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# taz.de -- Die Wahrheit: Zwei wie Zünder und Dynamit
> Schurken, die die Welt beherrschen wollen. Heute: die neuen Sozi-Granaten
> Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans („Sasesnowabo“).
Bild: Das Siegerlächeln im Gesicht: Die Doppeleins der SPD Saskia Esken und No…
Erst wenige Wochen sind abgelutscht – und noch immer sind sie im Amt:
Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Vom sozialdemokratischen Volke per
Plebiszit auf den Schild gehoben, von den Parteifürsten am Nikolaustag anno
2019 gesalbt und gekrönt, regieren sie seither die … – wie war der Name
doch gleich? – … SPD.
Alle anderen Prätendenten, die nach dem Thron zu haschen gewagt hatten,
waren von den zween roten Rittern auf 23 Regionalturnieren niedergestreckt
worden und weilen nicht mehr unter uns. Nur um den Preis des eigenen
Untergangs kann fürder von ihnen gesprochen werden, ihre Existenz ist mit
einem schweren Tabu belegt. Lediglich für Olaf Scholz, der als
Bundesminister unter Naturschutz steht, gibt es eine Ausnahme, doch auch
sein Leben steht ex nunc unter klarem Vorbehalt.
Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans: zwei Tribune, zwei messerscharfe
Rettergestalten, berufen und auserwählt, die mürbe gewordene deutsche
Sozialdemokratie zu heilen! Deren Ruhm vor langer Zeit verwelkt ist, dahin
ihr Ruf als Schutzmacht der Armen, Zermürbten und Zerfledderten; kaum einer
weiß noch, wofür die Partei nach 160 Jahren freiwilliger, am eigenen Leib
begangener Erneuerung noch steht. Nicht vier, nein, vierzehn, vielleicht
vierzehnhundert Parteivorsitzende hat die SPD seit ihrer Wiedergeburt 1945
eingestellt, ausgesaugt und fortgeschmissen.
Doch nun die Trompeten trommelt, die Backen blast voll! Wohlan, Saskia
Esken und Norbert Walter-Borjans werden die SPD mit ihrem satten
Optimismus, ihrem leuchtenden Charisma, ihrem bis spitz oben gefüllten
Programm wiederbeatmen und auf starke Beine stellen!
## Zusammengeschrumpftes Schlachtross
Das Schlachtross Saskia Esken, 1961 in Stuttgart fertig ausgetragen,
bereitete sich über viele Jahre in der Elternvertretung des
Waldkindergartens, der Grundschule und des Gymnasiums ihrer drei Kinder
steil auf die Bundespolitik vor. Im Jahr 2013 hatte die Ehefrau und Mutter
ausgelernt und schob mit selbstverdienten 20,2 Prozent der Erststimmen vom
Wahlkreis Calw, den sie sich mit ihrem Wohnsitz Bad Liebenzell zugezogen
hatte, ab in den Bundestag. Daraus machte sie in vier Jahren 16,9 Prozent
und war damit 2017 erneut Richtung Berlin und weit genug von Calw entfernt
entlassen. Eben das ist ihr Trumpf: Sie wird zusammengeschrumpft, ist aber
nicht wegzukriegen und ein Vorbild für die SPD, die genau so eine nicht
umwerfbare Vorsitzende vor der Nase haben wollte!
Als staatlich geprüfte und willkommen geheißene Informatikerin kann Saskia
Esken hervorragend von 0 bis 1 zählen und hat deshalb genau ein Thema auf
ihrer Agenda sitzen, die Digitalisierung von Mensch und Welt.
Zahlen sind auch Häuptling Walter Norbert-Borjans’ zweite Haut. 1952 in
Krefeld-Uerdingen als Sohn eines Schreiners und einer Schneiderin für die
SPD auf die Welt gekommen, lebt er seit Jahrzehnten in Büros, mal in der
Düsseldorfer Staatskanzlei unter den drei Buchstaben von Johannes Rau, mal
als Wirtschaftsminister im Saarland oder zurück in NRW, mal als Dezernent
in Köln. Der studierte Volkswirt hatte 1982 mit einer schön verlöteten
Arbeit über „Messung der wirtschaftlichen und umweltrelevanten Folgeeffekte
des Bundesfernstraßenbaus in strukturschwachen Regionen“ promoviert und kam
so selbst nicht auf der Straße unter.
Einen Namen als Norbert Walter-Borjans machte er sich, indem er als
Finanzminister Nordrhein-Westfalens alle großformatigen Steuerbetrüger
stilllegte. Zugleich reichte er allerdings Haushalte ein, die viele rote
Zahlen aufwiesen und das Land bis über die Hutschnur verschuldeten. Das kam
ihm nun zugute, denn auch die Sozialdemokratie will wieder rot bis zu den
Ohren werden.
## Systemverwaltender Schalterbeamter
Mit Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken triumphierten die Plebejer
unten in den Ortsvereinen über die Edlen in Berlin und den
Landeshauptstädten. Zwei Könner, zwei Kracher, die rhetorisch brillant,
durchsetzungsstark, schwungvoll und … und … nein. Machen wir uns mal
nackig: Das Parteivolk wollte sich lieber zwei vom Typ „Schalterbeamter in
einer Postfiliale“ beziehungsweise „engagierte Frau vom evangelischen
Kirchenvorstand“ vor das Gesicht binden, als dass die SPD länger als
systemverwaltende Staatspartei dahinkriecht.
Walter Norbert-Borjans und Seskia Asken, so das Kalkül, werden die SPD
wieder sozialdemokratisch einfetten, die schwarze Koalition mit der CDU/CSU
flugs beenden und die vergrätzten und verschenkten Wählermillionen
zurückerobern. Gerade Walter Borbert-Norjans ist bekannt als jemand, der
sich zuverlässig und bis in die Puschen kümmert – und deshalb hat er, wie
in der SPD weit und breit üblich, nach der Wahl zuverlässig angekündigt,
die Große Koalition nicht schnell abzuschütteln, und kümmert sich
stattdessen darum, dass die Partei drinstecken bleiben kann. Die ja
andernfalls bei der sofort heranrollenden Bundestagswahl kaum zehn Prozent
holen würde – und mit Zahlen kennen sich beide aus.
Es gilt also weiterhin, das Wünschbare am Machbaren zu messen und das
Notwendige am Möglichen auszurichten, kurz: SPD. Anders gesagt:
Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Noch anders gesagt: Askia Sesken
und Borjan Walter-Norberts. Zwei wie Zünder und Dynamit. Frohe Weihnachten!
18 Dec 2019
## AUTOREN
Peter Köhler
## TAGS
Saskia Esken
Norbert Walter-Borjans
SPD
Sprachkritik
Thomas Kemmerich
Pseudonyme
Künstlernamen
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Türkei
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