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# taz.de -- Nutztierforschung in Dummerstorf: Mangelhafte Bewertung
> Um das Leibniz-Institut zur Biologie von Nutztieren in
> Mecklenburg-Vorpommern ist ein Konflikt entbrannt. Die Finanzierung soll
> eingestellt werden.
Bild: Schweine in der Experimentieranlage des Leibniz-Instituts für Nutztierbi…
Berlin taz | In der Leibniz-Forschungsgemeinschaft bahnt sich ein Konflikt
über die wissenschaftliche Bewertung von Nachhaltigkeit an. Anlass ist die
überraschende Entscheidung der Forschungsorganisation, das
[1][Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN)] in Dummerstorf bei Rostock
aus der gemeinsamen Bund-Länder-Finanzierung herauszunehmen. Zuvor hatte
eine Evaluierungskommission der Einrichtung attestiert, sie erfülle in
Strategie und Forschungsoutput „nicht mehr die Anforderungen an ein
Leibniz-Institut“.
Das Forschungsinstitut zur Biologie von Nutztieren (FBN) betreibt mit 300
Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 26,5 Millionen Euro – zu gleichen
Teilen aus dem Bundesforschungsministerium und dem
Landwirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern finanziert – angewandte
und grundlagenorienterte Agrarforschung zum „tierischen Teil“ der
Landwirtschaft. Dies umfasst die klassischen Nutztierarten wie Rind,
Schwein, Huhn und Ziege, aber auch Fisch- und Insektenarten.
„Unsere Forschung erstreckt sich vom Genom über die Ernährung und die
Reproduktion bis zum Verhalten und beantwortet Fragen von der Züchtung bis
hin zum Tierwohl“, erklärt FBN-Direktor Klaus Wimmers. „Diese Konstellation
ist einzigartig in Deutschland.“
Die Wurzeln des Instituts reichen zurück bis ins Jahr 1939, als auf dem
Landgut Dummerstorf und in Rostock das Kaiser-Wilhelm-Instituts für
Tierzuchtforschung gegründet wurde. Nach dem Krieg gehörte das FBN der
DDR-Akademie für Landwirtschaftswissenschaften an und war bis zur Wende auf
1.200 Mitarbeiter angewachsen, um die Massentierhaltung zu flankieren.
Wissenschaftliche Überbleibsel wurden 1993 in die „Blaue Liste“ von
Bund-Länder-finanzierten Forschungsinstituten aufgenommen, der späteren
Leibniz-Gemeinschaft mit heute 95 Instituten.
Im Zuge der regelmäßigen Evaluierungen der Leibniz-Institute wurde den
Dummerstorfer Tierforschern schon 2015 dringend empfohlen, bei der
Neuausrichtung auf „Lösungen für eine nachhaltige Nutztierhaltung“
bestimmte „wissenschaftliche und strategischen Schwächen“ abzubauen. Dies
sei jedoch bis heute nicht ausreichend gelungen. „Insbesondere habe das
Institut es nicht erreicht, wissenschaftlich innovative Fragestellungen zu
entwickeln und in ein Gesamtkonzept zu integrieren“, heißt es in der
Stellungnahme des Leibniz-Senats.
## Minister Backhaus ist enttäuscht
Völlig anderer Auffassung ist Mecklenburg-Vorpommerns Minister für
Landwirtschaft und Umwelt, Till Backhaus (SPD), bei dem die
Leibniz-Entscheidung auf „Unverständnis“ stieß. „Das FBN steht für
Agrarspitzenforschung in Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland und Europa“,
erklärte er. Nach der Übernahme des Instituts durch Klaus Wimmers 2016 sei
ein Erneuerungsprozess mit vielen positiven Ergebnissen in Gang gebracht
worden.
„Leider sind diese zum Teil nicht mehr in den Bewertungszeitrum 2015–2017
gefallen und haben damit keine Berücksichtigung erfahren“, kritisierte der
Minister. So sei die Einwerbung von Drittmitteln in den Jahren 2017 und
2018 gesteigert worden, ebenfalls die Anzahl an Publikationen in
hochrangigen wissenschaftlichen Journalen. Seit 2016 wurden 8 Patente
eingereicht. „Es enttäuscht mich maßlos, dass das FBN ausgerechnet in
dieser Phase so einen herben Rückschlag einstecken muss“, sagte Backhaus.
Das FBN untersuche gesellschaftlich relevante Aspekte einer nachhaltigen
Nutztierhaltung in einer zunehmend globalisierten Welt, erklärte der
Minister und nannte die Themen klimafreundliche Tierhaltung, mehr
Tiergesundheit und Tierwohl sowie die Sicherheit der aus ihnen gewonnenen
Lebensmittel.
„Allein diese wenigen Beispiele machen die drängende Notwendigkeit dieser
Forschung deutlich“, hob Backhaus hervor. In der Breite und Tiefe der
Nutztierforschung besitze das FBN aufgrund disziplinärer Kompetenz und
interdisziplinärer Aufstellung eine nationale Alleinstellung. „Ich werbe
eindringlich dafür, aus den Ergebnissen der Evaluierung eine andere
Schlussfolgerung zu ziehen“, so Backhaus.
Auch in der Gemeinsamen Wissenschaftskommission von Bund und Ländern werde
er sich im Dezember dafür einsetzen, dass das FBN ein Leibniz-Institut
bleibe. „Dazu erwarte ich mir auch die weitere Unterstützung des Bundes“,
ergänzte Backhaus.
30 Nov 2019
## LINKS
[1] https://www.fbn-dummerstorf.de/
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
Nutztiere
Leibniz-Gemeinschaft
Evaluierung
Mecklenburg-Vorpommern
Biologie
Lesestück Recherche und Reportage
Landwirtschaft
Tierschutz
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