# taz.de -- Rohstoffraubbau in Argentinien: Gold und Silber? Wasser und Wein! | |
> Bergbau oder Gewässerschutz? In der argentinischen Provinz Mendoza musste | |
> ein allzu industriefreundliches Gesetz nun wieder aufgehoben werden. | |
Bild: Ist für strikten Wasserschutz: Weinkellerei Piedra Infinita der Marke Zu… | |
BUENOS AIRES taz | Mendozas Gouverneur hat den Rückwärtsgang eingelegt. | |
„Wir werden das Wasserschutzgesetz mit allen seinen Vorgaben und in der | |
ganzen Provinz wieder in Kraft setzen“, verkündete Rodolfo Suárez am | |
Wochenende. Damit beugte sich der Gouverneur der argentinischen | |
Andenprovinz dem Druck der Bevölkerung. Die hatte seit Tagen auf den | |
Straßen und Plätzen der Provinz gegen die Abschaffung des | |
Wasserschutzgesetzes demonstriert. | |
Kurz vor Weihnachten hatten die beiden Parlamentskammern im abgeriegelten | |
Kongressgebäude in Mendoza-Stadt mit parteiübergreifender Mehrheit und im | |
Schnellverfahren das Wasserschutzgesetz außer Kraft gesetzt. Das Gesetz | |
hatte den Einsatz von Cyanid, Schwefelsäure und anderen kontaminierenden | |
Lösungen im Bergbau verboten. | |
Mit solchen Lösungen und mit Millionen Litern Wasser werden in den riesigen | |
Tagebauminen entlang der Anden aus zermalmtem Berggestein Gold und Silber | |
ausgewaschen. Doch vor zwölf Jahren hatte die Provinz Mendoza – auch damals | |
erst auf heftigem Druck der Bevölkerung – den Einsatz der Chemikalien | |
verboten und die Wasserversorgung unter Schutz gestellt, die sich in erster | |
Linie aus den Andengletschern speist. | |
„Allein die Geschwindigkeit der Politiker zeigt, dass sie gegen die | |
Interessen der Bevölkerung und zugunsten des Bergbau- und Ölsektors | |
handelten“, kommentierte die Vorsitzende der Umweltorganisation Asociación | |
Conciencia Ambiental, Analía De Gumucio, die vorweihnachtliche Eile. | |
Wasser ist im ariden Mendoza ein knappes Gut. Die für ihre Weine | |
weltberühmte Provinz besitzt ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem für den | |
Anbau der Rebstöcke. Protest kam denn auch aus den mächtigen | |
Weinkellereien, die um ihren guten Ruf fürchteten. Die noch immer jährlich | |
erwählten Weinköniginnen der regionalen Bezirke drohten für die anstehenden | |
Weinfeste sogar mit Streik, sollten die Änderungen nicht zurückgenommen | |
werden. | |
## Lobbyist wird Bergbauminister | |
„Aufgrund des Schneemangels in den Kordilleren erlebt Mendoza die längste | |
Dürreperiode der letzten 110 Jahre. Seit dem Winter 2010 befindet sich | |
unsere Provinz in einem Wassernotstand“, warnten Wissenschaftler*innen des | |
in Mendoza ansässigen Gletscherinstituts Ianigla (Instituto Argentino de | |
Nivología, Glaciología y Ciencias Ambientales) bereits zuvor. Deshalb | |
„müssten unbedingt eine Verschlechterung der Umwelt sowie das potenzielle | |
Risiko einer Kontamination mit giftigen Substanzen verhindert werden“, | |
schrieben sie. | |
Jüngste Studien würden die Auswirkungen des Klimawandels zeigen und, „dass | |
die Gletscher in den (Kordilleren-)Provinzen im Zeitraum 2009-2017 | |
durchschnittlich mehr als acht Meter an Eisdicke verloren haben (das | |
entspricht fast der Höhe eines dreistöckigen Gebäudes), was gravierende | |
Auswirkungen auf die strategischen Wasserreserven in unserer Bergkette | |
hat“, schrieben die Wissenschaftler*innen. | |
Die Auseinandersetzung wurde landesweit aufmerksam verfolgt. Sie ist die | |
erste Kraftprobe zwischen den umweltorientierten Organisationen und dem | |
Konsens von rechter Opposition und [1][der neuen Regierungsallianz von | |
Präsident Alberto Fernández], die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen | |
voranzutreiben. Opposition und Regierung setzen auf den Bergbau sowie die | |
Erschließung der riesigen Öl- und Gaslagerstätten im südlichen Patagonien | |
durch die Fracking-Methode. | |
Noch am letzten Montag hatte Mendozas Gouverneur Rodolfo Suárez nach seinem | |
Besuch im Präsidentenpalast verkündet, dass der Präsident ihn | |
„uneingeschränkt unterstützt“. Kein Wunder, mit Alberto Hensel hatte der | |
Präsident einen ausgewiesenen Lobbyisten zum Minister für Bergbau ernannt. | |
Hensel konnte auch gleich punkten. Als eine der ersten Maßnahmen senkte die | |
Regierung die Steuerabgaben für den Bergbau von zwölf auf acht Prozent. | |
28 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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