# taz.de -- Klimaproteste in Deutschland: Fridays for Future halbiert | |
> Die Anzahl der Klimaprotestler in Deutschland sinkt. Trotzdem waren | |
> Hunderttausende auf den Straßen. | |
Bild: Bei der Abschlusskundgebung von FFF hat das von Greenpeace entwendet „C… | |
BERLIN/MÜNCHEN taz | Hunderttausende haben sich am Freitag in über 500 | |
deutschen Städten an den Demonstrationen für mehr Anstrengungen beim | |
Klimaschutz beteiligt. Insgesamt kamen aber wohl nicht so viele | |
Protestierende wie beim vergangenen Weltklimastreik am 20. September. | |
Fridays for Future (FFF) sprach von 630.000 Protestierenden in ganz | |
Deutschland, im September waren 1,4 Millionen gezählt worden. Damit hat | |
sich die Teilnehmerzahl mehr als halbiert. Anlass der [1][weltweiten | |
Proteste] war die ab Montag in Madrid tagende Weltklimakonferenz. Viele | |
Teilnehmer kritisierten das Klimapaket der Bundesregierung. | |
FFF bewertete die gesunkene Zahl der Teilnehmer nicht. “Am Montag wird | |
Merkel mit leeren Händen zur Weltklimakonferenz nach Madrid fahren“, sagte | |
Sprecherin Annika Rittmann aus Hamburg. Sie wertete die Demonstrationen als | |
„ein klares Zeichen gegen die Arbeit dieser Bundesregierung.“ | |
Freude beim C der CDU | |
Während die [2][Menschenmasse am Brandenburger Tor] darauf wartete, ins | |
Regierungsviertel zu ziehen, hielten 15 Aktivist*innen des BUND das Warten | |
nicht mehr aus und sprangen in die kalte Spree. Teils in Neoprenanzügen, | |
teils nur im Bikini forderten sie aus dem Wasser heraus sofortige | |
Klimagerechtigkeit. | |
Am Brandenburger Tor appellierte der Sänger der Band Seeed, Peter Fox, die | |
Bundesregierung solle Verbote für den Klimaschutz beschließen. Es gebe in | |
allen Bereichen des Lebens Regeln, an die man sich halten müssen, sagte er. | |
„Andernfalls begibt man sich auf das Level der Neanderthaler.“ | |
Unter den Demonstrierenden war neben Umweltverbänden und Fridays-Gruppen | |
wie Psychotherapists und Scientist for Future auch das durch Greenpeace aus | |
der CDU-Parteizentrale entwendete C. „Ich freue mich, in so guter | |
Gesellschaft unter so vielen Gleichgesinnten zu sein“, sagte der Mann im | |
C-Kostüm. | |
In Berlin beteiligten sich nach Angaben der Veranstalter etwa 60.000 | |
Menschen, die Polizei bezifferte die Zahl der Teilnehmer auf mehrere | |
Zehntausend. Zum Vergleich: Bei der großen Klimademo am 20. September waren | |
nach Angaben von Fridays for future 270.000 Menschen dabei, die Polizei | |
sprach seinerzeit von knapp 100.000. | |
Die Ortsgruppen von Fridays for Future sind autonom organisiert und | |
einigten sich auf verschiedene Aktionsformen in den unterschiedlichen | |
Städten. In Berlin sollte es bei der Großdemo bleiben, in Köln etwa sollen | |
auch Aktionen zivilen Ungehorsams stattfinden. „Wobei Schulstreik auch eine | |
Form zivilen Ungehorsams ist“, wie ein Sprecher der Berliner Ortsgruppen | |
anmerkte. Katharina Schipkowski, Berlin | |
„Es ist zwölf“ | |
Rainer Wöhrle steht um 11.50 Uhr mit seinem 13-jährigen Sohn Johannes an | |
der U-Bahn-Station Sendlinger Tor, wie viele Hunderte auch wollen sie zum | |
Königsplatz, dem Auftakt- und Schlusspunkt des Münchner Klimastreiks. „Im | |
Alltag machen wir schon vieles für den Klimaschutz“, sagt der Vater. „Wenn | |
wir mit dem Flugzeug in den Urlaub reisen, bezahlen wir freiwillig einen | |
Klimazuschlag.“ Vieles andere müsse aber von der Politik geregelt werden. | |
Für seine Teilnahme beim letzten Klimastreik am 20. September hat Johannes | |
bezahlen müssen: Der Rektor erteilte ihm wegen Schulschwänzens einen so | |
genannten verschärften Verweis, er musste acht Stunden nachsitzen. | |
Ob Verweis oder nicht – unter den Demonstranten sind wieder tausende | |
Schüler. Anfangs scheint der Königsplatz bei nasskaltem Wetter nicht sehr | |
voll zu sein, doch gegen 13 Uhr drängen sich die Menschen dicht an dicht. | |
Eine Hiphop-Band singt „Es ist zwölf, es ist nicht mehr fünf vor zwölf“, | |
eine Gruppe Girlies trägt ein großes Plakat: „Fuck each other, not the | |
world“. Die TU-Professorin Miranda Schreurs, die einen Lehrstuhl für Umwelt | |
und Klimapolitik innehat, meint in ihrer Ansprache: „Seit 30 Jahren arbeite | |
ich an diesem Thema, und ich habe noch nie eine solche große Bewegung | |
gesehen.“ | |
Auch die Leute vom „Verein zum Schutz der Bergwelt“ sind da, es werden | |
Unterschriften gesammelt, um den Würmtaler Wald zu retten, die | |
Demonstranten werden zu einer großen La Ola animiert – ein Mal alle | |
gleichzeitig in die Knie und gemeinsam aufstehen. | |
Erst beim Marsch durch die Stadt erkennt man, wie viele Menschen nun doch | |
gekommen sind. Der Zug ist zwei Kilometer lang, viele Straßen werden dafür | |
gesperrt. Die Polizei spricht von 17.000 Demonstranten, die München-Gruppe | |
von „Fridays for Future“ meldet gegen 14 Uhr: „Wir sind 33.000 | |
Teilnehmer*innen.“ Patrick Guyton, München | |
29 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Beginn-der-weltweiten-Klimaproteste/!5645386 | |
[2] /Friday-For-Future-Berlin/!5642746 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
Patrick Guyton | |
Kai Schöneberg | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
Seeed | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Alternative für Deutschland (AfD) | |
Greta Thunberg | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
AfD-Angriffe auf Fridays for Future: Klimakids gehören nicht zum „Volk“ | |
Die AfD arbeitet sich besonders an Fridays for Future ab – denn die | |
Klimabewegung stellt ihr Volkskonzept infrage. | |
Klimaaktivistin Thunberg erreicht Europa: Klimaprotestler gen Madrid | |
Greta Thunberg schafft es, pünktlich zur Klimakonferenz wieder über den | |
Atlantik zu segeln. Auch aus Deutschland reisen Aktivist*innen an. | |
Ende Gelände in der Lausitz: Tausende blockieren Tagebaue | |
Erfolg für Ende Gelände: Braunkohlereviere in Ostdeutschland werden | |
besetzt. Dabei hatte es vorher Drohungen von Rechten gegeben. | |
Weltweite Klimaproteste: „Schlimmer als Hausaufgaben“ | |
Von Bangkok bis Wien, am Nord- und am Südpol: Auf der ganzen Welt wird für | |
eine bessere Klimapolitik demonstriert. | |
Friday For Future Berlin: Vor der Demo in die Spree | |
Auch am 4. globalen Klimastreiktag gehen in Berlin mehrere Tausend Menschen | |
auf die Straße. Viele Schüler, darunter ganze Klassen, sind gekommen. | |
Inside Fridays for Future: Wie organisiert man die Bewegung? | |
Die wohl größte deutsche Jugendbewegung wächst und wächst. Gleichzeitig | |
halten viele den Protest für ausgereizt – und zanken um die Frontfrauen. |