# taz.de -- Bedrohte Sportart: Sozialer Kastanienkampf | |
> Karen Holloway ist Weltmeisterin im Conkern. Sie kann besser | |
> Kastanienkaputtklackern als die Konkurrenz – besser auch als die | |
> männliche. | |
Bild: Prachtexemplar und absolut wettkampftauglich: Ein Kastanie wie zum Conker… | |
Die erste Gesamt-Weltmeisterin im Kastanienkaputtklackern, im Conker also, | |
hatte am Ende nur einen Wunsch: endlich trockene Kleidung anzuziehen und | |
etwas zu essen. Das lag nicht nur am traditionellen englischen Regenwetter, | |
sondern auch daran, dass Karen Holloway eine ganz besonders anstrengende | |
Anreise nach Ashton, dem traditionellen Austragungsort der WM, hinter sich | |
hatte. | |
Die 32-Jährige legte nämlich einen Teil der Strecke mit dem Kanu zurück. Am | |
Ende hatten sich die Anstrengungen für Holloway gelohnt, im erstmals | |
zwischen dem Männer-Weltmeister und der Frauen-Weltmeisterin ausgetragenen | |
großen Finale errang sie den Titel. Und das, obwohl sie lediglich als Kind | |
einmal geconkert hatte und am Vorabend der WM nur 20 Minuten lang geübt | |
hatte. | |
Conker ist eben ein simple Sportart: Das Spielgerät, wenig überraschend, | |
ist eine möglichst große und gleichmäßig geformte Kastanie. Die wird mittig | |
durchbohrt und eine an beiden Enden verknotete, 25 Zentimeter lange Schnur | |
hindurchgeführt. Zwei Kontrahenten versuchen nun das gegnerische Sportgerät | |
mit einer schwingenden Bewegung zu treffen und zu zerstören. Fällt es auf | |
den Boden, darf es unter dem Ruf „Conker“ zertrampelt werden– aber nur, | |
wenn der Besitzer nicht schneller ist und „No Conker“ gerufen hat. | |
Seit 1988 dürfen auch Frauen an der WM teilnehmen. Die Anlageberaterin Liz | |
Gibson, Titelträgerin des Jahres 2002, nannte die Sportart „eine ganz | |
wundervolle Möglichkeit, sich in einer entzückender Umgebung so exzentrisch | |
zu gebärden, wie man gerade Lust hat“. Aber auch im Conker gibt es keine | |
heile Sportidylle. | |
## Gedopte Kastanien | |
Bei den Weltmeisterschaften wird zwar akribisch darauf geachtet, dass keine | |
gedopten Kastanien zum Einsatz kommen, aber bei Straßen-Wettbewerben ist | |
das anders. Wie Schalen am besten künstlich gehärtet werden können, wird | |
jeden Herbst aufs Neue erprobt. Manche setzen auf mehrtägige Essigbäder | |
oder das Auftragen mineralölhaltiger Substanzen, andere auf die Wirkung von | |
Tiefkühlfächern und Backöfen. | |
Bei der WM stellen die Veranstalter die Kastanien, was nicht immer einfach | |
ist, denn auch in Großbritannien werden die Bäume regelmäßig von | |
[1][Miniermotten] befallen und produzieren dann nur kleine, nicht | |
wettbewerbswürdige Früchte. Im Buch „Wild London: Urban Escapes in and | |
around the City“ befürchten die Autoren Sam und Sophie Hodges, dass Conker | |
eines Tages sogar völlig verschwinden könnte. Denn einerseits werden | |
zunehmend gegen Mottenbefall immune [2][indische Rosskastanien] gepflanzt, | |
deren kleine Früchte gänzlich ungeeignet sind, andererseits ist die | |
Sportart auf den meisten britischen Schulhöfen aufgrund der | |
Verletzungsgefahr verboten. | |
Ein Verschwinden würde das Ende einer ausgesprochen sozialen Sportart | |
bedeuten. So gehen die WM-Einnahmen ausnahmslos an Blinden-Verbände. | |
Außerdem gibt es die Conker-WM zwar erst seit 1965, als laut Wadard Conker | |
Association (WCA) den Einwohnern von Ashton das Fischen allein zu | |
langweilig wurde und sie das Turnier erfanden, aber es ist natürlich weit | |
traditionsreicher. Zum ersten Mal wurde es 1848 auf der Isle of Wright | |
urkundlich erwähnt, wobei es vermutlich auf Cobnuts basiert, einem noch | |
älteren Zeitvertreib, der mit Haselnüssen ausgeübt wurde. | |
30 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Elke Wittich | |
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