# taz.de -- Kampagne gegen Simbabwe-Sanktionen: Leere Worte, leere Bäuche | |
> Simbabwe unterliegt seit fast zwei Jahrzehnten Sanktionen. Präsident | |
> Mnangagwa tut sich schwer damit, dagegen zu mobilisieren. | |
Bild: Die erste Anti-Sanktionen-Kundgebung war noch halbwegs gut besucht: Harar… | |
Chiredzi taz | Tausende von Menschen waren gekommen, aber nach Brathähnchen | |
und würzigen Pommes suchten sie vergebens. Die Leute in der simbabwischen | |
Zuckerplantagenstadt Chiredzi waren zahlreich zur Versammlung des | |
Präsidenten Emmerson Mnangagwa geströmt, um ein Ende der internationalen | |
Sanktionen gegen Simbabwe zu fordern. Sie erwarteten eine Party. | |
Stattdessen wurde das Event in Chiredzi zu einer Kundgebung der | |
Verzweiflung, als hungrige Menschen sich um das billige Popocorn „maZupco“ | |
stritten, um ihre Bäuche zu füllen. Staatliche Busse der | |
Verkehrsgesellschaft Zupco und Schulbusse hatten die Leute frühmorgens zur | |
Versammlung abgeholt – so früh, dass keine Zeit geblieben war, eine | |
Mahlzeit vorzubereiten. Aber es sollte ja auf der Kundgebung etwas geben, | |
dachten sie. | |
Also warteten sie. Und warteten. Und dann kam schließlich Präsident | |
Mnangagwa und brachte nichts mit. | |
## Hühnerbeinchen für alle | |
Was für ein Kontrast zur Hauptstadt Harare, wo eine offizielle Kundgebung | |
zum Auftakt der staatlichen Anti-Sanktionen-Kampagne in ein „Chicken Inn | |
Feast“ ausgeartet war. Im Sportstadion der Hauptstadt bekam jeder | |
Teilnehmer ein reichhaltiges Mittagessen aus „Two Piecer Chicken“ – zwei | |
Huhnstückchen – und Trinkwasser in Flaschen. | |
Die sozialen Medien Simbabwes waren voll von Bildern zufriedener Bürgern | |
und ihrem Fast Food. Manche Jugendliche hatten bis zu 15 Portionen | |
ergattert – es war schließlich kaum jemand zu der Kundgebung gekommen, also | |
blieb viel übrig. Aber im staubigen Tshovani-Stadion von Chiredzi 600 | |
Kilometer südöstlich mussten die teils aus 100 Kilometer Entfernung | |
herangekarrten Bauern jetzt dem Präsidenten hungrig zuhören. | |
Er kam erst gegen 13 Uhr, weil er vorher die Zuckerrohrfarm Kilimanjaro auf | |
dem Agrarkomplex Hippo Valley Estate einweihte, ein Prestigeprojekt. Als er | |
endlich das Stadion erreichte, wo derweil die Blaskapelle der Zion | |
Christian Church für Stimmung sorgte, lag die Temperatur bereits bei 42 | |
Grad. | |
## Dürre und Regen | |
„Ja, wir stehen unter Sanktionen, aber wir müssen angucken, was Gott uns | |
für ein Land geschenkt hat, und es produktiv nutzen“, rief der Präsident. | |
„Wir haben fruchtbares Agrarland und wir müssen es nutzen. Ja, wir können | |
drei Jahre lang unter Dürre leiden, aber im nächsten Jahr kann es regnen. | |
Wenn Dürre herrscht, können wir Bewässerung nutzen.“ | |
Die Zuhörer waren unbeeindruckt. „Warum sind wir hier hergebracht worden?“, | |
ärgerte sich ein Teilnehmer hinterher. „Wir sind seit dem frühen Morgen | |
hier und haben nichts gegessen.“ Seinen Namen wollte er nicht nennen, aus | |
Angst vor [1][Repressalien]. | |
Simbabwe steht seit fast 20 Jahren unter Sanktionen der EU und der USA – | |
eine Strafmaßnahme wegen der Enteignung weißer Farmer und der Unterdrückung | |
politischer Gegner durch Präsident Robert Mugabe. Mnangagwa, der 2017 nach | |
einem Militärputsch gegen den greisen Mugabe [2][die Macht übernahm], will | |
diese Sanktionen beenden, die er als „westliches Krebsgeschwür“ denunziert, | |
und hat dafür die Unterstützung anderer afrikanischer Staaten und der | |
Afrikanischen Union. | |
Im Oktober rief er eine Volkskampagne gegen die Sanktionen ins Leben, der | |
25. Oktober wurde zum Anti-Sanktionen-Feiertag erklärt, und auf der | |
Großkundgebung in Harare an diesem Tag startete die Kampagne. | |
14 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Walter Mafeking | |
Marcus Mushonga | |
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