Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Baron Cohen kritisiert politische Werbung: Hitler auf Facebook
> Facebook spielt weiter politische Werbung aus. Sacha Baron Cohen stellt
> fest: Sie hätten 1930 sogar antisemitische Anzeigen von Hitler
> geschaltet.
Bild: Bekannt für seinen dunklen Humor und seinen moralischen Kompass: Sacha B…
New York/Berlin/Frankfurt(Main) afp/dpa/taz | Sacha Baron Cohen haut wieder
einen raus. Am Donnerstag erklärte der britische Comedian und Schauspieler
[1][bei einer Konferenz über Hate Speech und Antisemitismus] in New York,
Adolf Hitler hätte problemlos antisemitische Werbeanzeigen auf Facebook
schalten können, wenn es das Online-Netzwerk in den 1930er Jahren schon
gegeben hätte.
Cohen reagierte damit auf den Umgang des Konzerns mit politischer Werbung:
Während Google und Twitter in den letzten Wochen bekanntgaben, einen
kritischeren Umgang mit politischer Werbung etablieren zu wollen, zieht
Facebook nicht nach. Stattdessen verteidigt der Konzern politische Anzeigen
auf seiner Seite, die Schätzungen zufolge 0,5 Prozent des Umsatzes
ausmachen. „Solange du bezahlst, wird Facebook alle politischen Anzeigen
schalten, die du willst – auch wenn sie Lügen enthalten“, so Cohen.
Ausgehend von dieser „absurden Logik“, hätte Facebook den Diktator selbst
30-Sekunden-Werbevideos für seine „Endlösung der Judenfrage“
veröffentlichen lassen, verkündete Cohen, der für seine provokanten
Aussagen bekannt ist. Er appellierte an den US-Konzern, Werbeanzeigen vor
ihrer Veröffentlichung auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Enthielten
sie Falschnachrichten, solle der Konzern dem Werbekunden das Geld
zurückgeben und sie nicht veröffentlichen, forderte der Schauspieler.
## Neue Spielregeln bei Google
Seit Mitte der Woche diskutieren User*innen sozialer Netzwerke, Politik und
Expert*innen wieder vermehrt darüber, wie Online-Konzerne mit politischer
Werbung umgehen sollten. Am Mittwoch hatte Google angekündigt, seine Regeln
für politische Werbung zu verschärfen, um Falschnachrichten sowie die
gezielte Ansprache spezieller Wählergruppen zu vermeiden.
Einzelne Nutzergruppen sollen mit den Anzeigen nur noch nach drei Merkmalen
angesprochen werden können: Alter, Geschlecht und Postleitzahl. Zugleich
bleibe es aber weiterhin möglich, die Anzeigen zu einzelnen Suchwörtern wie
zum Beispiel „Wirtschaft“ zu schalten, wie Google in einem Blogeintrag
erklärte.
Zudem betonte Google, dass falsche Angaben in jeglicher Werbung gegen die
Regeln der Plattform verstießen – auch wenn es um Politik geht. Das
betreffe zum Beispiel auch manipulierte Medien wie Videos. [2][Twitter
verkündete ähnliche Maßnahmen] bereits Ende Oktober.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg möchte da nicht mitziehen und erklärte
stattdessen, er wolle in seinem Netzwerk allen eine „Stimme“ geben. Die
Reichweiten-Vergrößerung durch Anzeigen sei wichtig für noch unbekannte
politische Kandidaten und Gruppen, die von den Medien keine Aufmerksamkeit
bekämen. Zudem sei die Grenze schwer zu ziehen.
## Klarere Gesetze gefordert
In Deutschland sieht der US-Konzern den Gesetzgeber in der Pflicht. Er soll
verbindliche Regeln aufstellen. „Ob eine Anzeige politisch ist und wer
politische Werbung schalten darf, ist nicht einfach zu definieren“,
erklärte eine Sprecherin Facebooks der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
(FAZ). „Wir glauben, dass gesetzliche Vorgaben in diesem Bereich notwendig
sind, und bringen uns gerne in Gespräche dazu ein.“
Ähnlich äußerte sich demnach Siegfried Schneider, Präsident der bayerischen
Landeszentrale für neue Medien: Das eigentliche Problem im Netz sei die
fehlende Definition politischer Werbung. Auch er verlangte von der Politik,
„eine allgemein verbindliche Definition zu formulieren“, statt Facebook
oder Twitter entscheiden zu lassen.
Auch Martin Gerecke, Fachanwalt für Medienrecht bei der Großkanzlei CMS,
sieht in Deutschland „klaren Reformbedarf“. Es gebe eine „völlige
Intransparenz im Bereich politischer Werbung in den sozialen Medien“, sagte
er der FAZ. „Für Anzeigen auf Plattformen wie Google haben wir noch keine
gesetzlichen Regelungen.“
Auf die Vermutung, auch Hitler hätte bei Facebook Werbung schalten können,
reagierte Facebook defensiv. Cohen habe die Grundsätze des Online-Netzwerks
„verdreht“ dargestellt. „Hassreden sind auf unserer Plattform verboten“,
erklärte ein Sprecher. „Niemand – einschließlich Politikern – darf Hass,
Gewalt oder Massenmord auf Facebook befürworten und propagieren.“
Gegen Falschaussagen in Beiträgen von Politikern will der Konzern jedoch
offensichtlich nichts unternehmen. Zuletzt hatte Facebook angekündigt,
diese auf der Plattform zu lassen, um sich nicht in den politischen Prozess
einzumischen. Ein Vorgehen, das zu Facebook passt: Erst im Oktober hatte
das Unternehmen angekündigt, [3][einen News-Feed einzuführen], in dem
ausgewählte Medien Beiträge verbreiten und somit eine vertrauenswürdige
Nachrichtenquelle darstellen können; mit dabei ist das rechtsradikale
Portal „[4][Breitbart]“, das nicht dafür bekannt ist, besonders sauber mit
der Wahrheit zu arbeiten.
25 Nov 2019
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=tDTOQUvpw7I
[2] /Twitter-ohne-politische-Werbung/!5637658
[3] https://about.fb.com/news/2019/10/introducing-facebook-news/
[4] /Breitbart-in-Deutschland/!5381307
## TAGS
Schwerpunkt Meta
Twitter / X
Google
Online-Werbung
Werbung
Schwerpunkt Meta
Twitter / X
Wahlkampf
Schwerpunkt Meta
Fake News
## ARTIKEL ZUM THEMA
Anzeigenboykott gegen Facebook: Ethische Dividende, die flüchtig ist
Die Umsätze der großen Techkonzerne brechen wegen der Coronakrise ein. Da
fällt es leicht, Werbemittel für Facebook aus ideellen Gründen zu
streichen.
Aggression auf Twitter: Don’t @ me, Arschloch
Künftig sollen Nutzer*innen bei Twitter einstellen können, wer ihnen
antworten darf. Ob das den Hass eindämmen wird, werden erst Tests zeigen.
Twitter ohne politische Werbung: Netter Versuch
Twitter will keine bezahlten politischen Anzeigen mehr annehmen. Das ist
sicher nicht falsch, geht aber am Problem der Plattform vorbei.
Facebook verzichtet auf Faktenchecks: Zuckerberg mischt sich nicht ein
Facebook steht in der Kritik, weil es bei Wahlwerbung auf Faktenchecks
verzichtet. Mark Zuckerberg hat diese Haltung nun verteidigt.
Nachrichten via soziale Netzwerke: Insta-Qualitätsjournalismus
Immer mehr Redaktionen wollen die Reichweite in sozialen Netzwerken
vergrößern. Betreibern kommt das gelegen. Die Vertrauensfrage bleibt
ungeklärt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.