# taz.de -- Indigene Umweltschützerin in Mexiko: Kämpferin gegen die Abholzung | |
> Irma Galindo Barrios wehrt sich gegen Rodungen in ihrer Region in Oaxaca, | |
> Mexiko. Weil sie bedroht wurde, war die 36-Jährige kurzzeitig | |
> untergetaucht. | |
Bild: Wald bei Oaxaca | |
Oaxaca de Juárez taz | Irma Galindo Barrios wusste genau, dass sie sich in | |
Gefahr befand. „Seit Tagen sind selbst meine Nachbarn hinter mir her“, | |
schrieb die mexikanische Umweltschützerin vor drei Wochen [1][auf | |
Facebook], betonte aber: „Ich kenne keine Angst.“ | |
Wenige Tage später, am 10. November, verschwand die 36-jährige Aktivistin | |
aus dem südlichen Bundesstaat Oaxaca spurlos. Nach all den Drohungen hatte | |
sie sich an einem geheimen Ort versteckt. Nun ist sie wieder aufgetaucht. | |
Nachdem Angehörige sowie Menschenrechtsverteidigerinnen über soziale | |
Netzwerke ein Bild von ihr verbreitet hatten, meldete sie sich am | |
Dienstagabend bei ihnen. Sie habe Angst gehabt, dass sie von Politikern | |
ihrer Heimatgemeinde San Esteban Atatlahuca angegriffen werde, sagte | |
Galindo Barrios. | |
Seit Jahren kämpft die Umweltschützerin gegen die Abholzung des Waldes in | |
der indigen geprägten Region Mixteca. Bereits 2017 war sie nach eigenen | |
Angaben von Vertretern der örtlichen Regierung bedroht worden, nachdem sie | |
Fotos von der Fällung von Bäumen veröffentlicht hatte. | |
Im vergangenen Jahr meldete sie den illegalen Holzschlag von Edelhölzern | |
beim mexikanischen Umweltministerium, bekam jedoch nie eine Antwort. Ebenso | |
wenig reagierte die Ombudsstelle für Menschenrechte in Oaxaca, nachdem sie | |
2018 dort Drohungen gegen ihre Person angezeigt hatte. | |
## Umweltaktivistin und Heilmedizinerin | |
Galindo Barrios ist mehr als eine Umweltaktivistin. In San Esteban | |
Atatlahuca organisiert sie Kulturveranstaltungen und arbeitet als | |
Heilmedizinerin mit Pflanzen, die in ihrer Heimat wachsen. „In ihrem Garten | |
hat sie über 50 medizinische Kräuter sowie viele verschiedene Pflanzen, die | |
sie von ihren Reisen mitgebracht hat“, verrät ein Freund. Auch die indigene | |
Geschichte Mexikos spielt in ihrem Leben eine große Rolle. Zu Hause bewahrt | |
sie einen aztekischen Kalender, Bücher über die toltekische Philosophie und | |
prähispanische Instrumente auf. | |
Vor ihrem Verschwinden hatte die Aktivistin berichtet, dass sie erneut von | |
lokalen Holzfällern angegriffen worden sei. Sie hatte dem Bürgermeister | |
vorgeworfen, mit Gewalt zu verhindern, dass sich Dörfer der Zerstörung des | |
Waldes widersetzten. In den vergangenen Monaten kam es in der Region wegen | |
Agrarkonflikten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, bei denen ein Mensch | |
getötet wurde. | |
Häufig arbeiten in Mexiko beim illegalen Holzschlag und bei anderer | |
widerrechtlicher Aneignung von Land und Rohstoffen Lokalregierungen, | |
Polizisten, Kriminelle und Unternehmer zusammen. So auch in der | |
[2][Mixteca], wo es wegen des Drogenanbaus immer wieder zu bewaffnet | |
ausgetragenen Konflikten kommt. Opfer dieser Auseinandersetzungen werden | |
nicht selten indigene Gemeinden, die sich gegen die Zerstörung ihrer | |
natürlichen Grundlagen zur Wehr setzen. | |
Zu den bekanntesten Angriffen auf Umweltaktivisten in Mexiko zählt 2019 die | |
Ermordung des Nahua-Indigenen [3][Samir Flores Soberanes]. Flores, der im | |
Februar von Unbekannten vor seinem Haus erschossen wurde, war ein Anführer | |
des Widerstands gegen ein Dampfkraftwerk südlich von Mexiko-Stadt. | |
## Eines der gefährlichsten Länder für Umweltaktivisten | |
Vor einem Jahr wurde im nördlichen Bundesstaat Chihuahua [4][Julián | |
Carrillo] ermordet. Er hatte den Bergbau und den Holzschlag durch | |
Großgrundbesitzer angeprangert. | |
Mexiko gilt als eines der gefährlichsten Länder für Umweltschützer und | |
Menschenrechtsaktivisten. 2019 wurden nach Angaben von Amnesty | |
International (AI) bereits zwölf Menschen ermordet, weil sie sich gegen | |
infrastrukturelle Großprojekte, Bergbau oder Holzschlag eingesetzt hatten. | |
AI hat deshalb im Oktober eine [5][Kampagne] mit dem Titel „Erhebt die | |
Stimme für Umweltschützerinnen und Umweltschützer in Mexiko“ ins Leben | |
gerufen. Man wolle damit auch auf den unschätzbaren Beitrag der Aktivisten | |
im Kampf gegen den exzessiven Abbau von Rohstoffen, industrielle | |
Verseuchung und den Klimawandel hinweisen, erklärte die | |
AI-Amerika-Sprecherin Erika Guevara Rosas. | |
Redaktioneller Hinweis: In der ursprünglichen Fassung dieses Textes hatten | |
wir über das Verschwinden von Irma Galinda Barrios berichtet. Da sie sich | |
mittlerweile gemeldet hat, wurde der Text aktualisiert. | |
20 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.facebook.com/irmis.barrios/posts/10213942407226558 | |
[2] /Alternatives-Wirtschaften-in-Mexiko/!5570006 | |
[3] https://www.amnesty.de/mitmachen/urgent-action/umweltschuetzer-getoetet-0 | |
[4] https://www.mexiko-koordination.de/2019/10/24/joint-public-statement-one-ye… | |
[5] https://amnistia.org.mx/juliancarrillo/ | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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