# taz.de -- Probleme der UN-Klimakonferenz: Handeln statt verhandeln | |
> Am Montag beginnt die UN-Klimakonferenz. Die Gipfel sind inzwischen Teil | |
> des Problems, nicht der Lösung. Wir sollten sie meiden. | |
Bild: „Climate Action“ kommt von unten: Greta Thunberg | |
Hoffnung, Hybris oder Heuchelei? „Time to act“ ist das Motto für die 25. | |
UN-Klimakonferenz (COP), die [1][am Montag in Madrid beginnt]. Da ist | |
vieles ungewiss, aber eines sicher: Gehandelt im Sinne des Klimaschutzes | |
wird kaum. Das war auch schon so beim „Aktionsgipfel“, den die UNO im | |
September in New York ausrichtete. Da passierte alles. Nur keine Aktion. | |
Dafür sind Klimagipfel auch nicht da. Auf ihnen werden mit großem Aufwand | |
Interessen ausgelotet, Deals angeboten, Ziele formuliert, Regeln | |
beschlossen. Das ist noch kein Klimaschutz, sondern im besten Fall eine | |
Vorbedingung. Aber die Konferenzen schaden inzwischen mehr, als sie nutzen: | |
Sie verbreiten schlechte Stimmung und hinterlassen den Eindruck, | |
Klimaschutz sei wahnsinnig kompliziert und anstrengend. Seit 25 Jahren wird | |
zu dem Thema getagt, seit 25 Jahren steigen die CO2-Emissionen. Und das | |
Schlimmste: Die Konferenzen erwecken den Eindruck, wir seien auf dem | |
richtigen Weg. Schaut man in die Berichte der UNO oder der Wissenschaft zu | |
dem Thema, zeigt sich das Gegenteil. | |
Es gab eine Zeit, da reichte es aus, dass der UN-Prozess sich | |
weiterschleppte, um Regeln für globalen Klimaschutz aufzustellen. Diese | |
Zeit ist vorbei. Wir wissen genug, wir haben seit dem Pariser Abkommen von | |
2015 die wichtigsten Vorgaben. Jetzt sollten wir unsere Zeit nicht mehr mit | |
Treffen vergeuden, auf denen Handeln gefordert wird. Sondern handeln. | |
Dafür wird es weiter globale Koordination und Kooperation brauchen, auch | |
regelmäßige Konferenzen. Aber diese Treffen müssen aus dem engen Panzer der | |
Nationalstaaten ausbrechen, der die UNO ausmacht und echte Aktion | |
verhindert. Nötig ist ein Ort, an dem nicht wie bisher die Bedenkenträger | |
und Bremser den Widerstand gegen Klimapolitik organisieren. Wenn selbst | |
Angela Merkel, die Personifizierung des „Weiter so“, von „Disruption“ in | |
der Klimapolitik spricht, dann ist klar: Wir müssen alle raus aus der | |
Komfortzone, in der auf den COPs Handeln simuliert wird. | |
## Wo ist die Lust auf ein sauberes Morgen? | |
Deshalb sollten die Umweltgruppen, Experten aus den Thinktanks, die Medien, | |
die Universitäten, die Vertreterinnen von Städten und Gemeinden, alle, die | |
den COPs den Anschein von Relevanz verleihen, diese Treffen boykottieren – | |
bis die weltweiten Emissionen sinken. Sie sollten sich stattdessen | |
regelmäßig treffen, um mit Lust und Gewinn an verbindlichen Problemlösungen | |
zu arbeiten. | |
Denn „Climate Action“ [2][kommt von unten]. Ein solches Treffen könnte alle | |
Akteure versammeln, die nachweislich eine Million Tonnen CO2 im vergangenen | |
Jahr eingespart haben. Die dürften vor dem globalen Publikum ihre | |
Erfolgsgeschichten erzählen. Erfinderinnen und Tüftler könnten sich mit | |
denen kurzschließen, die ihr Geld sinnvoll investieren wollen. Es gäbe | |
Foren für Techniknerds, für erfolgreiche Strategien zum Geldverdienen, für | |
die effektive Förderung von ökosozialer Entwicklung im globalen Süden | |
jenseits von „Entwicklungshilfe“, zum zivilen Widerstand gegen fossile | |
Projekte. | |
Politikern wäre der Auftritt verwehrt, wohl aber dürften Aufsichtsbehörden | |
über Regulierungen, technische Standards, die Wirkungen von CO2-Steuern | |
oder die richtigen Subventionen sprechen. Um der totalen Beliebigkeit zu | |
entgehen, dürfte nur wiederkommen, wer im nächsten Jahr wieder eine Million | |
Tonnen CO2 vermieden hat – oder gern auch eine Milliarde. Diese Bilanz der | |
Teilnehmer müsste am Beginn des Treffens öffentlich gemacht werden. So kürt | |
man Klimahelden als Vorbilder. | |
All das müsste begleitet werden von einer Lust auf ein sauberes Morgen, auf | |
Lösungen und nicht auf Probleme. Das Essen müsste gut, die Location | |
angenehm sein, Love, Peace and Climate Action. Schon vor einem Jahrzehnt | |
hat der ehemalige Chef des UN-Klimasekretariats Yvo de Boer gefordert, der | |
Klimaprozess müsse von einem „House of Pain“ zu einem „House of Gain“ | |
werden. Dafür ist es allerhöchste Zeit. Wir können nicht noch ein Jahrzehnt | |
vergeuden. | |
1 Dec 2019 | |
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[1] /UN-Klimakonferenz-in-Madrid/!5642986 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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