbyn und erklärt im Gegenzug, dass eine Stimme
für die Tories das Gesundheitssystem aufs Spiel setze. „Goldsmith hat hier
im Wahlkreis eine sehr negative Wahlstrategie angewandt“, erklärt Olney der
taz. Damit meint sie eine Strategie, die darauf abzielt, Gegner in Verruf
zu bringen.
Damit ist Goldsmith schon vorher aufgefallen: Als er 2016 zur Wahl des
Londoner Bürgermeisters antrat, stellte er den muslimischen Gegenkandidaten
Sadiq Khan im Wahlkampf als Terroristensympathisanten dar. Das haben manche
dem Kandidaten nicht verziehen, der sich derzeit als Umweltschützer,
Tierliebhaber und Gegner des Ausbaus des Flughafen Heathrow inszeniert.
Derzeit sitzt Goldsmith sogar als Umweltminister im Kabinett. Sein Premier
Boris Johnson wollte sich einst vor die Bulldozer der geplanten
Heathrowerweiterung werfen – Johnson hat jedoch über den Flughafen seit
seinem Antritt als Außenminister unter Theresa May keinen Mucks mehr
gemacht. Sein Schweigen wird auch Goldsmith nicht helfen.
Olney ist genauso gegen den Ausbau des Flughafens wie Goldsmith – und klar
für den Verbleib in der EU. Der Konservative dagegen ist überzeugter
Brexiteer. In den Vorgärten der Straßen Richmonds stehen zumindest viel
mehr Wahlplakate ihrer Partei als von den Konservativen. Bei einer
Straßenumfrage geben viele neuere britische StaatsbürgerInnen an, für sie
stimmen zu wollen. Wie die Familie Weber, deren Kinder in die Deutsche
Schule in Richmond gehen. Die neunjährige Elli nennt Boris Johnson einen
„nicht so netten Mann“ und will sogar wissen, dass viele Eltern der Kinder
in ihrer Schule auch die Liberaldemokraten wählen.
Anthony und Elizabeth Dixon, 45 und 36, sind für Labour, wollen wegen des
Mehrheitswahlrechts aber taktisch wählen. „Da Labour hier in Richmond keine
Chance hat, wählen wir beide die Liberaldemokraten“, erklärt Elizabeth
Dixon. Am Ende gehe es darum, zu vermeiden, dass die Tories die Wahl
gewinnen.
Im Zentrum Richmonds vor den großen Villen will niemand seinen Namen
nennen. Wie immer, ich wähle die Tories, sagen einige. Doch für manche
steht ein Wechsel an. „Ich habe immer konservativ gewählt“, verrät eine
Frau. „Die Konservativen haben so ein Durcheinander mit dem Brexit kreiert,
ich werde denen mit meiner Stimme diesmal ein Signal senden.“
12 Dec 2019
## LINKS
[1] /Wahlkampf-in-Grossbritannien/!5634902
[2] /Parteitag-der-britischen-Liberalen/!5623006
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
## TAGS
Wahlen in Großbritannien
Großbritannien
Jeremy Corbyn
Boris Johnson
Jo Swinson
Labour Party
Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt Brexit
Wahlen in Großbritannien
Lesestück Recherche und Reportage
Wahlen in Großbritannien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wahl in Großbritannien: Wahlsieg mit Chancen
Boris Johnsons Erfolg bringt dem Land Stabilität. Die Linke hat nun die
Möglichkeit, sich neu zu erfinden.
Wahl in Großbritannien: Johnson triumphiert, Corbyn geht
Die regierenden Konservativen räumen bei der Wahl ab. Labour rutscht auf
das schlechteste Ergebnis seit mehr als 80 Jahren.
Wahlkampf in Großbritannien: Unsichere Zeiten in Schottland
Im Norden stellen sich den Wähler:innen viele Fragen: Brexit oder nicht?
Unabhängigkeit oder nicht? Ein Besuch in der schottischen Grenzregion.
Vor Parlamentswahlen in Großbritannien: Nur die Queen hält sich
Das Vertrauen in die Politik ist weg, Gewissheiten sind passé. Wenn
Großbritannien am Donnerstag wählt, geht es um viel mehr als nur den
Brexit.
Wahlkampf in Großbritannien: Labours Brennpunkt
Die Labour-Partei versinkt in Antisemitismusvorwürfen. Im vergangenen
Frühjahr trat Luciana Berger deswegen aus. Nun stellt sich sich selbst zur
Wahl.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.