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# taz.de -- Neuer Präsident in Argentinien: „Wir sind zurück!“
> Mit einer großen Feier übernimmt der Mitte-links-Politiker Alberto
> Fernández Argentiniens Präsidentschaft. Größte Herausforderung ist die
> desolate Wirtschaft.
Bild: Der argentinische Präsident Fernandez mit Vizepräsidentin Fernandez de …
Buenos Aires taz | Argentinien hat einen neuen Präsidenten. Am Dienstag
legte der Mitte-links-Politiker Alberto Fernández vor dem Kongress in
Buenos Aires den Amtseid ab. Der 60-jährige Fernández löst den
konservativen Mauricio Macri ab, gegen den er sich [1][Ende Oktober]
bereits im ersten Wahlgang mit 48 Prozent der Stimmen durchgesetzt hatte.
Vizepräsidentin von Fernández wird die frühere Präsidentin Cristina
Fernández de Kirchner (2007–2015).
Bei brütender Hitze startete am frühen Nachmittag die Fiesta Popular vor
dem Präsidentenpalast. „Alberto, querido – el pueblo está contigo“
(Alberto, Lieber – das Volk ist mit Dir) skandierte die Menge auf der aus
allen Nähten platzenden Plaza de Mayo, als der neue Präsident kurz nach 20
Uhr Ortszeit auf die Bühne vor dem Präsidentenpalast trat und das
Thermometer noch immer 35 Grad anzeigte.
Fernández hatte bereits am Tag zuvor Volksnähe demonstriert, als er die
Gitterzäune vor dem Präsidentenpalast abräumen ließ und sich die Plaza de
Mayo erstmals seit 2001 wieder ohne Absperrungen präsentierte. „Cristina
und ich, wir wissen, wen wir repräsentieren“, rief er der Menge zu. „Vier
lange Jahre mussten wir uns anhören, wir würden nie wiederkommen. Heute
sind wir zurück.“ Der Rest war Fiesta, Jubel und Feuerwerk.
In seiner ersten Rede als Präsident vor dem Kongress hatte Fernández zuvor
eine düstere Bilanz gezogen. „Argentiniens Wirtschaft hört nicht auf zu
schrumpfen. Erstmal seit 1991 hat Argentinien eine Inflationsrate über 50
Prozent. Die Arbeitslosenquote ist die höchste seit 2006. Der Wert des
Dollars ist seit 2015 von 9,60 Peso auf 63 Peso gestiegen.“ Die Wirtschaft
und das soziale Gefüge seien in einem Zustand extremer Schwäche.
## 40 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze
Tatsächlich ist die Sozialbilanz von Vorgänger Macri verheerend. Der
60-Jährige selbst hatte die Senkung der Armutszahlen als die entscheidende
Messlatte für den Erfolg seiner Politik ausgegeben. Ende 2015 hatte das
angesehene Observatorio de la Deuda Social der Katholischen Universität 29
Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze registriert. Nach vier
Jahren Macri ist der Anteil der Armen auf 40.8 Prozent gestiegen, heißt es
in dem [2][Anfang Dezember veröffentlichten Bericht] des Observatoriums.
Das sind 2,8 Millionen Menschen mehr als Ende 2015.
„Die Regierung, deren Mandat gerade abgelaufen ist, hat uns das Land in
einer virtuellen Zahlungsunfähigkeit hinterlassen“, sagte Fernández in
seiner Kongressrede über den hohen Schuldenstand und machte dafür auch den
Internationalen Währungsfonds verantwortlich, der der Macri-Regierung einen
[3][57-Milliarden-Kredit] eingeräumt hatte. Der IWF-Kredit sollte die
bereits bestehende Zahlungsunfähigkeit verschleiern und Macris Wiederwahl
sichern, so Fernández. Argentinien habe den Willen zu zahlen, aber es fehle
die Fähigkeit dazu, konstatierte er.
Im kommenden Jahr beträgt der Schuldendienst 21 Milliarden US-Dollar, in
den danach folgenden zwei Jahren sind es 44 Milliarden US-Dollar allein
beim IWF. „Um die Schulden tilgen zu können, muss man erst wachsen“, sagte
Präsident Alberto Fernández und kündigte eine harte Neuverhandlung der
Verbindlichkeiten an.
Dafür zuständig ist seit Dienstag der neue Wirtschaftsminister Martín
Guzmán. Der 37-Jährige hat bisher vor allem an US-Universitäten gelernt und
geforscht, gilt als Schüler des von Cristina Kirchner sehr geschätzten
US-Ökonomen Joseph Stiglitz, ist aber den meisten Argentinier*innen bisher
unbekannt gewesen.
## Erste Frauenministerin in Argentiniens Geschichte
Bekannter ist dagegen der 47-jährige Matías Kulfas. Der ehemalige Chef der
halbstaatlichen Banco Nación soll als eine Art Super-Minister für
produktive Entwicklung Wirtschaft und Konsum wieder zum Laufen bringen.
Schon in den kommenden Tagen sollen Maßnahmen verkündet werden, die vor
allem die Kaufkraft der ärmeren Bevölkerung stärken sollen.
Eine Schlüsselposition dabei nimmt der 57-jährige Miguel Pesce ein, der als
neuer Zentralbankchef für die notwendige Emission von Pesos sorgen soll.
Weshalb neoliberale Expert*innen bereits den weiteren Anstieg der
Inflationsrate vorhersagen.
Mit der Ernennung von Elizabeth Gómez Alcorta zur Ministerin für Frauen,
Geschlecht und Vielfalt hat Fernández bereits ein Wahlversprechen
eingelöst: Erstmals hat Argentinien ein Frauenministerium. Bei ihrer
Vereidigung hatte die 47-jährige Gómez Alcorta ein grünes Tuch um ihr
Handgelenk gewickelt – das Symbol für den Kampf um das Recht auf legalen
Schwangerschaftsabbruch. 2018 war die Lockerung des strikten
Abtreibungsverbots an der Ablehnung des Senats gescheitert.
11 Dec 2019
## LINKS
[1] /Wahlen-in-Argentinien/!5636360
[2] http://uca.edu.ar/es/noticias/avance-del-informe-deudas-sociales-y-desigual…
[3] /Krise-in-Argentinien/!5538880
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
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