# taz.de -- Aufruf bayerischer Kleinverleger: Schutz vor kultureller Demenz | |
> In Zeiten des Rechtsrucks müssen gerade kleine Verlage gefördert werden. | |
> Es braucht Geschichten von und über Menschen anderer Klassen und | |
> Herkunft. | |
Bild: Lesen erweitert den Horizont, den Stoff dafür sollen die unabhängigen V… | |
Wenn ein Gehirn nur das denkt, was die Mehrheit denkt, dann braucht es | |
dafür kein Hirnschmalz. Weil: es denkt nix Neues. Wenn Verlage nur Bücher | |
publizieren, weil sie bulimisch gekauft und gelesen werden, dann kotzt die | |
Gesellschaft meist auch nichts Wegweisendes aus, außer die fade Brotzeit | |
von gestern. Was den blauen Rechtsextremen im Bayerischen Landtag ganz | |
recht sein dürfte. Denn dann geht es noch rasanter zurück in die „guade | |
oide Zeit“, vielleicht noch weiter als nur in die 50er Jahre, wo die | |
meisten bei Strauß noch nicht oder gerade an einen Vogel gedacht haben. | |
Der Hinweis des Verlegers Manfred Rothenberger [1][zur unzeitgemäßen | |
Kulturpolitik der Staatsregierung] ist darum auch so treffend wie | |
notwendig. Es sind die unabhängigen Verlage, nicht nur, aber gerade auch | |
die in Bayern, die derzeit von eminenter Bedeutung und zugleich bedroht | |
sind. Denn der Literaturbetrieb ist einer immer stärkeren Ökonomisierung | |
unterworfen. | |
Bücher bilden das kulturelle Gedächtnis dieser Gesellschaft mit, sorgen für | |
Identifikation und Empathie mit unterschiedlichen Lebensentwürfen und | |
Lebenswelten. Wenn aber in Büchern eindimensionale Figuren und triviale | |
Handlungen vorherrschen, bringt das keinen Erkenntnisgewinn. Und was die | |
deutsche Gesellschaft gerade in Zeiten von Rechtsruck und sozialer | |
Ungleichheit braucht, sind Geschichten von und über Menschen anderer | |
Klassen und Herkunft, mit denen sie im Alltag keinen Kontakt haben. | |
Gerade für angehende AutorInnen, aber auch manch etablierte | |
SchriftstellerInnen ist es zudem schwierig, Literatur veröffentlichen zu | |
können, wenn die nicht zur Gewinnmaximierung der Buchkonzerne beiträgt. Da | |
auch [2][unabhängige Verlage] überleben müssen, ist eine angemessene, | |
staatliche Förderung und damit auch die Förderung von AutorInnen und deren | |
weltläufiger Literatur unabdingbar. Denn sonst heißt es, frei nach Franz | |
Josef Strauß: „Ich bin der, der ich war, und bleibe der, der ich bin.“ Und | |
wer will das schon. Erinnert es doch sehr an kulturelle Demenz. | |
22 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Leonhard F. Seidl | |
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